Handelspolitik

Wir wollen fairen Handel um weltweit Lohn-, Sozial- und Umweltdumping zu verhindern und hohe Qualitätsstandards für Konsumgüter und Dienstleistungen zu gewährleisten. Unternehmen müssen für Verstöße gegen diese Standards zur Rechenschaft gezogen werden.

Themen – kurz und knapp

Ein Drittel der Mittel der EU werden für Landwirtschaft zur Verfügung gestellt. Die Landwirtschaft wurde in der EU und durch die EU liberalisiert. Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ist nicht genutzt worden, um den überfälligen sozialökologischen Umbau auch in der Landwirtschaft und den ländlichen Räumen im erforderlichen Maß voranzubringen.

Die Linke im EP erkennt die Ursache der dramatischen Situation der Landwirte in einer Politik, die Lebensmittelkonzerne und Großinvestoren bevorzugt.

Sie sichert vor allem die Profite der Agrarkonzerne. Große Teile der Landwirtschaft sind für den Verlust der Artenvielfalt mitverantwortlich. Die EU-Kommission muss ihre Orientierung an Wettbewerb und Export aufgeben. Stattdessen sollen regionale Erzeugung, Verarbeitung und Wertschöpfung, die umweltfreundlich, gesünder und sozial sind, gefördert werden. Voraussetzung für lebendige ländliche Räume ist die Ausgestaltung lokaler Ernährungsstrategien und regionaler Kreislaufwirtschaft in Kooperation aller Akteur*innen.

Wir wollen, dass Handelskonzerne Lebensmittel nicht unter Produktionswert einkaufen dürfen. Es müssen rechtliche Voraussetzungen für faire Verhandlungen zwischen Landwirt*innen und Lebensmitteleinzelhandel über allgemeine Bedingungen, Lieferbedingungen und Preise geschaffen werden.

Die EU-Subventionen bevorzugen Großbetriebe. Statt Flächenprämien wollen wir mit zielgerichteten Subventionen nach ökologischen Kriterien die Landwirtschaft zukunftssicher machen - damit sie langfristig nicht mehr von Subventionen abhängig ist. Die Linke im EP fordert, dass die EU-Agrarförderung, insbesondere die sogenannten Flächenprämien, künftig nach sozialen, ökologischen und gemeinwohlorientierten Kriterien eingesetzt wird und für einen nachhaltigen Umbau von Landwirtschaft und Ernährung.

Die Linke im EP setzt sich für das Konzept „Gute Arbeit“ auch in der Landwirtschaft ein mit flächendeckenden gesetzlichen Mindestlöhnen. Sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze müssen auch für mitarbeitende Familienangehörige und Saisonarbeitskräfte Normalität sein. Die Förderung von jungen Landwirt*innen wollen wir ausweiten. Die pauschale Förderung von Junglandwirt*innen der GAP wollen wir in der gesamten EU durch eine nicht flächengebundene Förderung ersetzen.

Um das an sich reißen von Land, auch Land Grabbing genannt, von Großkonzernen zu verhindern, braucht es mehr Transparenz am Bodenmarkt. Dafür wollen wir Grundbücher öffentlich machen. Böden dürfen nicht zu Spekulationsobjekten gemacht werden. Wir wollen Land Grabbing – auch durch intransparente Share Deals – verbieten und die Ernährungssouveränität sichern. Die Linke im EP fordert ein EU-Bodengesetz, das eine sozial gerechte Verteilung landwirtschaftlicher Nutzflächen und die Bodenfruchtbarkeit sicherstellt. Staatliche Pachtverträge müssen nach sozialen und ökologischen Kriterien vergeben werden. Wir wollen eine Pachtpreis- und Kaufpreisbremse einführen, die den Zugang zu Land für Akteure ohne oder mit wenig Geld, gemeinwohlorientierte Bodenträger und landwirtschaftliche Existenzgründer*innen erleichtert.

Die Bauernproteste in Deutschland sind das direkte Ergebnis einer Agrarpolitik, die die Lebensrealitäten kleiner und mittlerer Landwirtschaftsbetriebe ignoriert und stattdessen den Interessen großer Agrarkonzerne und Lebensmittelproduzenten Vorrang gibt. Die Bäuerinnen und Bauern haben gute Gründe für ihren Aufstand. 30 Jahre verfehlte Agrarpolitik haben die Landwirtschaft so zerstört, dass sie jetzt ohne Subventionen nicht mehr überleben kann. Sie ist durch Preisdumping der Handelsketten und steigende Pachtpreise aufgrund von Bodenspekulation gebeutelt.

Bei den Kürzungen in Deutschland fehlte es an Dialogbereitschaft des verantwortlichen Finanzministers von der FDP und der gesamten Regierung. Die von den Kürzungen betroffenen Landwirte wurden bei der Erarbeitung der Agrarpolitik außer Acht gelassen. Eine lebenswerte Zukunft auf dem Land kann nur in Zusammenarbeit mit den dort Lebenden und Arbeitenden gestaltet werden. Die für die Landwirtschaft getroffenen politischen Entscheidungen zerstören nicht nur die ökonomische Basis vieler bäuerlicher Betriebe, sondern gefährden auch die ökologische und soziale Nachhaltigkeit der Landwirtschaft in Deutschland.

Wir wollen die Distanz zwischen Erzeuger*innen und Verbraucher*innen reduzieren: Wo verbraucht wird, soll auch bevorzugt hergestellt werden. Dadurch werden Lieferketten kürzer und ökologischer. Das sichert lokale Arbeitsplätze und stärkt die Regionen abseits der Metropolen. Dabei gilt: Produktion so lokal wie möglich, so global wie nötig! Um das zu unterstützen, setzen wir uns im Europaparlament für eine EU-weite transparente und verlässliche Herkunfts-, Nachhaltigkeits- und Regionalkennzeichnung ein (Sustainable Food System Law).

Die Linke im EP setzt sich für mehr Bienen, mehr Käfer, für eine insektenfreundliche Landwirtschaft. Wir wollen den Einsatz von chemischen Schädlingsbekämpfungsmitteln und chemischen Unkrautvernichtungsmitteln drastisch reduzieren. Eine Aufteilung in Schutz- und Schmutzgebiete lehnen wir ab. Pflanzenschutzmittel und vielgliedrige Fruchtfolgen müssen verringert werden. Wir setzen uns für das Grundprinzip des integrierten Pflanzenschutzes ein: Vorrang für biologische, züchterische sowie anbau- und kulturtechnische Maßnahmen vor chemischen Mitteln.

Die Linke im EP stellt sich konsequent gegen eine Verlängerung der Zulassung für Glyphosat, das von der WHO als wahrscheinlich krebserregend eingestuft wurde. Damit soll unsere Landbevölkerung nicht in Kontakt kommen müssen. Wir fordern ein Produktions- und Exportverbot von hochgefährlichen Wirkstoffen für Pflanzenschutzmittel. Die Monopole und Oligopole bei Saatgut, Agrochemie und Düngemittelindustrie, in der Lebensmittelherstellung und im Lebensmittelhandel müssen zerschlagen werden. Die Entwicklung sicherer Pflanzenschutzmethoden soll durch EU-Mittel gefördert werden.

Die Linke im EP hört den Bauernprotesten zu und unterstützt die Forderungen nach fairen Preisen und guten Arbeitsbedingungen, die es den Landwirten ermöglichen, nachhaltig zu wirtschaften. Bäuerinnen und Bauern und ihre Angestellten müssen für ihre Leistungen im Bereich Umwelt-, Klima- und Tierschutz angemessen entlohnt werden. Agrarpolitik darf nicht zu Lasten kleiner und mittelständischer Betriebe gehen, sondern muss diese gezielt fördern.

Wir setzen uns für die Ausweitung der Prämien in der Landwirtschaft für das Anpflanzen von Hülsenfrüchten ein, für die Förderung des Verzehrs und für die Aufwertung von Böden. Das ist Teil einer Eiweiß-/Proteinstrategie und eines nachhaltigen Ackerbaukonzepts. Wir wollen Futtermittelimporte abbauen. Mit Nahrungsmitteln darf nicht spekuliert werden. Der Import von Biokraftstoffen aus Nahrungsmitteln wie Mais und Getreide in die EU (und nach Deutschland) sollte verboten werden. Solange auf der Erde Menschen hungern, gehört Nahrung nicht in den Tank. Auch die Spekulation mit Nahrungsmitteln, die wenige Reiche reicher macht, muss verboten werden, damit die Menschen in Europa und weltweit nicht wegen hoher Lebensmittelpreise hungern müssen.

