Eine unserer Kernforderungen für ein soziales EUropa: Unbefristete und armutsfeste Arbeit für alle. Arbeit, von der man eigenständig und ohne Transferleistungen leben kann, bei der die Beschäftigten mitreden und mitgestalten können, mit nachhaltigem Arbeits- und Gesundheitsschutz, mit sozialer Sicherheit und ohne Diskriminierung.
Themen – kurz und knapp
Ein Drittel der Mittel der EU werden für Landwirtschaft zur Verfügung gestellt. Die Landwirtschaft wurde in der EU und durch die EU liberalisiert. Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ist nicht genutzt worden, um den überfälligen sozialökologischen Umbau auch in der Landwirtschaft und den ländlichen Räumen im erforderlichen Maß voranzubringen.
Die Linke im EP erkennt die Ursache der dramatischen Situation der Landwirte in einer Politik, die Lebensmittelkonzerne und Großinvestoren bevorzugt.
Sie sichert vor allem die Profite der Agrarkonzerne. Große Teile der Landwirtschaft sind für den Verlust der Artenvielfalt mitverantwortlich. Die EU-Kommission muss ihre Orientierung an Wettbewerb und Export aufgeben. Stattdessen sollen regionale Erzeugung, Verarbeitung und Wertschöpfung, die umweltfreundlich, gesünder und sozial sind, gefördert werden. Voraussetzung für lebendige ländliche Räume ist die Ausgestaltung lokaler Ernährungsstrategien und regionaler Kreislaufwirtschaft in Kooperation aller Akteur*innen.
Wir wollen, dass Handelskonzerne Lebensmittel nicht unter Produktionswert einkaufen dürfen. Es müssen rechtliche Voraussetzungen für faire Verhandlungen zwischen Landwirt*innen und Lebensmitteleinzelhandel über allgemeine Bedingungen, Lieferbedingungen und Preise geschaffen werden.
Die EU-Subventionen bevorzugen Großbetriebe. Statt Flächenprämien wollen wir mit zielgerichteten Subventionen nach ökologischen Kriterien die Landwirtschaft zukunftssicher machen - damit sie langfristig nicht mehr von Subventionen abhängig ist. Die Linke im EP fordert, dass die EU-Agrarförderung, insbesondere die sogenannten Flächenprämien, künftig nach sozialen, ökologischen und gemeinwohlorientierten Kriterien eingesetzt wird und für einen nachhaltigen Umbau von Landwirtschaft und Ernährung.
Die Linke im EP setzt sich für das Konzept „Gute Arbeit“ auch in der Landwirtschaft ein mit flächendeckenden gesetzlichen Mindestlöhnen. Sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze müssen auch für mitarbeitende Familienangehörige und Saisonarbeitskräfte Normalität sein. Die Förderung von jungen Landwirt*innen wollen wir ausweiten. Die pauschale Förderung von Junglandwirt*innen der GAP wollen wir in der gesamten EU durch eine nicht flächengebundene Förderung ersetzen.
Um das an sich reißen von Land, auch Land Grabbing genannt, von Großkonzernen zu verhindern, braucht es mehr Transparenz am Bodenmarkt. Dafür wollen wir Grundbücher öffentlich machen. Böden dürfen nicht zu Spekulationsobjekten gemacht werden. Wir wollen Land Grabbing – auch durch intransparente Share Deals – verbieten und die Ernährungssouveränität sichern. Die Linke im EP fordert ein EU-Bodengesetz, das eine sozial gerechte Verteilung landwirtschaftlicher Nutzflächen und die Bodenfruchtbarkeit sicherstellt. Staatliche Pachtverträge müssen nach sozialen und ökologischen Kriterien vergeben werden. Wir wollen eine Pachtpreis- und Kaufpreisbremse einführen, die den Zugang zu Land für Akteure ohne oder mit wenig Geld, gemeinwohlorientierte Bodenträger und landwirtschaftliche Existenzgründer*innen erleichtert.
Die Bauernproteste in Deutschland sind das direkte Ergebnis einer Agrarpolitik, die die Lebensrealitäten kleiner und mittlerer Landwirtschaftsbetriebe ignoriert und stattdessen den Interessen großer Agrarkonzerne und Lebensmittelproduzenten Vorrang gibt. Die Bäuerinnen und Bauern haben gute Gründe für ihren Aufstand. 30 Jahre verfehlte Agrarpolitik haben die Landwirtschaft so zerstört, dass sie jetzt ohne Subventionen nicht mehr überleben kann. Sie ist durch Preisdumping der Handelsketten und steigende Pachtpreise aufgrund von Bodenspekulation gebeutelt.
