Wir wollen eine EU, die friedlich ist, zivil handelt und sich auf der Grundlage von Demokratie und Solidarität entwickelt. Die Entwicklung hin zu einer Militärmacht EU muss endlich gestoppt werden. Deshalb fordern wir ein Ende der Militäreinsätze, den Stopp von Waffenexporten, die Abrüstung in den EU-Staaten, die Auflösung von FRONTEX und die Schließung aller Abschiebegefängnisse.
Themen – kurz und knapp
Die Linke im Europaparlament fordert eine Modernisierung fordert eine Modernisierung der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse.
Erinnern wir uns: die Europäische Nachbarschaftspolitik (ENP) wurde im Zusammenhang mit der letzten großen EU-Erweiterungswelle im Jahr 2004 entwickelt und richtet sich an 16 Staaten, die eine gemeinsame Land- oder Seegrenze mit der Europäischen Union haben. Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Georgien, Moldau und die Ukraine zählen zu der geostrategisch in Konkurrenz und Rivalität zur Russischen Föderation konzipierten östlichen Nachbarschaft. Ägypten, Algerien, Israel, Jordanien, Libanon, Libyen, Marokko, die besetzten palästinensischen Gebiete, Syrien, Tunesien werden in der sogenannten südlichen Partnerschaft zusammengefasst. Im Rahmen der Nachbarschaftspolitik wird diesen EU Nachbarn eine privilegierte Partnerschaft angeboten, die auf einem Bekenntnis der Staaten zu gemeinsamen Werten wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, verantwortungsvoller Staatsführung, nachhaltiger Entwicklung und den Grundsätzen der Marktwirtschaft beruhen soll.
Das Ziel der ENP besteht aus der Sicht der EU darin, Stabilität, Sicherheit und Wohlstand in den an die EU unmittelbar angrenzenden Ländern zu stärken und zugleich neue Trennungslinien zwischen der erweiterten EU und ihren Nachbarn zu vermeiden. Mit der ENP sollte ursprünglich ein Ring sogenannter befreundeter Staaten geschaffen werden, denen man zwar selbst keine eigene Beitrittsperspektive eröffnen will, mit denen man aber eine enge, friedliche und kooperative Beziehung pflegt. Die konkrete Ausgestaltung der Beziehungen basierte konzeptionell auf einer indirekten Ausweitung des europäischen Rechts- und Regelraums auf die betreffenden Staaten unter Verwendung der auch im Innern der EU zum Einsatz kommenden politischen und institutionellen Strategien. Dieser auch als Export des Acquis Communitaire bezeichneter Politikansatz stützt sich auf die Instrumente des politischen Dialogs, einer in Gestalt von Aktionsplänen verabredeten konkreten politischen und wirtschaftlichen Reformagenda sowie einer an präzise Konditionalitäten gebundenen finanziellen Unterstützung ab und er erfährt in Gestalt von Assoziierungsabkommen (AA) oder Partnerschafts- und Kooperationsabkommen (PKA) und sogenannten vertieften Freihandelsabkommen eine vertragsrechtliche Absicherung.
Die Aktionspläne sollten die Bedürfnisse, Interessen und Fähigkeiten der beteiligten Länder hin zu demokratischen und sozial gerechten Gesellschaften widerspiegeln, haben aber rückblickend ihre Wirkung deutlich verfehlt. Gerade gesellschaftlichen Umbrüche im arabischen Raum haben die große Kluft zwischen formalem Anspruch und Realpolitik der EU im Bereich der ENP verdeutlicht. Vor diesem Hintergrund erfolgte 2011 eine gewisse Neuausrichtung der ENP. Zielgruppen der ENP sollten neben den Regierungen auch verstärkt Akteure der Zivilgesellschaft sein und die Reformpläne gezielter auf die Besonderheiten der ENP-Länder ausgerichtet werden. Zur Absicherung der EU-Interessen wurde aber zugleich der Mechanismus der Konditionalisierung deutlich verschärft („Mehr für Mehr“).
Die Europaabgeordneten der LINKEN lehnten damals die geostrategische Ausrichtung der östlichen Partnerschaft gegen die Russische Föderation ab und plädierten für die Entwicklung einer realen Partnerschaft zwischen der EU und der Russischen Föderation. In den Partnerländer der ENP sollten letztlich die Bevölkerungen dieser Länder das Recht haben, über grundlegende außenpolitische Fragen wie z.B. die Ausgestaltung der Beziehungen zur EU entscheiden können. Nicht zuletzt hätte die Europäische Union einen intensiven Beitrag zur friedlichen Beilegung offener bzw. so genannter "eingefrorener" Konflikte in ihrer Nachbarschaft leisten sollen, den weiteren Export von Rüstungsgütern und Kriegswaffen in betreffende Konfliktregionen unterbinden und konkrete Abrüstungsinitiativen und vertrauensbildende Maßnahmen initiieren bzw. unterstützen müssen.