Wir wollen ein umfassendes Förder- und Weiterbildungsprogramm für Landwirt*innen entwickeln, das finanzielle Unterstützung leistet und Wissen für die sozialökologische Agrarwende schafft.

Agrarpolitik Bauern Bauernproteste Böden EU Landgrabbing Lohnpolitik Özlem Demirel Regionalförderung

Am 23. Juni 2016 haben die Briten bei einem Referendum mit 51,9 Prozent der Stimmen für den Brexit - den Austritt aus der Europäischen Union - gestimmt. Nach mehr als 40 Jahren Mitgliedschaft und komplizierten Verhandlungen haben die Briten am 31. Januar 2020 als erstes Land die Europäische Union verlassen. Die Konsequenzen des Brexit sind jedoch noch immer spürbar: nicht nur in der EU, sondern vor allem in Großbritannien.

Wirtschaftliche Auswirkungen

Ökonomen spekulierten darüber, dass der Brexit sich negativ auf die Wirtschaften des Vereinigten Königreichs und zumindest auf einen Teil der EU27-Länder auswirken würde. Insbesondere herrschte unter Ökonomen breiter Konsens darüber, dass der Brexit voraussichtlich das reale Pro-Kopf-Einkommen des Vereinigten Königreichs mittel- und langfristig reduzieren würde und dass bereits das Brexit-Referendum selbst die Wirtschaft schädigen würde. Studien ergaben, dass die durch den Brexit verursachte Unsicherheit das britische BIP, das nationale Einkommen, die Unternehmensinvestitionen, die Beschäftigung und den internationalen Handel des Vereinigten Königreichs ab Juni 2016 verringerte.

Eine Analyse aus dem Jahr 2019 ergab, dass britische Unternehmen nach dem Brexit-Referendum erheblich verstärkt Offshoring in die EU betrieben, während europäische Unternehmen neue Investitionen im Vereinigten Königreich reduzierten. Die eigene Brexit-Analyse der britischen Regierung, die im Januar 2018 durchgesickert war, zeigte, dass das britische Wirtschaftswachstum in den 15 Jahren nach dem Brexit um 2–8 % gedrosselt würde, je nach dem gewählten Austrittsszenario. Ökonomen warnten davor, dass die Zukunft Londons als internationales Finanzzentrum von Passabkommen mit der EU abhängig sei. Befürworter und Politiker des Brexit haben argumentiert, Handels- und Migrationsabkommen mit den “CANZUK”-Ländern (Kanada, Australien, Neuseeland und Vereinigtes Königreich) auszuhandeln, aber Ökonomen haben erklärt, dass Handelsabkommen mit diesen Ländern für das Vereinigte Königreich bei weitem weniger wertvoll wären als die EU-Mitgliedschaft. Weiter prognostizierten Studien, dass der Brexit die regionale wirtschaftliche Ungleichheit im Vereinigten Königreich verschärfen würde, da er strukturschwache Regionen am stärksten treffen würde.

Regionale Auswirkungen

Der Brexit hat besonders schwerwiegende Auswirkungen auf die Lage in Nordirland. Die Gefahr einer harten Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland, die das Karfreitagsabkommen von 1998 gefährden könnte, musste unbedingt vermieden werden. Daher wurde im Herbst 2019 das sogenannte Irland/Nordirland-Protokoll zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich vereinbart. Dieses Protokoll stellt sicher, dass es keine Zollkontrollen zwischen Nordirland und dem Rest der Insel gibt. Stattdessen wurde eine de facto Zollgrenze in der Irischen See für Waren aus Großbritannien eingerichtet, was bei Unionisten für Unruhe gesorgt hat.

Im Jahr 2022 hat die Europäische Kommission rechtliche Schritte gegen das Vereinigte Königreich eingeleitet, da es das Protokoll nicht eingehalten hat und sowohl Boris Johnson als auch Liz Truss damit gedroht haben, die Vereinbarung aufzukündigen. Verhandlungen über Änderungen sind seit Oktober im Gange, nicht zuletzt aufgrund einer Reihe problematischer Gesetzesvorlagen, die die britische Regierung unter Rishi Sunak in den letzten Monaten verabschiedet hat.

Die Retained EU Law Bill beispielsweise sieht vor, dass etwa 3.000 bis 4.000 Gesetze, die über ein halbes Jahrhundert der Mitgliedschaft Großbritanniens in der EU verabschiedet wurden, nun von Ministern und nicht vom Parlament umgeschrieben werden müssen, was effektiv die Rolle des Parlaments bei der Überprüfung und Verabschiedung von Gesetzen an die Exekutive übergeben und wichtige Arbeitnehmerrechte wie Urlaubsanspruch, sichere Arbeitszeiten und Schutz vor Diskriminierung gefährden würde.

Zusätzlich dazu kritisiert Die Linke im EP unter anderem im Rahmen der gemeinsamen Parlamentarischen Versammlung von Europaparlament und Vereinigtem Königreich eine Vielzahl von Gesetzen, die gegen Arbeitnehmer und Migranten gerichtet sind. Die Illegal Migration Bill etwa sieht vor, neue Befugnisse zur Inhaftierung im Zusammenhang mit irregulärer Migration mit nur begrenzter gerichtlicher Aufsicht einzuführen, bestimmte rechtliche Herausforderungen und Menschenrechtsargumente zur Verhinderung von Abschiebungen zu beschränken, keine Bestimmungen für unbegleitete Kinder, schwangere Frauen und Opfer von Sklaverei oder Menschenhandel zu treffen, die Liste sicherer Drittstaaten zu erweitern und eine jährliche Obergrenze für die Anzahl der Personen festzulegen, die auf “sicheren und legalen” Wegen in das Vereinigte Königreich einreisen können.

Zivilgesellschaftliche Organisationen und die Vereinten Nationen haben das Vereinigte Königreich nachdrücklich aufgefordert, dringende Maßnahmen zu ergreifen, um die Umsetzung des Illegal Migration Bill zu stoppen und das nationale Recht in Einklang mit den internationalen Menschenrechtsstandards zum Schutz und zur Aufrechterhaltung der Rechte von Migranten zu bringen, sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention. Sie warnten insbesondere davor, dass die Umsetzung des neuen Gesetzes de facto das Asylrecht im Vereinigten Königreich verbieten würde, indem der Innenminister angewiesen wird, jeden, der illegal ins Vereinigte Königreich einreist, zu inhaftieren und abzuschieben, bevor ihre Fälle geprüft werden können. Dies untergräbt und gefährdet das Recht auf Asyl und das Verbot von Refoulement, das Recht auf Freiheit und Sicherheit, das Verbot der Kollektivausweisung von Ausländern, sowie die Rechte und das Wohl des Kindes.

Auch die „Strikes Bill” wird von den Europaabgeordneten der Linken stark kritisiert.  Diese wurde im Juli 2023 im Rahmen der beispiellosen Agenda der konservativen Regierung zur Einschränkung von Arbeiterrechten verabschiedet und beinhaltet, dass Streikende gezwungen werden können, zur Aufrechterhaltung sogenannter “Mindestversorgungsniveaus” in Schlüsselindustrien wieder zur Arbeit zu gehen. In diesem Zusammenhang fordert Die Linke im EP, dass jegliche Handelsabkommen, die die EU mit dem Vereinigten Königreich ausverhandelt, den Schutz des Vereinigungsrechts und des Streikrechts sicherstellen sollten.