Bei den Kürzungen in Deutschland fehlte es an Dialogbereitschaft des verantwortlichen Finanzministers von der FDP und der gesamten Regierung. Die von den Kürzungen betroffenen Landwirte wurden bei der Erarbeitung der Agrarpolitik außer Acht gelassen. Eine lebenswerte Zukunft auf dem Land kann nur in Zusammenarbeit mit den dort Lebenden und Arbeitenden gestaltet werden. Die für die Landwirtschaft getroffenen politischen Entscheidungen zerstören nicht nur die ökonomische Basis vieler bäuerlicher Betriebe, sondern gefährden auch die ökologische und soziale Nachhaltigkeit der Landwirtschaft in Deutschland.
Wir wollen die Distanz zwischen Erzeuger*innen und Verbraucher*innen reduzieren: Wo verbraucht wird, soll auch bevorzugt hergestellt werden. Dadurch werden Lieferketten kürzer und ökologischer. Das sichert lokale Arbeitsplätze und stärkt die Regionen abseits der Metropolen. Dabei gilt: Produktion so lokal wie möglich, so global wie nötig! Um das zu unterstützen, setzen wir uns im Europaparlament für eine EU-weite transparente und verlässliche Herkunfts-, Nachhaltigkeits- und Regionalkennzeichnung ein (Sustainable Food System Law).
Die Linke im EP setzt sich für mehr Bienen, mehr Käfer, für eine insektenfreundliche Landwirtschaft. Wir wollen den Einsatz von chemischen Schädlingsbekämpfungsmitteln und chemischen Unkrautvernichtungsmitteln drastisch reduzieren. Eine Aufteilung in Schutz- und Schmutzgebiete lehnen wir ab. Pflanzenschutzmittel und vielgliedrige Fruchtfolgen müssen verringert werden. Wir setzen uns für das Grundprinzip des integrierten Pflanzenschutzes ein: Vorrang für biologische, züchterische sowie anbau- und kulturtechnische Maßnahmen vor chemischen Mitteln.
Die Linke im EP stellt sich konsequent gegen eine Verlängerung der Zulassung für Glyphosat, das von der WHO als wahrscheinlich krebserregend eingestuft wurde. Damit soll unsere Landbevölkerung nicht in Kontakt kommen müssen. Wir fordern ein Produktions- und Exportverbot von hochgefährlichen Wirkstoffen für Pflanzenschutzmittel. Die Monopole und Oligopole bei Saatgut, Agrochemie und Düngemittelindustrie, in der Lebensmittelherstellung und im Lebensmittelhandel müssen zerschlagen werden. Die Entwicklung sicherer Pflanzenschutzmethoden soll durch EU-Mittel gefördert werden.
Die Linke im EP hört den Bauernprotesten zu und unterstützt die Forderungen nach fairen Preisen und guten Arbeitsbedingungen, die es den Landwirten ermöglichen, nachhaltig zu wirtschaften. Bäuerinnen und Bauern und ihre Angestellten müssen für ihre Leistungen im Bereich Umwelt-, Klima- und Tierschutz angemessen entlohnt werden. Agrarpolitik darf nicht zu Lasten kleiner und mittelständischer Betriebe gehen, sondern muss diese gezielt fördern.
Wir setzen uns für die Ausweitung der Prämien in der Landwirtschaft für das Anpflanzen von Hülsenfrüchten ein, für die Förderung des Verzehrs und für die Aufwertung von Böden. Das ist Teil einer Eiweiß-/Proteinstrategie und eines nachhaltigen Ackerbaukonzepts. Wir wollen Futtermittelimporte abbauen. Mit Nahrungsmitteln darf nicht spekuliert werden. Der Import von Biokraftstoffen aus Nahrungsmitteln wie Mais und Getreide in die EU (und nach Deutschland) sollte verboten werden. Solange auf der Erde Menschen hungern, gehört Nahrung nicht in den Tank. Auch die Spekulation mit Nahrungsmitteln, die wenige Reiche reicher macht, muss verboten werden, damit die Menschen in Europa und weltweit nicht wegen hoher Lebensmittelpreise hungern müssen.
Wir wollen ein umfassendes Förder- und Weiterbildungsprogramm für Landwirt*innen entwickeln, das finanzielle Unterstützung leistet und Wissen für die sozialökologische Agrarwende schafft.
