Militarisierung der Europäischen Union
Wir sind Zeugen einer zunehmenden Militarisierung der EU. Bis zum Maastrichter Vertrag 1993 war die europäische Einigung ein weitgehend ziviler Prozess. Mit der Schaffung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) wurde die militärische Ebene miteinbezogen und wird seitdem immer weiter ausgebaut.
Die Militarisierung der EU hat viele Gesichter: Dabei stehen die offensichtlichen Projekte, wie etwa die schnelle Eingreiftruppe (European Rapid Reaction Force) oder die 2004 beschlossenen „Battlegroups“ nicht einmal im Fokus. Die Militarisierung der EU zeigt sich vielmehr in der aggressiven Flüchtlingsabwehr an den aufgerüsteten EU-Außengrenzen u. a. durch FRONTEX. Oder an der 2004 eingerichtete „Europäische Verteidigungsargentur“ (–>EDA), deren Aufgabe darin besteht, „Fähigkeitslücken“ zu identifizieren, die einer effektiveren Kriegführung im Wege stehen, sowie EU-weite Rüstungsprojekte anzuregen und auszugestalten.
Zudem werden aus dem EU-Budget Maßnahmen finanziert, die militärisch relevant sind, etwa aus dem Stabilitätsinstrument (2014-2020: 2,33 Mrd.) oder aus dem Forschungsetat, von dem Schätzungen zufolge zwischen 2014 und 2020 etwa 2 Mrd. in militärrelevante Projekte fließen werden. So z B. die Entwicklung von Drohnen oder das aus dem Agrarhaushalt querfinanzierte militärisch genutzte Satellitensystem Galileo/Kopernikus (dafür sind von 2014 bis 2020 rund 11,3 Mrd. aus dem EU-Haushalt veranschlagt). Auch Entwicklungshilfegelder werden zunehmend für Ausbildungseinsätze (EUTM) inklusive militärischer Ausrüstung (àEAD) zweckentfremdet.
Auch in den Verträgen ist die EU-Militarisierung festgeschrieben. In Artikel 42 des Vertrags zur Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) steht: „Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern.“ Was damit gemeint ist, präzisiert Protokoll 10 des Vertrages: die Bereitschaft Truppen in EU-Kriegseinsätze zu schicken, sich an den wichtigsten EU-Rüstungsvorhaben zu beteiligen sowie Battlegroups aufzustellen. Wer dem nicht nachkommt, läuft Gefahr, nicht an der „Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit“ teilnehmen zu können, in der wesentliche Teile der EU-Militärpolitik entschieden werden. Welches Land der Aufrüstungsverpflichtung nachkommt, entscheidet die Verteidigungsagentur.
Ein weiteres Leitbild der europäischen Konfliktbearbeitung ist die sogenannte „zivil-militärische Zusammenarbeit“. Zu dessen Koordinierung wurde 2005 die zivil-militärische Planungsstelle „Crisis Management and Planning Directorate“ (CMPD) beim Militärstab gebildet, die nun dem EAD untersteht. Die zivile Konfliktbearbeitung der EU wird zugunsten des Militärs instrumentalisiert und verdrängt.
DIE LINKE. im Europaparlament kämpft gegen die zunehmende Militarisierung der EU. Die EU muss wieder rein ziviles Projekt und Friedensunion werden. Wir fordern die Auflösung der Battlegroups, der Verteidigungsagentur, die Beendung der „Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit“ und die Abschaffung der Aufrüstungsverpflichtung. Stattdessen muss die EU ihre ausschließlich zivilen Konfliktlösungskapazitäten stärken und ihre Ausgaben in diesem Bereich, sowie der Entwicklungszusammenarbeit erhöhen. Wir fordern eine Union der Abrüstung, Entmilitarisierung und der kooperativen und solidarischen Außen-, Entwicklungs-, und Menschenrechtspolitik mit einer starken parlamentarischen Kontrolle.
Weitere Themen:
Auslands-, Militär-, Polizeieinsätze der EU
Der Europäische Auswärtige Dienst (EAD)
Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU (GASP)
Die NATO
Waffen- /Rüstungsexporte