Abschließend stimmte das House of Commons 6. September gegen eine Reihe von Änderungsvorschlägen des House of Lords zur „Legacy and Reconciliation Bill”. Diese Gesetzgebung wird in ihrer derzeitigen Form die Möglichkeit für Familien einschränken, die während des Konflikts in Nordirland Angehörige verloren haben, Wahrheit, Gerechtigkeit und Rechenschaft einzufordern. Trotz des Widerstands einer breiten Palette von Interessengruppen, einschließlich Menschenrechtsexperten, Kirchen, den Vereinten Nationen, dem Europarat und der irischen Regierung, ist die britische Regierung entschlossen, das Gesetz zu verabschieden. Dies ist umso erstaunlicher, als dass sogar der Gemeinsame Ausschuss für Menschenrechte des britischen Parlaments festgestellt hat, dass das Gesetz das Vereinigte Königreich in Gefahr bringt, die Europäische Menschenrechtskonvention nicht einzuhalten, insbesondere Artikel 6 (Recht auf Zugang zu einem Gericht) und Artikel 13 (Recht auf wirksame Abhilfe). Darüber hinaus ignoriert die Regierung ihre Verpflichtungen gemäß Artikel 2 (Rechte der Einzelpersonen) des Austrittsabkommens (Protokoll über Irland/Nordirland).

Die Linke im EP steht bereit, um die Rechte der Arbeiterinnen und Arbeiter, der Migrantinnen und Migranten und der nordirischen Bevölkerung gegen den beispiellosen Angriff der britischen Konservativen Regierung zu verteidigen.

Die Linke tritt im Europaparlament entschieden für ein soziales, demokratisches, ökologisches und friedliches Europa ein, das sich auf die Bedürfnisse seiner Bürgerinnen und Bürger konzentriert und nicht auf die Interessen von Großkonzernen und Finanzinstitutionen. Wir sind überzeugt, dass eine radikale Neugestaltung der EU notwendig ist, um eine gerechtere und nachhaltigere Zukunft für alle Europäerinnen und Europäer zu gewährleisten.

Außenpolitik Brexit Demokratie EU-Verträge Helmut Scholz Vereinigtes Königreich Zukunft der EU

CBAM ergänzt das Emissionshandelssystem der EU. Die Linke im Europaparlament steht dem System des Emissionshandels (ETS) in der EU kritisch gegenüber. ETS war bislang wenig wirksam. Ausgerechnet die am meisten CO2 ausstoßende energieintensive Industrie erhält noch weitere Jahre kostenlose Ausstoßmengen, während Privathaushalte künftig durch die Einbeziehung von Wärme und Verkehr in das ETS stark belastet werden. Es fehlt die benötigte öffentliche finanzielle Unterstützung, damit wir durch Nutzung von Alternativen die Klimaziele erreichen können.

Mit Energieversorgung aus öffentlicher Hand werden bezahlbare und sozial gestaffelte Preise möglich. Wir kämpfen für eine Versorgung mit Strom und Wärme, nicht in der Hand von Konzernen, sondern von Bürger*innen, von Kommunen und Genossenschaften. Wir wollen ihre Erzeugung und Verteilung so dezentral wie möglich und so zentral wie nötig organisieren. Der Energiebinnenmarkt der EU leitet Strom und Gas durch ganz Europa und vermarktet sie über Börsen. Wir wollen dagegen Strom aus dem Stadtwerk, den kommunalen Solar- oder Windkraftanlagen.

Auch viele mittelständische Unternehmen kritisieren den Emissionshandel und die daraus entstehenden höheren Produktionskosten am Wirtschaftsstandort Europa. Sie befürchten eine Abwanderung von Produktion in Länder mit geringeren Energiekosten. Die EU-Kommission antwortet auf diese Sorgen mit CBAM. Statt die Energiekosten in der EU durch eine Neuorganisation des Strommarktes zu senken, gezielte Förderung von Alternativen anzubieten und Reinvestition der Übergewinne von Stromkonzernen in ein verbessertes Stromnetz für die Dezentralisierung der Produktion einzuleiten, versucht die EU-Kommission mit der Einführung einer Grenzabgabe eine Angleichung nach oben von Preisen für bestimmte Produkte auf dem EU-Markt. Sollte es auf diesem Weg tatsächlich gelingen, Produktionsstandorte in aller Welt anzuregen, ihren CO2 Ausstoß zu verringern, fände Die Linke das natürlich gut. Solange Emissionshandelssysteme in der EU und anderen Staaten wie zum Beispiel China zur Anwendung kommen, macht CBAM etwas strukturell Falsches besser.

Als Teil des Green Deals ist der CO2-Grenzausgleichsmechanismus (engl. kurz CBAM) ein Instrument zur Bekämpfung der Klimakrise und zielt auf die Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens ab. Der Grundgedanke ist, dass zur Herstellung von Produkten eine bestimmte Menge CO2 aufgewendet wird. Mit CBAM hat die EU eine Möglichkeit entwickelt, ihre Ziele zur klimafreundlichen Produktion auch außerhalb der eigenen Grenzen anzuwenden, indem auf CO2 intensive Güter, die aus dem Ausland importiert werden, eine CO2-Abgabe gezahlt werden muss, die den Preis für die gleichen Güter zwischen EU und nicht-EU Produzenten angleicht.  Damit wird einerseits die Benachteiligung von Produzenten innerhalb der EU verhindert - diese müssen sich an striktere Umweltstandards halten - und andererseits wird Nicht-EU-Ländern ein stärkerer Anreiz geboten, ihre Produktion umweltfreundlicher zu gestalten. Auch soll dadurch das Abwandern CO2-intensiver Industrie in Drittländer verhindert werden (Stichwort Verlagerung von CO₂-Emissionen oder engl. carbon leakage), weil es durch CBAM keine finanziellen Anreize gibt.

CBAM basiert auf dem EU-Emissionshandelssystem, in dem europäische Firmen CO2-Zertifikate für ihre Produktion erwerben müssen. Um ein im Ausland produziertes Gut zu importieren muss nach der Anwendung von CBAM ebenfalls ein Zertifikat erworben werden - so als wäre es innerhalb der EU produziert worden. Sollte bereits eine CO2-Abgabe in dem exportierenden Land gezahlt worden sein, muss nur noch die Differenz zu dem EU-Zertifikat beglichen werden. Für Länder mit gleichen Standards entfallen alle zusätzlichen Kosten.

Zu Beginn umfasst CBAM nur Aluminium, Düngemittel, Eisen, Elektrizität, Stahl und Zement. Hierbei handelt es sich um Güter, bei deren Produktion besonders viel CO2 ausgestoßen wird. Prinzipiell sollen bis 2030 alle dem EU Emissionshandel unterliegenden Produkte auch unter CBAM fallen.

Leider wurde das Instrument während der Verhandlungen zwischen Rat und Europaparlament durch den Rat abgeschwächt. Indirekte Emissionen werden erst ab 2030 miteinbezogen, auch wenn noch unklar ist wie genau. Es gibt keine verbindliche Unterstützung für am wenigsten entwickelte Ländern. Generell ist eine Ergänzung des EU-Emissionshandelssystem durch einen Grenzausgleichsmechanismus zu befürworten, aber die konkrete Ausgestaltung hat Chancen verpasst. So wird potentiell grüner Protektionismus den am wenigsten entwickelten Ländern nicht helfen. Anstatt das eingenommene Geld zur Unterstützung grünerer Produktionswege in diesen auszugeben, macht die EU nichts dergleichen, sondern hofft auf eigene Vorteile am Markt.

CBAM Entwicklungspolitik EU-Kommission Handelspolitik Helmut Scholz Klimaschutz Wirtschaft

Kanada, mit einer Bevölkerung von knapp 35 Millionen, ist heute der 10-wichtigste Exportpartner der EU. Das Handelsvolumen in beiden Richtungen beträgt mehr als 77,1 Milliarden Euro in Waren und 30,1 Milliarden Euro in Dienstleistungen.

Im Auftrag des EU-Rates, d.h. Mitgliedstaaten der EU verhandelte die EU-Kommission über mehrere Jahre ein umfassendes Freihandelsabkommen mit Kanada. Abgekürzt wird das Abkommen CETA. Obwohl auf die Verhandlungen der Schatten der in der Öffentlichkeit sehr negativ aufgenommenen TTIP-Verhandlungen zwischen EU und USA fiel, gelang 2016 der Abschluss der Verhandlungen. Die Europaabgeordneten der Linken waren gegen den Abschluss dieses Freihandelsabkommens.