Seit Jahren hält sich der massive Druck auf die Verlängerung der Arbeitszeiten in der Bundesrepublik Deutschland und in Europa. Auf Seiten der Arbeitgeber wird regelmäßig ins Feld geführt, dass angeblich nur die Ausweitung der individuellen wöchentlichen Arbeitszeit in der Lage sei, die Wirtschaft wettbewerbsfähig zu halten, die dann -quasi automatisch -zu mehr und sichereren Arbeitsplätzen führen würde. Diese Diskussion findet jedoch nicht nur in Deutschland, sondern auch auf der Europäischen Ebene statt.
Der Rahmen für die gesetzlichen Arbeitszeiten ist auf europäischer Ebene in Form einer Europäischen Richtlinie geregelt. Diese europäische Arbeitszeit-Richtlinie (AZRL) wurde in Deutschland in Form des Arbeitszeitgesetzes umgesetzt. Sie regelt u.a. die wöchentliche Höchst-Arbeitszeit einschließlich Überstunden, tägliche Ruhezeiten, Ruhepausen, Jahresurlaub, Aspekte der Nacht- und der Schichtarbeit sowie des Arbeitsrhythmus und der entsprechenden Bezugszeiträume und eine Reihe von Ausnahmen.
Die Revision der Arbeitszeitrichtlinie steht auf der europäischen Tagesordnung. Die Anhörung der europäischen Gewerkschaften und der europäischen Arbeitgeberverbände durch die Europäische Kommission verlief aufgrund der unvereinbaren Positionen ergebnislos. Insbesondere in den Fragen der Erhöhung der Maximalarbeitszeiten, über das individuell vereinbarte Überschreitung der Höchstarbeitszeiten (opt-out), die Flexibilisierung von Ausgleichszeiträumen und Bewertung von Arbeitsverhältnissen (es soll nicht mehr der einzelne Arbeitnehmer mit seiner Gesamtarbeitszeit, sondern jedes Arbeitsverhältnis einzeln bewertet werden) sind die Positionen unvereinbar.
Auch bei den Arbeitszeiten ist das Credo der Kommission offensichtlich: „Hauptsache Arbeit, gleich zu welchen Bedingungen“. Von „Guter Arbeit“, dringend nötiger Begrenzung der Höchstarbeitszeiten oder gar Arbeitszeitverkürzung - keine Spur. Die beabsichtigte Revision der AZRL soll sich nun wie ein passendes Mosaikteil in diese Strategie einfügen.
Die Frage der Arbeitszeit ist eine Priorität der linken Delegation im Europäischen Parlament. Wir setzen uns dafür ein, für menschwürdigen und gesundheitsverträgliche Arbeitszeiten.
Die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer darf nicht wirtschaftlichen oder finanziellen Erwägungen untergeordnet werden. Dazu gehört zwingend der Schutz vor langen und unregelmäßigen Arbeitszeiten. Um das grenzüberschreitende Arbeitszeit-Dumping zu verhindern, sind klare und eindeutige Mindest- und Höchststandards festzuschreiben.
Das opt-out muss dringend fallen. Zum einen widerspricht es dem Grundsatz der Gleichbehandlung innerhalb der EU. Und zum anderen ist es nicht vereinbar mit den Grundsätzen des Gesundheits- und Sicherheitsschutzes. Die Arbeitszeit muss auch für außergewöhnliche Fälle strikt auf 48 Stunden begrenzt werden. Ein zeitlich nahe liegender Ausgleich auf maximal 40 Stunden Regelarbeitszeit muss verbindlich festgeschrieben werden. Die Ausgleichsruhezeiten müssen sofort nach einer Periode von normalem Dienst und anschließender Bereitschaftszeit gewährt werden.
Weiter muss gelten: Bereitschaftsdienst am Arbeitsplatz ist Arbeitszeit. Neue Kategorien von "inaktiver" Arbeitszeit zwischen aktiver Arbeit und Zeiten, in denen keine Arbeit anfällt sind Umgehungstatbestände, die die Bedingungen für die Betroffenen wieder erheblich verschlechtern würden.
Jede geleistete Arbeitszeit muss künftig zwingend dokumentiert und kontrolliert werden, um die rechtliche Durchsetzung der AZRL zu stärken. Dazu sind Investitionen in die Gewerbeaufsicht erforderlich.