Mit dem Befehl zum völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die russische Regierung eine völlig veränderte Situation geschaffen. Der schwelende Konflikt ist nun scharf. Besonders in den östlichen Mitgliedstaaten der EU ist die Erinnerung an alte Bedrohungsängste wieder wach. Die Solidarisierung mit den Angegriffenen schafft eine Bereitschaft zu neuen Beitrittsszenarios, nachdem es noch bei der Juncker-EU-Kommission hieß: "Keine neuen Mitgliedstaaten!". Neun Staaten der Nachbarschaft haben inzwischen Kandidatenstatus. In Europaparlament und Rat und EU-Kommission wächst der Wille, die ENP von einem Mitgliedschaftsersatz in ein Instrument zur Mitgliedschaftsvorbereitung umzuwandeln.
Aus Sicht der Europaabgeordneten der Linken ist insbesondere für die Ukraine die wichtigste Beitrittsvoraussetzung der Frieden. EU-Kommission und alle, die einen Hebel dafür in den Händen halten, sollten daher alles unternehmen, um die Optionen für einen Frieden zu bereiten. Die Widerherstellung des Friedens und die Suche nach Wegen zur Versöhnung sollte sowohl in der östlichen Nachbarschaft, als auch in der ebenfalls von einem fürchterlichen Krieg getroffenen südlichen Partnerschaft das primäre Interesse der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten sein.
Wenn die ENP in einen Beitrittsprozess münden soll, ist die weitere Voraussetzung dafür der Wille der jeweiligen Bevölkerung von Beitrittsstaaten, als auch die Bereitschaft der EU und ihrer Mitgliedstaaten, sich durch Vertragsveränderungen beitrittsfähig zu machen. Die LINKE fordert die Einberufung eines Verfassungskonvents um diese und andere notwendige Vertragsänderungen zur Errichtung einer sozialen und nachhaltigen Europäischen Union auszuhandeln.
DIE LINKE. im Europäischen Parlament verurteilt Putins Krieg und fordert diplomatisches Engagement für einen Frieden.
Auch DIE LINKE. im Europäischen Parlament hat es in der Vergangenheit versäumt, die Situation in Russland in ihrer Komplexität zu analysieren und daraus Schlussfolgerungen zu ziehen.
Die Außenpolitik eines Staates ist nicht von ihrem inneren Bezugssystem zu trennen. DIE LINKE. im Europäischen Parlament hat seit vielen Jahren den Zustand der Demokratie und die Verletzung grundsätzlicher Menschenrechte und bürgerlichen Freiheiten kritisiert. Die Fixierung auf die Kritik an der EU und der NATO hatte uns jedoch blind gemacht für die Gefahren, die sich aus dem völkischen Nationalismus, dem Anspruch auf eine Weltmachtrolle und der Beteiligung Russlands an Kriegen und Konflikten in unter anderem Georgien, Tschetschenien, Syrien und Mali ergeben.
DIE LINKE. im Europäischen Parlament verurteilt Putins Krieg als das, was er ist: eine Aggression gegen ein Nachbarland und eine eklatante Verletzung des als Lehre aus dem Zweiten Weltkrieg entstandenen Völkerrechts. Wir fordern, dass die Verantwortlichen für diesen Krieg zur Rechenschaft gezogen werden, dass alle Kriegsverbrechen geahndet werden und dass alle zur Verfügung stehenden Instrumente der internationalen Gerichtsbarkeit dafür angewandt werden. Wir fordern die russische Regierung auf, unverzüglich die Eskalation des Krieges zu beenden, das heißt zunächst
- die Kampfhandlungen sofort einzustellen, einem Waffenstillstand zuzustimmen, sich als ersten Schritt auf die Positionen vor dem 24. Februar 2022 zurückzuziehen und an den Verhandlungstisch zurückzukehren;
- die Unabhängigkeit und die Unverletzlichkeit der international anerkannten Grenzen der Ukraine und aller Nachbarländer zu respektieren;
- auf die Androhung und Anwendung von Kernwaffen sowie ihre Stationierung in Drittstaaten zu verzichten;
- Verpflichtungen zum Wiederaufbau der Ukraine zu übernehmen.
DIE LINKE. im Europäischen Parlament findet angesichts des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine Sanktionen sinnvoll, die die Machtbasis von Putin schwächen: die russische Rüstungsindustrie, den militärisch-industriellen Komplex in Russland, die Auslandsvermögen der Millionäre und Milliardäre. Um die Auslandsvermögen angreifen zu können, wäre ein Vermögensregister sinnvoll. Das würde transparent machen, wer welche Vermögen, darunter auch Immobilien, Yachten, etc., in Deutschland und in der EU hat.
Die Zustimmung zu solchen Sanktionen hält uns jedoch nicht davon ab, jene von der EU verhängten Sanktionen, die darauf abzielen, Russland insgesamt finanziell und wirtschaftlich weiter zu schwächen, um es in seinen militärischen und technologischen Möglichkeiten zur Fortführung des Angriffskrieges zu beschränken, wegen ihrer Erfolglosigkeit kritisch zu betrachten. Eine Wirksamkeit dieser Sanktionen ist bisher nicht zu erkennen. DIE LINKE. im Europäischen Parlament bedauert, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten sich einer Diskussion über die Effizienz der Sanktionen vollständig entziehen und einer Bestrafungslogik folgend immer weiter an der Sanktionsspirale drehen.