Das Abkommen geht weit über reinen Warenaustausch hinaus und enthält explizit Kapitel über Dienstleistungen und deren Erbringung, die Anerkennung von Berufsqualifikationen, das öffentliche Beschaffungswesen, zu Ursprungsregeln, Qualitätsanforderungen, Patentschutz, Niederlassungsbestimmungen, Finanzdienstleistungen, Investitionsschutz, Agrarprodukte-Handel, und zur Nachhaltigkeit der Handelsbeziehungen, d.h. zu Sozial- und Umweltschutzbestimmungen. Viele US-amerikanische Unternehmen verfügen über Niederlassungen in Kanada und beide Ökonomien sind über das nordamerikanische Freihandelsabkommen NAFTA (Freihandelszone zwischen Kanada, USA, Mexiko) eng verwoben. CETA wird deshalb als Hintertür für den Zugang zum EU Markt genutzt.

Zu den umstrittensten Inhalten gehört eine Vereinbarung über die Aufnahme eines Investor-gegen-Staat Klagerechts (ISDS) im entsprechenden Investitionsschutz-Kapitel. Während diese Bestimmung in den Verhandlungen über ein Abkommen mit den USA (TTIP) in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert wurden, entging es der medialen Aufmerksamkeit weitgehend, dass mit dem CETA erstmals ein solcher Mechanismus in ein von der EU geschlossenes Abkommen aufgenommen werden sollte. Das Kanada-Abkommen wurde von Fachleuten in vielen Aspekten als Blaupause und Testballon für das Abkommen mit den USA, aber auch anderen ähnlichen Verträgen gesehen. Dabei argumentiert die Kommission lange, dass Mitgliedsländer der EU dieses Verfahren in entsprechenden bilateralen Verträgen bzw. im Energiecharta-Vertrag (ECT) bereits verankert hätten. Inzwischen gibt die EU-Kommission der Kritik der Linken von damals Recht. Auf ihre Empfehlung haben Rat und Europaparlament jüngst den Austritt aus dem ECT beschlossen, da mit den Fesseln des ISDS-Systems die Green Deal Politik der EU nicht umzusetzen wäre.

Auch in Kanada wurde das Abkommen breit und kontrovers diskutiert. Strittig waren insbesondere die Bereiche Investitionsschutz und Verlängerung des Patentschutzes für Medikamente, wodurch die Gesundheitskosten in Kanada anstiegen. Das CETA-Abkommen band zudem erstmalig die kanadischen Provinzen, die sonst weitgehend autonom auch über ihr Öffentliches Beschaffungswesen entscheiden können, explizit mit ein.

2017 trat das CETA-Abkommen vorläufig in Kraft. Vorläufig deshalb, weil das Abkommen zu einem Meilenstein der Klarstellung der Kompetenzen von EU und Mitgliedstaaten in der Handels- und Investitionspolitik wurde. Der Europäische Gerichtshof stellte exemplarisch fest, dass über fast alle Aspekte solcher Freihandelsabkommen allein auf europäischer Ebene entschieden werden kann. Die Ratifizierung erfolgt dann durch den Europäischen Rat und durch das Europaparlament. Die Parlamente der Mitgliedstaaten haben kein weiteres Mitspracherecht. Ausgenommen sind von dieser Kompetenz jedoch bestimmte Paragraphen des Handelsabkommens, in denen es um Investitionen, Investitionsschutz und Haftungsfragen geht. Für diese bedarf es der Zustimmung in den Mitgliedstaaten nach ihren jeweiligen Regeln. In 10 der 27 EU-Mitgliedstaaten waren parlamentarische Kammern bis heute nicht bereit, diese Aspekte des Abkommens zu ratifizieren. Im März 2024 lehnte der französische Senat die Ratifizierung von CETA mit 211 zu 44 Stimmen ab. Die Nationalversammlung hatte CETA zwar 2019 mit knapper Mehrheit zugestimmt, muss nun jedoch erneut abstimmen und die Mehrheitsverhältnisse haben sich seither verändert. Im Bundestag hingegen stimmten Grüne, SPD und FDP im Januar 2023 mit der Mehrheit und gegen die Stimmen der Linken für die Ratifizierung von CETA.

Die Abgeordneten der Delegation DIE LINKE. im Europaparlament haben den Text des Abkommens geprüft und lehnten und lehnen CETA ab. Die Aufnahme eines Klagerechts für Investoren gegen Regierungen vor Sondertribunalen (ISDS) ist völlig inakzeptabel. Die Bewertung des Abkommens erfolgte in enger Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Organisationen in Europa und Kanada. Deren Hauptsorge betraf den Verlust der Versorgungssicherheit der kanadischen und europäischen Bevölkerung in Folge der Liberalisierung der öffentlichen Beschaffung durch das Abkommen. Das Patentschutzkapitel verdrängte in der Praxis bereits Generika vom Markt und trieb die Kosten des kanadischen Gesundheitssystems in die Höhe. Die Handelsbilanz zwischen Kanada und EU verschob sich durch das Abkommen deutlich zulasten Kanadas und bescherte der EU einen Überschuss von 17,7 Milliarden Euro Ende 2022. In Preisen gerechnet hat sich der Handel seit 2016 um über 60 Prozent erhöht, freut sich die EU Kommission. Hauptgrund sind jedoch Inflation und Wertverlust des Euro. Das gehandelte Warenvolumen erhöhte sich lediglich um 9 Prozent. Aus der EU werden nach Kanada nun 75 % mehr pharmazeutische Produkte, 50 % mehr Agrarprodukte und 42 % mehr Maschinen exportiert. Aus Kanada importiert die EU verstärkt Öl (darunter das besonders umweltbelastend gewonnene Öl aus Teersanden), Fisch, Aluminium, Maschinen und Gummi.

 

CETA Freihandel Handel Wirtschaft

Unternehmen wie Google, Facebook und Amazon kontrollieren den digitalen Markt nach Belieben und haben in den letzten Jahren unglaubliche Profite erwirtschaftet. Amazon konnte seinen Jahresgewinn zwischen 2019 und 2021 verdreifachen. In den letzten zehn Jahren haben die Unternehmen eine beherrschende Stellung auf dem digitalen Markt erlangt. Durch die digitalen Monopole entstanden massive Nachteile für Konkurrenten, aber auch ein enormer Einfluss auf Demokratie, Wirtschaft und Gesellschaft. Beispielsweise sind Verbraucher:innen in ihren Wahlmöglichkeiten im Internet eingeschränkt, da die Monopole als so genannte „Gatekeeper“ zwischen Nutzer:innen und Unternehmen gelten. Um das Ungleichgewicht auf dem digitalen Markt zu beseitigen, wurde das Gesetz über digitale Märkte (englisch: Digital Markets Act, kurz: DMA) auf den Weg gebracht.

Um die Lock-In-Effekte, also die de facto nicht vorhandene Möglichkeit, einen Online-Dienst zu wechseln, von Facebook, WhatsApp und Co. zu beenden, hat Die Linke im EP in den DMA Verhandlungen Interoperabilität von Messenger-Diensten durchgesetzt. Das bedeutet, dass wir keine fünf Messenger Apps mehr auf dem Handy brauchen, um mit unseren Freunden in Kontakt zu bleiben. Mit Interoperabilität werden Nachrichten wie Emails verschickt oder wie Telefonanrufe von einem Netz ins Andere. Eine Nachricht von WhatsApp zu Signal ist dann leicht verschickt. Wir können entscheiden, bei welchem App-Provider wir uns anmelden, unsere Daten anvertrauen und weiterhin mit allen Bekannten auf anderen Apps kommunizieren. Gleichzeitig wird Apps wie WhatsApp die Monopolstellung strittig gemacht.

Unternehmen erstellen weiterhin durch das Sammeln unserer persönlichen Daten maßgeschneiderte Werbung und versuchen so unsere Aufmerksamkeit möglichst lang an die Internetseite zu binden. Denn jede Sekunde, die wir länger auf der Seite verweilen, steigert ihren Profit. Die Linke im EP hat sich für ein komplettes Verbot von Tracking und personalisierter Werbung eingesetzt, um die skrupellosen Geschäftspraktiken der digitalen Konzerne zu beenden.