Die nach wie vor hohe Arbeitslosigkeit fordert Lösungen, die möglichst viele Menschen in Beschäftigung halten bzw. bringen können: maximal 40 Stunden Wochenarbeitszeit, Arbeitszeitverkürzung, kurze Vollzeit mit auskömmlichen Entgelten und voller sozialer Absicherung. Das schafft Spielräume, die es Frauen und Männer ermöglicht, sowohl gleichberechtigt am Erwerbsleben teilzunehmen, als auch Haus-, Erziehungs- und Pflegearbeiten zu gleichen Teilen schultern zu können.
Menschenwürdige und gesundheitsverträgliche Arbeitszeiten sind ein wesentlicher Teil des Konzepts „Gute Arbeit“ – unbefristete und armutsfeste Arbeit, von der man eigenständig und ohne Transferleistungen leben kann, bei der die Beschäftigten mitreden und mit -gestalten können, mit nachhaltigem Arbeits- und Gesundheitsschutz, mit sozialer Sicherheit und ohne Diskriminierung. Dieses alternative Leitbild für die Europäische Beschäftigungspolitik ist ein klarer Gegenkurs gegen die neoliberale Parole „Hauptsache Arbeit – gleich zu welchen Bedingungen“ und dem Flexicurity-Kurs von Kommission und Rat. Parlamentarisch allein ist dieser Kampf nicht zu gewinnen – es kommt auch auf die breite Unterstützung der Gewerkschaften und der politischen und sozialen Bewegungen an.
Laut Eurostat leben in der EU 95 Millionen Menschen in Armut. Hinzu kommen 20 Millionen Menschen, die trotz Erwerbsarbeit als arm gelten. Eines von vier Kindern in Europa gilt als arm. Expert*innen weisen darauf hin, dass die offiziellen Zahlen das tatsächliche Ausmaß der Armut in Europa unterschätzen.
Die Linke im EP hat das Ziel, die Armut abzuschaffen. Der Reichtum von wenigen ist die Armut der vielen. Wir streiten für eine gerechte (Um-)Verteilung des Reichtums, einen starken Sozialstaat und eine ausgebaute öffentliche Daseinsvorsorge überall in Europa.
Gegen Armut hilft Geld! Die Sozialleistungen müssen in der gesamten EU wirksam vor Armut schützen (entsprechend den jeweiligen Armutsgrenzen in den Mitgliedstaaten). In Deutschland zum Beispiel kritisieren die Sozialverbände, dass die Sozialleistungen zu niedrig sind. Sie fordern für alleinlebende Erwachsene ein Bürgergeld von 813 Euro (statt derzeit 563 Euro). Gegenwärtig liegt die Armutsrisikogrenze in Deutschland bei 1.250 Euro.
Armut in der EU abzuschaffen, würde 135 Milliarden Euro kosten. Zum Vergleich: die EU-Mitgliedstaaten geben 350 Milliarden Euro für Militär und Rüstung aus. Die Linke im EP schlägt vor, zur Abschaffung der Armut Einkünfte aus einer europaweiten Vermögenssteuer einzusetzen. Oxfam schätzt, dass aus einer solchen Steuer 285 Milliarden Euro eingenommen und umverteilt werden könnten.
Was muss passieren:
Die EU muss dafür sorgen, dass in allen Staaten ein sicheres soziales Netz geschaffen wird: Sozialleistungen und gesetzliche Mindestlöhne müssen sicher vor Armut schützen. Sie müssen Mindeststandards und dem europäischen Mindesteinkommen entsprechen. Für Deutschland fordern wir: Renten und Sozialleistungen müssen ein Einkommen von mindestens 1.250 Euro gewährleisten!
Die Linke im EP setzt sich ein für gute Sozialleistungen. Wir kämpfen für gute Löhne, sichere Arbeitsverhältnisse und gute öffentliche Dienstleistungen. So sollen weniger Menschen auf Sozialleistungen angewiesen sein, weil ihre Löhne und Renten für ein gutes Leben reichen. Weil die öffentlichen Dienstleistungen gebührenfrei sind. Weil Wohnen und Energie bezahlbar sind.
Das Europäische Parlament hat im März 2023 auf unseren Antrag hin eine verbindliche Richtlinie für ein Mindesteinkommen beschlossen, das sicher gegen Armut schützt. Jetzt muss sie umgesetzt werden. Das Europäische Mindesteinkommen muss allen Menschen in der EU ein Leben in Würde garantieren.