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine ging mit zunehmender Repression gegen Andersdenkende in Russland einher. Friedliche Antikriegsproteste wurden gewaltsam aufgelöst, und wer sich offen gegen den Krieg aussprach, musste mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen. Es wurden neue Gesetze eingeführt, um Proteste und Aktivitäten von NGOs und zivilgesellschaftlichen Aktivist*innen zu beschneiden. Die Standards für faire Gerichtsverfahren wurden häufig verletzt. Neue Gesetze führten zu einer noch stärkeren Stigmatisierung und Diskriminierung von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LGTBI+). DIE LINKE. im Europäischen Parlament verfolgt diese Entwicklung mit großer Sorge und hat sie in zahlreichen Resolutionen verurteilt. Wir fordern die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, jenen Menschen, die das Russland Putins verlassen wollen, Asyl zu gewähren. Das gilt insbesondere auch für Kriegsdienstverweigerer. Fast 680.000 Russinnen und Russen leben in der EU, davon etwa 238.000 in Deutschland. Sie dürfen nicht pauschal für die Verbrechen des Putinschen Regimes verantwortlich gemacht werden, sondern müssen individuell mit Respekt behandelt werden. Wir kritisieren die sich häufenden Fälle der Diskreditierung der russischen Kultur und Sprache.
DIE LINKE. im Europäischen Parlament befürwortet eine kritische Analyse der Entwicklung der Beziehungen zwischen der EU und Russland während der Jahrzehnte seit dem Zerfall der Sowjetunion. Jedoch nicht, um Russlands Verantwortung für den Krieg in Frage zu stellen oder kleinzureden, sondern als Investition in die Zukunft. Russland bleibt unser Nachbar. Wenn der Krieg eines Tages beendet sein wird, müssen Vertrauen und normale gutnachbarschaftliche Beziehungen wiederaufgebaut werden. Daher ist eine Analyse unter anderem auch der Fehler im Umgang mit Russland unverzichtbar.
DIE LINKE. im Europäischen Parlament bewertet die Aktivitäten zum Aufbau politischer und militärischer europäischer Allianzen gegen Russland als problematisch. Die militärische Konfrontation und die Aufrüstung auf beiden Seiten eskalieren die Gefahr eines großen Krieges, der die Zerstörung unseres Kontinents zur Folge haben würde. Wir sind besorgt angesichts einer politischen und medialen Atmosphäre, die Russland einseitig als ein verbrecherisches und feindliches Land behandelt und jegliche Option für eine positive Entwicklung der Beziehungen zwischen Russland und den anderen Staaten Europas infrage stellt.
Aus unserer Sicht sind Diplomatie und Dialog unverzichtbare Instrumente in den Beziehungen zwischen Staaten und Gesellschaften. Auch wenn es in den Beziehungen wenig Übereinstimmungen gibt, ist es wichtig, einander zuzuhören, kritische Positionen deutlich zu machen und gegenseitiges Verständnis zu entwickeln. Seit 2014, dem Jahr der Annexion der Krim durch Russland, hat das Europäische Parlament jegliche Beziehungen mit dem russischen Parlament unterbrochen. Dies hat zum gegenseitigen Misstrauen, zu Fehleinschätzungen und zur Konfrontation beigetragen. Daher setzen wir uns für die Wiederaufnahme des Dialogs auf parlamentarischer Ebene, sowie des Dialogs zwischen den Zivilgesellschaften ein, sobald dies wieder möglich ist.
Der Krieg Russlands, eines Mitglieds des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, gegen die Ukraine hat die Erosion des nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen Systems der internationalen Beziehungen dramatisch beschleunigt. DIE LINKE. im Europäischen Parlament kritisiert, dass die Reaktion der EU auf die in vielen Regionen der Welt stattfindende Diskussion über die Entwicklung eines neuen Systems darauf ausgerichtet ist, die Dominanz des „kollektiven Westens“ abzusichern. Wir lehnen die Bildung neuer Machtblöcke und Definition von Einflusssphären ab. Wir sind überzeugt, dass Frieden, Stabilität und Entwicklung im 21. Jahrhundert nur erreichbar sind, wenn Europa mit anderen Akteure wie China, Brasilien, Indien, Indonesien, Nigeria und Südafrika und anderen Regionalinstitutionen wie der Afrikanischen Union zusammenarbeitet, um Kriege und Konflikte zu beenden. Gemeinsam könnten wir auch erfolgreich auf eine Beendigung des Krieges gegen die Ukraine drängen. Wir befürworten für die Zukunft eine stärkere Rolle einer reformierten UNO.
-> siehe auch: Verhältnis Russische Föderation - Ukraine, Krim: siehe Ukraine.
A-Z Russische FöderationPDF-Datei
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