Im Gesetz für digitale Dienste (Englisch: Digital Services Act, kurz: DSA) konnte Die Linke im EP ein Verbot von personalisierte Werbung für Minderjährige und besseren Schutz von unser persönlichen Daten durchsetzen. Das Sammeln von hochsensiblen Daten, wie Gesundheitsdaten oder sexuelle und politische Orientierung, für Werbezwecke ist zukünftig untersagt. Das Gesetz über digitale Dienste soll neue Regeln schaffen, so dass alles, was illegal offline ist, auch illegal online ist. Hierbei bei wird anhand eines sogenannten „Notice and Action“-Verfahrens gewährleistet, dass User:innen Inhalte posten können, illegale Thematiken jedoch nach Erkennung gelöscht werden. Somit haben private Internetplattformen nicht mehr die Entscheidungsgewalt darüber, was (nicht) im Netz gesagt werden darf. Denn dies ist im DSA einheitlich gesetzlich festgelegt. Die Linke im EP im Europäischen Parlament hat sich gegen den Einsatz automatisierter Filtern eingesetzt. zum Erkennen und Entfernen möglicher illegaler Inhalte ist weiterhin die falsche Antwort. Filter zum Entfernen von möglicher illegaler Inhalte löschen mehr als sie sollen und ihnen ist eine große Fehleranfälligkeit nachgewiesen. Sie sind blind für den Kontext und gefährden so die Meinungsfreiheit im Netz.

DIE LINKE Digital Service Act Digitaler Binnenmarkt Digitalisierung DMA Martin Schirdewan

Für Die Linke im Europaparlament gehörte die Arbeit am Europäischen Gesetz zur Einführung einer Sorgfaltspflicht für Unternehmen entlang ihrer gesamten Lieferkette zu den wichtigsten Aufgaben in der Legislaturperiode 2019 - 2024. Lieferketten sind der zentrale Aspekt der globalisierten Wirtschaft. Hier müssen die Veränderungen ansetzen, um soziale und ökologische Gerechtigkeit weltweit sicherzustellen und insbesondere die Achtung der Menschenrechte und menschenwürdige Arbeitsbedingungen zu gewährleisten.

Ein bedeutsamer Meilenstein für gerechtere, globale Wirtschaftsbedingungen war in diesem Zusammenhang die Zustimmung des EU-Parlaments zur Richtlinie über Sorgfaltspflichten von Unternehmen für Nachhaltigkeit im Juni 2023, trotz des Widerstands von CDU/CSU. Ziel dieser Richtlinie ist es, nachhaltiges und verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln zu fördern und Menschenrechts- und Umweltaspekte in der Geschäftstätigkeit und der Unternehmensführung von Unternehmen zu verankern, sowie sicherzustellen, dass Unternehmen die negativen Auswirkungen ihres Handelns, auch in ihren Wertschöpfungsketten innerhalb und außerhalb Europas, effektiv angehen.

Das EU-Parlament hat hierbei in Übereinstimmung mit den Forderungen der Konferenz zur Zukunft Europas einen mutigen Schritt unternommen und ist weit über die Bestimmungen des deutschen Lieferkettengesetzes hinausgegangen. Die Linke ermutigt nun die Mitgliedsstaaten und insbesondere die deutsche Ampel-Regierung nachdrücklich, sich klar und entschieden für eine wirksame Lieferketten-Richtlinie einzusetzen.

In Verhandlungen mit dem Rat wurde im Dezember 2023 zunächst ein tragbarer Kompromiss erzielt. Der deutsche Finanzminister der FDP, Christian Lindner, brach jedoch das Wort seiner Regierung und verweigerte dem Kompromiss im Rat die Zustimmung. Erst als das Gesetz nur noch für die größten Konzerne in Europa direkt gelten sollte und die besonderen Verpflichtungen für Sektoren wie den Bergbau, in denen das Risiko für Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung besonders groß ist, herausgestrichen worden waren, konnte das Gesetz erst mehrheitlich im Rat und dann im April 2024 auch mit den Stimmen der Linken im Europaparlament angenommen werden.

Die Linke im EP hält es für eine grundlegende Veränderung, wenn nun ab 2027 schrittweise die Verantwortung für Rechtsverletzungen von den Managementebenen der Konzerne übernommen werden muss. Entschädigungsklagen und Prinzipien des Opferschutzes sind wichtige neue Elemente der Gesetzgebung, mit denen wir die Hoffnung verbinden, dass sich Konzerne nicht länger aus der Verantwortung stehlen können. Wir sind der Überzeugung, dass die aktuellen Lieferkettenstrukturen zahlreiche Probleme verursachen und unmittelbare Maßnahmen erfordern, um eine nachhaltigere und faire Weltwirtschaft zu schaffen.

Zu oft werden Arbeiterinnen und Arbeiter in Staaten des Globalen Südens in prekären Bedingungen ausgebeutet, um unsere Konsumgüter herzustellen, und allzu häufig verlieren wir die Situation dieser Beschäftigten aus dem Blick, wenn wir Produkte erstehen, deren günstiger Preis zum Staunen bringt. Die eigentlichen Probleme liegen jedoch nicht primär in den sorglosen Entscheidungen der Konsument*innen, sondern vielmehr in den Handlungen von Unternehmen. Viele dieser Unternehmen lassen ihre Produkte beispielsweise in Asien herstellen, um Umwelt- und Sozial-Standards zu unterlaufen und exorbitant hohe Gewinnmargen aus ihren globalen Investitionsplänen zu erzielen. Dies führt nicht selten zu verheerenden Katastrophen, wie den Einsturz der Rana-Plaza-Textilfabrik in Bangladesch, bei dem 2013 mehr als 1000 Menschen ums Leben kamen. Leider ist diese Katastrophe nur eine von vielen Verfehlungen in einem ungerechten System der internationalen Arbeitsteilung.

Die Linke im Europaparlament fordert daher nachdrücklich die Einführung verbindlicher internationaler Standards und einer geschlechtergerechten und wirksamen Gesetzgebung, um sicherzustellen, dass alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fair entlohnt werden und unter sicheren Bedingungen arbeiten können.

Darüber hinaus fordert die Linke eine weitere Verschärfung der Richtlinie, um einen besseren Opferschutz zu erreichen und der Rechtsprechung einen größeren Einblick in interne Unternehmensprozesse zu ermöglichen.  In diesem Zusammenhang feiert Die Linke auch den Erfolg, dass gemeinsam mit der Zivilgesellschaft und anderen progressiven Kräften im Europaparlament nun ein gesetzliches Handelsverbot für Produkte aus Zwangsarbeit auf dem EU-Binnenmarkt beschlossen werden konnte.

Die Linke setzt sich auf globaler Handlungsebene weiter für einen erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen über einen verbindlichen UN-Vertrag über Wirtschaft und Menschenrechte ein.

due diligence Globalisierung Handelspolitik Helmut Scholz Lieferkettengesetz Rohstoffe Welthandel

Die Position der Europäischen Linken zu den Rechten am geistigen Eigentum (Intellectual Property Rights, IPR) ist klar und dringlich. Wir fordern eine kritische Überprüfung der bestehenden IPR-Gesetzgebung und -praktiken sowie eine umfassende Reform in diesem Bereich, etwa in Bezug auf die Gesetzgebung der Welthandelsorganisation (WTO). Die Auswirkungen der IPR-Gesetzgebung auf die Gesellschaft, die Wirtschaft, die soziale Gerechtigkeit und die öffentliche Gesundheit sind erheblich, sowohl in Deutschland als auch weltweit.

Nirgendwo sind die gravierenden Nachteile des aktuellen IPR-Rahmens deutlicher zu erkennen als im Kontext des Zugangs zu Medikamenten und Impfstoffen.

In vielen europäischen Ländern bleibt der Zugang zu lebensrettenden Medikamenten, insbesondere zur Behandlung seltener Krankheiten, aufgrund exorbitanter Kosten ein unüberwindbares Hindernis. Dies zwingt viele Eltern zu einer zermürbenden Entscheidung: Entweder stehen sie vor dem finanziellen Ruin oder sie müssen das Leben ihres Kindes aufs Spiel setzen. Dies geschieht, weil Pharmaunternehmen sich allzu oft weigern, lebensnotwendige Medikamente zu einem erschwinglichen Preis anzubieten.