Mindesteinkommensleistungen sind bedarfsabhängige Hilfen, die von den Mitgliedstaaten zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung angeboten werden. In Deutschland wird in diesem Kontext von „Grundsicherung“ gesprochen.
Kommission und Rat haben dazu eine Empfehlung gegeben, die erst ab 2030 greifen soll. Aber bereits jetzt leben viele Menschen in Armut, weil die nationalen Mindestsicherungen nicht ausreichen.
Wir fordern daher, dass sich ihre Höhe an den jeweiligen Armutsgefährdungsgrenzen der Länder ausrichtet. Sie entsprechen 60% des mittleren Nettoeinkommens (Medianeinkommen) der Bevölkerung eines Landes. Da die wirtschaftliche Situation und das Einkommensniveau in den EU-Staaten sehr unterschiedlich sind, macht es keinen Sinn, für alle Staaten dieselbe absolute Zahl zu fordern. Stattdessen geht es darum, in allen EU-Ländern zu garantieren, dass niemand weniger als 60% des jeweiligen nationalen Medianeinkommens (netto) zur Verfügung hat (Erläuterung siehe unten).
Wenn diese 60% des Medianeinkommens nicht durch eigene Kraft erwirtschaftet werden können, dann sollen steuerfinanzierte staatliche Transferleistungen bis zu dieser Grenze greifen. In Deutschland fordern wir dementsprechend ein armutsfestes Mindesteinkommen von 1.250 Euro in allen Lebenslagen (z.B. Erwerbslosigkeit, Alter, Ausbildung oder Studium).
- Verbindliche Mindeststandards in den sozialen Sicherungssystemen der EU-Länder. Die Sozialleistungen für Kinder und Erwerbslose und die Renten müssen in allen Mitgliedstaaten mindestens so hoch sein, dass sie wirksam vor Armut schützen. Soziale Standards in den EU-Ländern dürfen niemals nach unten, sondern nur nach oben angeglichen werden.
- Eine europaweite Mindestrente, die garantiert, dass alle Menschen im Alter sicher vor Armut sind.
- Die Europäische Kindergarantie soll sicherstellen, dass jedes Kind in Europa, das von Armut oder Ausgrenzung bedroht ist, einen Zugang zur Gesundheitsversorgung und zu Bildung hat. Um jedoch Kinderarmut wirksam zu bekämpfen soll, braucht es europaweit eine Kindergrundsicherung, die das soziokulturelle Existenzminimum für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren in allen EU-Staaten garantiert.
In Europa sind ungefähr 700 000 Menschen obdachlos. In den vergangenen zehn Jahren ist ihre Zahl um 70% gestiegen. Das ist ein Skandal! Wir wollen Obdachlosigkeit abschaffen, indem in bezahlbaren Wohnraum investiert wird und Obdachlose sozialpädagogisch unterstützt werden. Obdachlosen Menschen müssen als erstes eine Mietwohnung vermittelt bekommen, damit sie einen Stabilitätsanker für ihr Leben haben. Danach folgen andere soziale Leistungen wie Suchthilfe, Arbeitsplatzsuche oder Qualifizierung. Dieser Ansatz wird in der Fachsprache als „Housing First“ bezeichnet. Dass er funktioniert, haben einzelne Länder, wie z.B. Finnland, erfolgreich vorgemacht.
Die Linke im EP fordert: Verbot der Zwangsräumung in allen EU-Mitgliedsstaaten. Dann kann niemand einfach auf die Straße gesetzt werden.
Die Unterschiede zwischen den reichsten und den ärmsten Regionen in der EU wachsen weiter. Das liegt an der rigiden Kürzungspolitik (Austeritätspolitik). Wenn die öffentlichen Dienste und die Sozialleistungen gekürzt werden, trifft es die Ärmsten am härtesten. Der „Stabilitäts- und Wachstumspakt“ verpflichtet die EU-Staaten, die Maastricht-Kriterien einzuhalten. Als Folge wurden öffentliche Einrichtungen (Krankenhäuser, Wohnungsgesellschaften, Verkehrsbetriebe u.a.) verkauft, sozialstaatliche Leistungen zurückgefahren und arbeitsmarktpolitische Schutzrechte der Beschäftigten geschliffen. Das Angebot in der Daseinsvorsorge ist eine Klassenfrage. Mit einer gut ausgebauten öffentlichen Daseinsvorsorge bekämpfen wir Armut in Europa.
Wie wir das bezahlen
Wenn dafür Unternehmen und Reiche stärker in die Pflicht genommen werden, dann ist das überall finanzierbar.
- Daher fordern einen europaweiten Korridor für die Besteuerung hoher Vermögen, Erbschaften und Schenkungen,
- eine globale Mindeststeuer für Unternehmen von 25%,
- Übergewinnsteuer von 90% auf die Krisengewinne großer Konzerne.
Die EU-Kommission verspricht seit Jahren, die Armut in Europa zu bekämpfen. Zuletzt kündigte sie im Frühjahr 2021 an, die Zahl der armen Menschen bis 2030 um mindestens 15 Millionen (davon mindestens 5 Millionen Kinder) zu verringern. Passiert ist jedoch wenig. Wenn die EU so weitermacht, dauert es noch 229 Jahre, bis Armut abgeschafft ist.
Stattdessen ist die Kluft zwischen Arm und Reich größer geworden. Mittlerweile ist in der EU mehr als jede*r Fünfte von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen. Zudem sind mehr als 20 Millionen Menschen trotz Erwerbsarbeit von Armut bedroht.
Begriffsklärungen:
Das Medianeinkommen bezeichnet die Einkommenshöhe genau zwischen der unteren Hälfte der Bevölkerung und der oberen Hälfte. Es wird verwendet, um Armut zu berechnen. Dabei wird das Risiko, in Armut zu leben, bei einem Schwellenwert von 60% des Medianeinkommens festgemacht. Dies markiert die sog. Armutsrisiko- oder Armutsgefährdungsgrenze. Menschen, die weniger als das zur Verfügung haben, gelten als armutsgefährdet. Haben sie weniger als 50% des Medianeinkommens, dann unterschreiten sie damit das sozio-kulturelle Existenzminimum und gelten als manifest arm.
Die Niedriglohnschwelle markiert einen Bruttostundenlohn, der zwei Dritteln des Median-Bruttostundenlohns entspricht. Dieser Schwellenwert lag im April 2023 bei einem Bruttoverdienst von 13,04 Euro pro Stunde. Der Median-Bruttoverdienst lag bei 19,56 Euro pro Stunde. 16% der Beschäftigten in Deutschland arbeiteten im April 2023 im Niedriglohnsektor. Seit Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes 2015 sinkt die Zahl der Niedriglöhner*innen konstant.
Europäische Beschäftigungspolitik: Gute Arbeit statt Sozialabbau dringend erforderlich
Mit ihrer EU2020 Strategie strebt die europäische Kommission nach einem ehrgeizigen Ziel: bis 2020 wolle man eine Beschäftigungsquote von 75 Prozent der Bevölkerung im erwerbstätigen Alter (d.h. zwischen 20 und 64 Jahren) erreichen, weniger als 10 Prozent Schulabbrecher, mindestens 40 Prozent der 30-40 Jährigen mit tertiärem Bildungsabschluss und die Zahl der von Armut und sozialer Ausgrenzung bedrohten oder betroffenen Personen um mindestens 20 Millionen senken.
Die Sparmaßnahmen, die schon seit ein paar Jahren in ganzen und insbesondere im Südeuropa herrschen, sollen dazu beitragen, die hohe Arbeitslosigkeit zu begegnen.
Die Bilanz dieser Politik ist allerdings mehr wie ernüchtern. Die EU-Beschäftigungsquote in den 27 (jetzt 28) Mitgliedstaaten ist von 71,6 Prozent (2009) auf 70,1 Prozent (2011) gesunken. Alleine in den Ländern der Eurozone hatten im November 2013 rund 19,24 Millionen Männer und Frauen im erwerbstätigen Alter keine Arbeit. Atypische -meist prekäre und schlecht bezahlte- Arbeit ist europaweit zwischen 1990 und 2010 um 80 Prozent gestiegen. Gleichzeitig ist das Lohnniveau drastisch gesunken. Allein in Deutschland ist davon auszugehen, dass fast ein Drittel der Beschäftigten unter oder nahe der OECD-Armutsgrenze leben - viele trotz Arbeit.
Die Jugendarbeitslosigkeit erreicht in ganz Europa fast 24 Prozent mit Spitzenwerte in Griechenland (54,8 Prozent) und Spanien (57,7 Prozent).
Die Stoßrichtung lautet "Beschäftigung um jeden Preis". Gerade die wachsende Anzahl atypischer Arbeitsverträge für junge Menschen hat katastrophale soziale und wirtschaftliche Konsequenzen. Kündigungsschutz wird geschliffen, Löhne bis in den sittenwidrigen Bereich gedrückt. Dazu sagen wir: so nicht!