Patente können tödlich sein. Unter dem Schutz von IPR stellen die pharmazeutische Industrie und Arzneimittelunternehmen ihre Gewinnmaximierung über das Leben von tausenden Menschen, die an Krankheiten wie zystischer Fibrose, Hepatitis C und Brustkrebs leiden. Diese Praxis ist inakzeptabel, insbesondere angesichts der Tatsache, dass einige dieser Unternehmen Milliarden Euro an Gewinnen aus öffentlichen Quellen - unseren Steuergeldern - generieren. Gleichzeitig beobachten wir in Europa einen Anstieg von Armut und sozialer Ungerechtigkeit, wodurch immer mehr Menschen ihre dringend benötigte Gesundheitsversorgung nicht mehr erhalten können.

In dieser kritischen Situation fordert die Linke nachdrücklich eine tiefgreifende Umgestaltung des Systems, um wieder Menschen anstelle von Aktionären in den Mittelpunkt zu rücken. Dies umfasst unter anderem die Nutzung von Zwangslizenzierung, um generische Versionen patentierter Medikamente zu sichern, sowie die Anknüpfung von klaren öffentlichen Interessenbedingungen an jegliche öffentliche Finanzierung von Forschung und Entwicklung, um sicherzustellen, dass jede Organisation, die Steuergelder erhält, Zugang und Erschwinglichkeit von Medikamenten gewährleisten muss. Auf unsere Initiative hin hat sich das Europaparlament für die Freigabe von Impfpatenten ausgesprochen.

Darüber hinaus setzen wir uns dafür ein, europäische Rahmenbedingungen für die Entwicklung neuer, öffentlich geführter Hersteller von generischen Arzneimitteln zu schaffen, um kostengünstige Medikamente für alle Europäer und Europäerinnen bereitzustellen, was nicht nur Geld für unsere Gesundheitsdienste einsparen, sondern auch Leben retten wird. Sämtliche erzielten Gewinne sollen in das bestehende Netzwerk öffentlich finanzierter Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen reinvestiert werden, um sowohl die Kosten für teurere Medikamente auszugleichen als auch die Finanzierung nicht medikamentenbasierter öffentlicher Gesundheitsinterventionen zur Verbesserung der Gesundheitsergebnisse zu ermöglichen.

Die Auswirkungen von IPR sind jedoch nicht nur auf europäischer Ebene spürbar, sondern besonders gravierend im Globalen Süden.

So hat nicht zuletzt die COVID-19-Pandemie gezeigt, wie die bestehenden IPR-Gesetze den Zugang zu lebenswichtigen medizinischen Produkten für viele Entwicklungsländer einschränken können. Während die meisten Staaten eine vorübergehende Aussetzung von Patenten im Rahmen des Abkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum (TRIPS-Abkommen) forderten, um den Zugang zu Impfstoffen auf den Globalen Süden auszuweiten, blockierte die Europäische Union (EU) eine solche Maßnahme, trotz der Position des Europäischen Parlaments.

Die Folgen dieser Entscheidung waren verheerend. Fast 80 % der COVID-19-Impfdosen gingen an Länder mit hohem und oberem mittlerem Einkommen, während nur 4,4 % der Bevölkerung in Afrika geimpft wurden, wobei mehr als die Hälfte der afrikanischen Länder weniger als 2 % ihrer Bevölkerung impften. Diese ungleiche Verteilung von Impfstoffen führte zu vermeidbaren Krankheits- und Todesfällen und unterstrich die Verwundbarkeit der Gesundheitssysteme und Wirtschaften von Entwicklungsländern - ebenso wie das Nicht-Nachkommen der Verantwortung großer Pharmakonzerne, Gesundheit und Leben der Menschen zu schützen - was durch bestehende IPR-Gesetzgebung erst ermöglicht wird.

Die Europäische Linke fordert daher eine Reform der IPR-Gesetzgebung, die es Entwicklungsländern ermöglicht, ihre medizinische und wirtschaftliche Autonomie zu stärken. Erneut gilt es, klar zu fordern, dass die Gewinne der pharmazeutischen Industrie nicht über das Recht auf Gesundheit zu stellen sind: weder in Europa, noch anderswo. Die Forschung und Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen, die oft mit öffentlichen Geldern finanziert werden, darf nicht dazu führen, dass private Unternehmen die Kontrolle über den Zugang zu lebensrettenden Produkten haben, und diesen Menschen und Ländern verwehren können, die sich die oft exorbitanten Preise nicht leisten können. Patente, die einem einzigen Unternehmen die Monopolkontrolle über lebenswichtige pharmazeutische Produkte geben, müssen überdacht werden.

Fazit: Die Gesundheit aller Menschen ist ein Grundrecht, das nicht den Interessen von Konzernen und einem grenzenlosen IPR geopfert werden darf.

Geistiges Eigentum Gesundheitspolitik Handelspolitik Helmut Scholz Impfstoff Patentfreigabe

Helmut Scholz, handelspolitischer Sprecher von DIE LINKE im Europaparlament, über den aktuellen Stand der Verhandlungen zu internationalen Handelsverträgen der EU:

Im Auftrag der Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union verhandelt die Europäische Kommission derzeit mit vielen Ländern und Regionen über den Abschluss von umfassenden Freihandelsabkommen. Eine Reihe von Verträgen ist bereits geschlossen. Verhandelt wird aktuell unter anderem mit Thailand, Indonesien und den Philippinen. Weitere Ratsbeschlüsse zum Beginn von Verhandlungen mit Kirgistan und einer Modernisierung des Abkommens der EU mit der Türkei sind vorbereitet. Ein WTO-Abkommen zu e-commerce ist in einer späten Phase, doch das planetare Superwahljahr 2024 lässt viele Verhandlungsdelegationen erst das Wahlergebnis in ihren Heimatstaaten abwarten. Folgende Verhandlungen sind am weitesten fortgeschritten:

EU - USA: ein "Abkommen zu kritischen Mineralien" soll nach Abschluss vor allem europäischen Autobauern und anderen Herstellern den Zugang zu den US-amerikanischen Fördertöpfen aus dem Inflation Reduction Act (IRA) ermöglichen. Dieses massive staatliche Investitionsprogramm in Klimaschutztechnologien, darunter auch elektrisch angebtriebene Autos, kommt Firmen mit Sitz und Produktion in den USA zugute, aber auch Firmen aus Ländern, mit denen die USA ein Handelsabkommen haben. Es ist unklar, ob vor den Präsidentschaftswahlen in den USA im November 2024 ein Ergebnis erzielt werden kann und auch, ob ein Wahlsieger Trump den Vertrag nicht gleich wieder zerreißen würde.

EU - Mexiko: Seit 2016 versucht die EU-Kommission, eine so genannte Modernisierung des bestehenden Freihandelsabkommens mit Mexiko auszuhandeln. Nach seinem Wahlsieg weigerte sich der linke Präsident Mexikos Lopez Obrador jedoch, das bis dahin unterbreitete Angebot der EU zu unterzeichnen. Die linken Europaabgeordneten loben ihn dafür, denn das Abkommen würde Mexiko kaum Gutes bringen. Geschaffen würden mehr Schutz für europäische Investoren vor bspw. neuen Klimaschutzgesetzen oder Sozialschutzbestimmungen in Mexiko durch ein Klagerecht vor einem neuen Investorenschutzgerichtshof. Europäische Stromkonzerne wie Iberdrola könnten das Land weiter mit Wucherpreisen ausnehmen, über die sich der Präsident bereits persönlich in Madrid beschwert hat. Der Konzern Veola lässt sich seine Rechte an Trinkwasser versilbern und will das absichern. Danone will durch ein Abkommen abgesichert weiter Wasser zur Abfüllung in den Flaschen aus den Reserven in den Regenwaldgebieten und gegen den Willen und Widerstand der indigenen Bevölkerung entnehmen. Die in einem Nachhaltigkeitskapitel vorgeschlagenen Bestimmungen fallen wei hinter vergleichbare Kapitel in den Abkommen der EU mit Chile oder Neuseeland zurück. So gibt es keine Paragraphen zur Förderung von Frauen und auch nicht zur Partizipation der indigenen Bevölkerung an der Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen. Lokale Bäuerinnen und Bauern mit ihren kleinen Produktionen sorgen sich um den wachsenden Druck durch die europäische Konferenz. Die Milchwirtschaft in Mexiko war bereits nach dem Abschluss der ersten Freihandelsabkommens mit der EU und dem mit den USA zum Erliegen gekommen. Das Abkommen würde die Pivatisierung des Energiesektors und anderer Versorgungssektoren festschreiben, welche die linke Regierung lieber wieder in die Verantwortung der öffentlichen Hand zurückführen würde. Die EU-Kommission setzt nun auf die Präsidentschaftswahlen in Mexiko im Juni 2024. Eine Frau wird die nächste Präsidentin sein, sollte es nicht doch noch eine überraschende Wendung geben. Aus welchem Lager sie kommt, müssen die 97,6 Millionen Wahlberechtigten entscheiden: Claudia Sheinbaum für den progessiven Kurs, oder Xóchitl Gálvez für ein Zweckbündnis der wirtschaftsnahen Opposition. Gewinnt Sheinbaum, würde der Text des neuen Handelsabkommens mit ihrem Regierungsprogramm nicht vereinbar sein, da sie Privatisierungen rückgängig machen will.