Diese Gesamtbilanz zeigt nichts anderes als der Bankrott des sogenannten europäischen Sozialmodells.
Die Delegation DIE LINKE. im Europäischen Parlament setzt sich massiv gegen eine weitere Deregulierung und Flexibilisierung der Arbeitsmärkte in Europa ein. Wir wollen ein Europa der Solidarität, der sozialen Integration mit dem Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse in ganz Europa.
Die aktuelle Sparpolitik und die permanente Steigerung der „Wettbewerbsfähigkeit“ geht einher mit zunehmenden Angriffen auf Löhne, Renten und Sozialleistungen sowie massiven Angriffe in Arbeits-, Sozial- und demokratische Rechte. Der Kampf um die besten Köpfe - schadet jeden Tag dem Leben von Millionen Menschen in ganz Europa. Die Beispiele sind zahlreich: Durchsetzung der Entsende-Richtlinie (noch in Diskussion), Konzernleihe, Angriffe auf die Arbeitszeit, Renten...
Die wenigen guten Initiativen die es gibt - wie die Jugendgarantie – greifen zu kurz. Heute ist demokratischer Widerstand angesagt, und deshalb engagiert sich die Delegation DIE LINKE. im Europäischen Parlament für eine alternative Politik.
Die Delegation DIE LINKE. im EP setzt sich ein für ein kooperatives, solidarisches Europa mit guter Arbeit, hohen sozialen Standards und Sicherheit und dem mittelfristigen Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse.
Wir fordern ein Europa mit guter Arbeit, von dem man eigenständig und ohne Armut leben kann, qualifizierte Arbeitsplätzen, eine Arbeit, die die Gesundheit erhält, mit Löhnen, die mehr sind als die bloße Existenzsicherung, und mit guter sozialen Sicherung. Wir kämpfen auch für den Schutz und die Sicherung von kollektiven sozialen Rechten. Diese Ziele sind mittelfristig nur mit anderen Mehrheiten in den Mitgliedstaaten und im Europäischen Parlament erreichbar.
Ein soziales gerechtes und solidarisches Europa geht nur mit Guter Arbeit, guten Löhne, guten Renten und sozialem Fortschritt für alle, der vor Armut schützt und ein Leben ohne Angst sichert. Eine öffentliche Debatte über eine umfassende Demokratisierung Europas ist bitter nötig, damit wir entscheiden können, wie wir künftig arbeiten und leben wollen.
Die EU muss endlich umsteuern und mit Ausgleichunion, Marshallplan und massiven Investitionen Gute Arbeit schaffen.
Die EU-Kommission versagt bei der Eindämmung der Jugenderwerbslosigkeit. Zwei Jahre nach Corona beträgt die Jugenderwerbslosenquote in der EU fast 15% (Stand: Jan. 24). Das ist mehr als doppelt so hoch wie im Durchschnitt aller Erwerbstätigen. In Spanien und Portugal sind es 28,6% bzw. 23,3%. Deshalb wurde die europäische Jugendgarantie 2020 verstärkt. Mit ihr sollen erwerbslose Jugendliche bis 29 Jahren unterstützt werden, um im Arbeitsmarkt besser Fuß zu fassen. Die Maßnahmen werden aus Mitteln des NextGenerationEU-Programms teilfinanziert.
Die Linke im EP hat klare Forderungen. Um die Jugenderwerbslosigkeit in Europa zu bekämpfen, müssen gute Jobs geschaffen werden, wo sie gebraucht werden: Bildung, Pflege, Bus-, Bahn- und Schienenproduktion, erneuerbare Energien. Auch der öffentliche Beschäftigungssektor muss ausgebaut werden. Damit kann direkt Einfluss genommen werden auf die Unterstützung besonders benachteiligter Gruppen von Jugendlichen. Unbezahlte Praktika müssen EU-weit verboten werden. Wir fordern für Praktika einheitliche Qualitätskriterien und verbindliche Vergütungsgrundsätze.
Die Gewerkschaftsjugend und andere Jugendverbände müssen einbezogen werden, damit junge Menschen mitentscheiden können, wenn Maßnahmen für sie entwickelt werden. Die EU-Gelder für die Jugendgarantie müssen auf mindestens 50 Mrd. Euro erhöht werden (statt bislang 22 Mrd. Euro). Die Mittelvergabe muss durch Kontrollen und Monitoring sicherstellen, dass keine prekären und ausbeuterischen Arbeitsverhältnisse in den EU-Ländern subventioniert werden.
Manche Unternehmen missbrauchen die Jugendgarantie für prekäre Arbeitsverhältnisse. Praktikant*innen werden als billige Arbeitskräfte ausgebeutet. Wir wollen, dass unbezahlte Praktika verboten werden. Die Jugendgarantie muss finanziell besser ausgestattet werden, um überbetriebliche Aus- und Weiterbildungsverbünde zu fördern. ILO und Eurofound veranschlagen dafür mind. 50 Mrd. Euro. Das Geld wollen wir über eine EU-weite Vermögensteuer (2-5%) aufbringen. Sie würde Einnahmen von bis zu 286 Milliarden Euro jährlich ermöglichen.
Durch die Konkurrenz im EU-Binnenmarkt wurde über Jahre Lohndumping befeuert und prekäre Beschäftigung ausgeweitet. Jeder neunte Beschäftigte, 20,5 Millionen Menschen in der EU sind „arm trotz Arbeit“. Die Linke im EP, ebenso wie fast alle Gewerkschaften aus den EU-Mitgliedsstaaten haben sich auch deshalb viele Jahren für eine EU-Mindestlohnrichtlinie stark gemacht. Denn in fast allen Mitgliedstaaten der EU, die bereits einen gesetzlichen Mindestlohn haben, reicht auch dieser nicht zum Leben. Die beschlossene Richtlinie trägt eine eindeutige Linke Handschrift. Sie muss bis Ende 2024 in den Mitgliedsstaaten umgesetzt werden.
Wichtigster Teil der EU-Richtlinie, der zu einer Erhöhung der Löhne führen wird:
Klar definierte Untergrenze als Richtwert
Der Mindestlohn eines Landes sollte mindestens 60 Prozent des nationalen Bruttomedianlohns bzw. 50 Prozent des Bruttodurchschnittslohns betragen. Dies ist die offizielle Definition eines Lohns oberhalb der Armutsschwelle. Auch wenn dies nur ein Richtwert und kein MUSS ist, stärkt die Richtlinie damit massiv die Forderung nach einem Mindestlohn der demnach in der BRD bei 14€ aktuell liegen müsste.
Stärkung der Gewerkschaften/ Tarifbindung/ Aktionspläne
Wenn die Tarifbindung in einem EU-Staat unter 80 Prozent liegt, muss die Regierung einen Aktionsplan aufstellen, damit mehr Arbeitnehmer*innen von Tarifverträgen profitieren können. Nach wie vor gilt: dort wo Tarifverträge und starke Gewerkschaften sind, sind die Löhne und Arbeitsbedingungen besser!
Die Richtlinie enthält auch einen Verweis auf reale Kosten für elementare Güter und Dienstleistungen wie Miete, Strom, Nahrungsmitteln. Zwar ist das kein verbindliches Kriterium, aber als Verweis sehr wichtig hinsichtlich der aktuellen Preissteigerungen.
Arbeit muss vor Armut schützen. Durch eine Anhebung der Mindestlöhne werden die Sicherungssysteme (Aufstocker*innen, Wohnungsgeld, Renten) entlastet.
Das (Schein-) Argument, die EU würde mit der Richtlinie ihre Kompetenzen überschreiten, stimmt nicht, da die Untergrenze oberhalb der Armutsschwelle ein Richtwert ist und in jenen Mitgliedstaaten, wo ausschließlich Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände den Mindestlohn aushandeln, wird keine andere Regelung vorgegeben. Im Gegenteil, durch die Aktionspläne werden die Gewerkschaften massiv gestärkt.
Plattformen wie Uber und Lieferando beuten ihre Angestellten gnadenlos aus. Beinahe alle von ihnen sind als Scheinselbstständige angestellte. Deshalb stehen ihnen in der Regel kein bezahlten Krankheits- und Urlaubstage oder Elternzeit zu. Schätzungen gehen davon aus, dass 5,5 Millionen Arbeiter:innen in der EU unrechtmäßig wie Selbstständige behandelt werden. In der Richtlinie zum Schutz der Rechte von Plattformarbeitskräften kämpft Die Linke im EP für faire Löhne, bezahltem Urlaub, Bezahlung im Krankheitsfall, Elternzeit, Betriebsräte und starke Gewerkschaften.