EU - Mercosur: Seit Jahrzehnten verhandelt die EU-Kommission mit den Staaten des Mercosur Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Die Linke und große Teile der europäischen Bevölkerung lehnen dieses Abkommen ab, weil es als Brandbeschleuniger für die Regenwälder im Amazonasgebiet wirkt. Zudem ist nachhaltige Agrarwirtschaft in Europa durch Importe von Fleisch und Soja aus den gerodeten Gebieten gefährdet. Auch kommt besonders in Brasilien in erschreckendem Ausmaß Gift in der Landwirtschaft zum Einsatz, um fast konkurrenzlos billige Massenproduktion zu ermöglichen. Der faschistische Ex-Präsident Brasililiens Bolsonare förderte beide Tendenzen und machte sich als Vertragspartner der EU unmöglich. Die neue Regierung unter dem linken Präsidenten Lula verzeichnet bereits gute Erfolge im Kampf für den Schutz des Regenwaldes und gegen Pestizide. Dafür ist in Argentinien nun ein skrupelloser Marktradikaler ins Präsidentenamt gewählt worden. Vor den Europawahlen wird es mit Sicherheit keine Bereitschaft in Paris, Wien oder Dublin oder im Europaparlament geben, ein Abkommen EU - Mercosur zu unterzeichnen. Es wird wochtig sein, auch nach den Wahlen ausreichend kritische Stimmen der Linken im Europaparlament zu haben, um das gefährliche Abkommen zu verhindern oder völlig neu ausgerichtet mit neuem Mandat zu verhandeln.

EU - Australien: Auch diese Verhandlungen scheitern bislang an den Themen Schutz der Landwirtschaft in Europa vor zu großen Fleischeinfuhren aus Australien und dem Widerwillen Australiens, sich auf die EU-Ziele beim Klimaschutz einzulassen. Australien ist einer der größten Exporteure von Kohle in der Welt. Die Besitzer der Minen sind in der australischen Politik sehr einflussreich. Mit der aktuellen sozialdemokratischen Labour-Regierung ist ein Kompromiss denkbar, sofern die europäische Seite bei der Landwirtschaft symbolkräftig nachgibt. Die Linke würde lieber auf eine gezielte Kooperation mit Australien bspw. in der Produktion von grünem Wasserstoff setzen, als auf ein herrkömmliches Freihandelsabkommen, das den eigentlichen Aufgabenstellungen unserer Zeit nicht gerecht wird.

Leider wird Erfolg von Handelspolitik bislang am Wachstum des Bruttosozialproduktes in Europa, am Ausbau der Exportwirtschaft und an der Steigerung der Profite großer Unternehmen gemessen.

Doch Profitgier ist ein schlechter Ratgeber. Wenige werden sehr reich, während über 800 Millionen Menschen hungern. Über zwei Milliarden Menschen leiden an Mangelernährung. Das Klima auf der Erde verschlechtert sich dramatisch schnell. Immer mehr Tiere und Pflanzen sind vom Aussterben bedroht. Wir müssen jetzt handeln! Alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen haben dafür gemeinsam 17 Ziele vereinbart, die bis zum Jahr 2030 erreicht werden sollen, um unser Überleben auf dem Planeten nachhaltig zu sichern.

Wir fordern, dass der Beitrag zum Erreichen der UNO-Nachhaltigkeitsziele der neue Maßstab für den Erfolg von Politik wird. Die Ziele wurden nicht nur für Entwicklungsländer formuliert, sondern auch für Europa beschlossen. Die bisherige europäische Handelspolitik beschleunigt eine Entwicklung der Wirtschaft in eine Richtung, die durch ihren Rohstoffverbrauch für den Planeten untragbar ist und soziale Ungleichheit wachsen lässt. Wir wollen einen konsequenten Kurswechsel. Die alte Freihandelslogik muss durch moderne Kooperationsabkommen mit wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Dimensionen ersetzt werden. Die Umsetzung der Agenda 2030 für Nachhaltigkeit soll die Profitgier als übergeordnetes Ziel ablösen.

Eine interaktive Karte zu den EU-Handelsverträgen finden Sie hier

Karte FairHandelnPDF-Datei

EU-Kommission Freihandel Handelspolitik Internationaler Handel Türkei Wirtschaft

Europäische und nordamerikanische Staaten haben in mehr als 2.000 Fällen Druck auf die Regierungen hauptsächlich von Entwicklungsländern ausgeübt, um sie zur Unterzeichnung von Abkommen zum Schutz von Investoreninteressen zu zwingen. Diese Verträge verpflichten zur Anerkennung von Sondergerichten für Investorenklagen, kurz ISDS (Investor-to-State-Dispute-Settlement). Mit dem Beitritt zur Energiecharta verpflichtete sich auch die Europäische Union zur Anerkennung des darin enthaltenen ISDS-Klagemechanismus.

Diese Praxis hat es Anwaltskanzleien ermöglicht, Schadenersatz einzuklagen, wenn die erwarteten Profite von Investoren durch neue Regulierungen, etwa strengere Umweltgesetze, geschmälert wurden. Dies hat zu einer milliardenschweren Klageindustrie im Zeitalter der Globalisierung geführt, die oft fortschrittliche Gesetze allein durch die Androhung von Klagen behindert.

Die Europäische Union hat separate Investorenschutzabkommen mit Kanada (im Rahmen von CETA) und mit Singapur abgeschlossen, und auch das Transatlantische Handels- und Investitionsabkommen (TTIP) zwischen der EU und den USA, dessen Verhandlungen vorläufig ausgesetzt wurden, sollte ursprünglich ISDS beinhalten. Die beiden erstgenannten Abkommen wurden bereits im Rat und dem Europaparlament ratifiziert, die Ratifizierung in den Mitgliedsstaaten läuft noch. Aufgrund des erheblichen öffentlichen Widerstands gegen ISDS in Europa wurde in den beiden neueren Abkommen eine überarbeitete Form von Sondergerichten vereinbart, das sogenannte ICS (Investment Court System/Investitionsgerichtshof). Während dieses neue System unabhängige Richter und eine höhere Transparenz in Schiedsverfahren bieten soll, wurde die Logik beibehalten, dass ausländische Investoren bei enttäuschter Profiterwartung vor einem Sondertribunal auf Schadensersatz klagen können.

Nun arbeitet die EU-Kommission an der Schaffung des Multilateralen Investitionsgerichtshofs (MIC), einer neuen Institution, die durch einheitliche Regeln die Unparteilichkeit der Schiedsrichter und die Qualität der Schiedsverfahren verbessern soll.

Die Abgeordneten der Linken im Europaparlament lehnen ISDS geschlossen ab. Sie haben bei allen damit verbundenen Abkommen und Begleitgesetzen gegen ISDS gestimmt. Sie setzen sich dafür ein, dass ausländische Investoren kein Sonderklagerecht erhalten und dass Gleichheit vor dem Gesetz gewährleistet bleibt, und argumentieren, dass der normale Rechtsweg durch ordentliche Gerichte auch Investoren zu genügen hat. Alle nationalen Gesetzessysteme regeln Entschädigungsansprüche. Im Konfliktfall zwischen Konzern und öffentlichem Interesse ist immer eine Abwägung der Rechtsgüter notwendig. Für diese Aufgabe sind unsere Richter*innen ausgebildet. Die Investment-Anwälte in den Sondertribunalen können das nicht.

Darüber hinaus lehnen die Europaabgeordneten der Linken auch ICS ab, da es sich um das alte ISDS-Prinzip unter einem neuen Namen handelt. Auch der Multilaterale Investitionsgerichtshof (MIC) würde in der von der EU-Kommission vorgeschlagenen Form nur dasselbe Prinzip fortführen.

Handelspolitik Helmut Scholz ISDS

Die Linke im Europaparlament ist überzeugt, dass die öffentliche Meinung in der Europäischen Union das Mercosur-Freihandelsabkommen mehrheitlich ablehnt. Demokraten und Demokratinnen sollten das endlich anerkennen.

Der Hauptgrund ist die gnadenlose Abholzung des Regenwaldes in Brasilien. Bolsonaro und die skrupellosen Profiteure hinter ihm begingen vor unseren Augen ein Verbrechen am für den Klimaschutz so wichtigen Amazonasregenwald. Dort lebende Menschen wurden gezielt vertrieben oder getötet. Wer dagegen in Brasilien protestiert, lebt gefährlich. Bolsonaro war definitiv kein vertrauenswürdiger Vertragspartner. Er würde jedes Umweltschutzversprechen unterschreiben, um es schon am ersten Tag nach Inkrafttreten eines Vertrages wieder zu brechen. Mit diesem Mann konnte und kann es kein Handelsabkommen geben. Es war enorm wichtig, dass der linke Präsident Lula die Wahlen 2022 gegen den Faschisten Bolsonaro gewonnen hat, doch war es knapp. Lula hat trotz schwieriger Mehrheitsverhältnisse in den Lagern in Regierung und Parlament inzwischen erfolgreiche Programme zur Rettung des Regenwaldes und zum Schutz der indigenen Bevölkerung auf den Weg gebracht. Doch schon 2026 sind wieder Präsidentschaftswahlen in dem politisch tief gespaltenen Land und Bolsonaro ist gerade erst nach Brasilien zurückgekehrt, um zumindest als Königsmacher agieren zu können.  In Argentinien ist mit Javier Milei bereits ein marktradikaler Führer einer ultrarechten Parteienkoalition zum Präsidenten gewählt worden und zerlegt dort den Sozialstaat. Er hat das Umweltministerium abgeschafft, ein Staatssekretär kümmert sich um die weitere Abwicklung der Aufgaben. Er leugnet den Klimawandel und lehnt jegliche Umweltagenda ab. Stattdessen soll der Lithiumabbau ausgebaut werden, was durch die in Argentinien eingesetzte Verdunstungsmethode zu enormen Verlusten in den Wasserreserven der ganzen Region führt. Die Nachfrage aus Europa und China wird immer größer.

Dennoch halten EU-Kommission und die Ampel-Regierung in Berlin am Ziel fest, das bereits ausgehandelte Abkommen EU-Mercosur zum Abschluss zu bringen. Die Aussicht auf gesteigerte Exporte in die EU und die erhöhte Nachfrage aus China wirkten als Brandbeschleuniger für die Waldbrände im Amazonasgebiet. Für Soja und Viehzucht werden immer riesigere Flächen gerodet. Auch die Savannenlandschaften werden erschlossen und die dort lebenden Kleinbauern vertrieben oder in moderner Sklaverei für lediglich ein Dach über dem Kopf als Landarbeiter eingesetzt. Wir dürfen uns in der EU nicht durch ein Abkommen zu Mittätern machen. Wir müssen vielmehr dazu übergehen, das Geschäftsmodell zu ändern und den Import von Gütern aus den gerodeten Regionen dauerhaft unterbinden. Notwendig ist obendrein das dringliche Verbot einer Ausfuhr von in der EU verbotenen Pestiziden nach Brasilien, bei deren Ausbringung dort Arbeitskräfte und Natur vergiftet werden, um die Produktion für Europa zu steigern.

Statt blinder Marktöffnung brauchen wir vor allem ein Kooperationsabkommen mit den Anrainerstaaten des Amazonaswaldes zum Schutz des Regenwaldes und der dort lebenden Bevölkerung. Daran müssen wir uns mit viel Geld aktiv beteiligen. Das wäre eine sinnvolle Investition in die Zukunft unseres Planeten.

So würden Kommission, Rat und Parlament ein Zeichen setzen, dass die Versprechen in der neuen Handelsstrategie von Transformation zu ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit und zur Verpflichtung auf die UN-Nachhaltigkeitsziele ehrlich gemeint sind.

Handelspolitik Klimaschutz MERCOSUR Regenwald

In Organisation OACPS formierte sich eine Gruppe von 79 Ländern in Afrika, der Karibik und im Pazifik. Sie eint die Erfahrung, von heutigen Mitgliedstaaten der EU als Kolonien ausgebeutet worden zu sein. 

Das Samoa-Abkommen zwischen EU und OACPS beinhaltet Vereinbarungen im Bereich der Handels- und Entwicklungspolitik und soll durch eine enge Zusammenarbeit mit direkter Unterstützung die politische und wirtschaftliche Lage der OACP-Staaten verbessern. Seine Vorgängerabkommen (Lomé- und Cotounou-Abkommen) waren aus der Zielstellung der Kolonialmächte entstanden, auch der Unabhängigkeit insbesondere der afrikanischen Staaten in den 60er Jahren die Lieferketen von Rohstoffen für die europäische Industrie weiter abzusichern. Ökonomischen Interessen in Europa setzten die kolonialen Dominanzverhältnisse der Vergangenheit fort, die die soziale und wirtschaftliche Entwicklung dieser Regionen verhindern.

Gegenüber dieser Zeit ist das Samoa-Abkommen ein Fortschritt. Sein Text betont Nachhaltigkeit und Stärkung der Resilienz, aber auch Menschenrechte, Demokratie, gute Regierungsführung, Frieden und Sicherheit und sozialen Fortschritt. Das Abkommen enthält auch Zielstellungen zum Ausbau der Handelsbeziehungen. Wie sich das in der Praxis auswirkt, wird vom nächsten Europaparlament zu begleiten sein. Der Linke Europaabgeordnete Helmut Scholz war Berichterstatter für die Anforderungen des Parlaments an die zukünftigen Handels- und Investitionsbeziehungen der EU mit Afrika und hat hier klare Maßstäbe festgezurrt. Handel und Investitionen sollen künftig vor allem die Verbesserung der Situation in den Partnerländern der EU zum Ziel haben. Das beinhaltet Ernährungssouveränität, den Aufbau nachhaltiger Industrieproduktion, die Verbesserung der Infrastrukutur für den intraregionalen Handel.

Denn bislang setzte die EU hauptsächlich auf die so genannten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (englisch kurz: EPAs). Diese Abkommen sind neoliberale Freihandelsabkommen, die vor allem vorteilhaft für die EU sind. Deren Ziel es ist, Exportzölle schrittweise abzubauen. So minimiert die EU vor allem die Kosten in Europa ansässiger Konzerne für Rohstoffe aus den AKP-Staaten, insbesondere aus Afrika, während den AKP- Staaten das wertvolle Potential ihrer Rohstoffe verwehrt bleibt. Es gibt nur wenig Technologien zur weiteren Verarbeitung von Rohstoffen, deshalb ist die Wirtschaft afrikanischer Länder vor allem vom Rohstoffexport geprägt und geradezu abhängig.

Ein weiteres Entwicklungshindernis sind die hohen EU-Subventionen vor allem für die die Landwirtschaft. Die weitaus günstiger produzierten Produkte aus Europa machen den afrikanischen Produzenten auch innerhalb Afrikas Konkurrenz. Produkte, die in Europa keine Abnehmer finden (wie Hühnerflügel, Tomaten) werden in den AKP-Staaten zu Niedrigstpreisen verkauft. Das macht die heimischen Märkte und Bauern gezielt kaputt.

Das Samoa-Abkommen soll nun dazu beitragen, die selbstbestimmte soziale und wirtschaftliche Entwicklung in den AKP-Staaten, die Bekämpfung von Armut und Hunger, die Herstellung von Ernährungssouveränität sowie den Schutz der natürlichen Ressourcen in den Mittelpunkt der Zusammenarbeit zu stellen.

Afrika Handel

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