Das Treffen der Staats- und RegierungschefInnen anlässlich des 60-jährigen Jubiläums der Unterzeichnung der Römischen Verträge kommentieren die Abgeordneten der DIE LINKE. EP-Delegation:

 

MdEP Gabi Zimmer, Vorsitzende der Linksfraktion GUE/NGL:
„Die Staats- und Regierungschefs der EU sollten am 60. Jahrestag der Römischen Verträge nicht so viel feiern und sich dabei selbstgefällig auf die Schultern klopfen. Dieser Tag sollte besser den Anlass geben, um für eine bessere EU zu kämpfen, in der die Menschen vor Konzernprofiten stehen. Eine soziale EU, in der eine echte soziale Säule die Menschen vor Arbeitslosigkeit und Armut schützt.  Eine EU, die der Europäischen Sozialcharta von 1999 beitritt. Eine demokratische EU, in der die Bürgerinnen und Bürger über ihre gemeinsame Zukunft bestimmen. Eine EU, in der wir uns alle wiederfinden, weil sich die Lebensbedingungen für alle Menschen in der EU verbessern werden.“

 

MdEP Cornelia Ernst, innenpolitische Sprecherin der Delegation:
„Ich wünsche mir eine Europäische Union der Freizügigkeit. Als ehemalige DDR-Bürgerin habe ich nicht 33 Jahre hinter einer Mauer gelebt um jetzt den Wert der Freizügigkeit einfach kampflos aufzugeben. Bei der Bewegungsfreiheit geht es nicht nur darum, problemlos in Italien Urlaub machen zu können, sondern darum, dass Menschen in unterschiedlichen Mitgliedstaaten miteinander arbeiten, studieren, sich kennenlernen, verständigen und gemeinsame Projekte initiieren können. Ich wünsche mir eine Europäische Union, die keine Mauern gegenüber denjenigen errichtet, die aus Not und Verfolgung fliehen, eine Europäische Union, die Solidarität und Menschenrechte lebt, nicht nur festschreibt.“

 

MdEP Fabio De Masi, stellvertretender Vorsitzender des PANA-Untersuchungsausschusses:
„Eine Vertiefung der EU beziehungsweise eine variable Geometrie macht nur Sinn, wenn sie Nutzen für die Mehrheit der EU-Bürgerinnen und Bürger stiftet. Statt der Rüstungsunion und einer Verpflichtung auf permanente Strukturreformen beziehungsweise Lohn- und Rentenkürzungen, sollten Mitgliedstaaten wie Deutschland und Frankreich mit Mindeststeuersätzen für Konzerne und Strafsteuern auf Finanzflüsse in und außerhalb der EU sowie einer echten Aufspaltung von Mega-Banken voran gehen. 

Deutschland muss durch öffentliche Investitionen die Binnenwirtschaft stärken und einen ausgeglichenen Außenhandel anstreben. Nur so lässt sich eine permanente Transferunion vermeiden, die der Bundesregierung politische und ökonomische Macht über Südeuropa einräumt, die sich mit einem demokratischen Europa nicht verträgt.“

 

MdEP Thomas Händel, Vorsitzender des Ausschusses für Beschäftigung und Soziale Angelegenheiten (EMPL):
„Mit den ‚Römischen Verträgen‘ wurde ‚…die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen…‘ vereinbart. Man verpflichtete sich auf die ‚…Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeitskräfte und (…) ihre Angleichung…‘ und auf ‚…den Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher Arbeit…‘ – vor 60 Jahren!
Die Realität heute: ArbeitnehmerInnen mit unterschiedlichen Rechten, Lohndumping mit System, selbst moderne Sklaverei gedeiht wieder. Gleiches Entgelt – Fehlanzeige. Sozialer Abstieg und Armut sind Massenerfahrung geworden. Die Einkommens- und Besitzverhältnisse klaffen immer weiter auseinander. Ein anderes, ein besseres, ein im umfassenden Sinn demokratisches und soziales Europa muss das Versprechen von Frieden und Wohlstand für alle realisieren – oder es scheitert.“

 

MdEP Sabine Lösing, außen- und friedenspolitische Sprecherin der Delegation:
„Angesichts des politischen Unwillens, Migration in die EU menschenrechtswürdig zu gestalten und im Lichte einer steigenden sozialen Spaltung innerhalb der EU-Mitgliedstaaten sowie einer zunehmenden Militarisierung der Union bleibt von der Grundidee der Römischen Verträge nicht mehr viel übrig. Was ist mit der friedlichen Ausrichtung? Neuerliche Interpretationen der vertraglichen Grundlagen der EU lassen immer mehr Interpretationsspielraum hinsichtlich der Nutzung von EU-Geldern für Militär und Rüstung zu. Wie etwa die skandalöse Verwendung von Entwicklungsgeldern für Militär in Afrika. Das ist definitiv kein Grund zum Feiern.“

 

MdEP Martina Michels, regional- und kulturpolitische Sprecherin der Delegation:
„Ich wünsche mir eine Europäische Union, die mehr ist als eine Karikatur ihrer politischen Ideen von Frieden und Freiheit. Eine Europäische Union, die aus Wettbewerbs- und Privatisierungsideologien, aus menschenverachtender Abschottung und reduzierter Binnenmarktfixierung herausfindet. Ich wünsche mir, dass sie ihre bitteren Erfahrungen und ihren kulturellen Reichtum für einen umfassenden demokratischen Dialog, Weltoffenheit und solidarisches Handeln nutzt, um sich nicht länger von NationalistInnen und RassistInnen als lebensfernes Konstrukt vorführen zu lassen.“

 

MdEP Helmut Scholz, handelspolitischer Sprecher der Delegation:

„Die Debatte über die Zukunft der EU hat wieder Fahrt aufgenommen. Das ist gut so! Demokratische Teilhabe an Entscheidungen über sie wird eingefordert. Wir steuern unsere Ideen und Vorschläge in diese Debatte selbstbewusst ein. Wir wollen, dass die Vision des friedlichen, sozialen, demokratischen, weltoffenen und solidarischen Zusammenlebens auf gemeinschaftlicher Grundlage Wirklichkeit wird. Wir wollen moderne, verbindliche und individuell einklagbare Grundrechte für die Bürgerinnen und Bürger als Voraussetzung für das soziale Europa und deshalb fordern wir den Beitritt der EU zur Europäischen Sozialcharta. Wir wollen eine EU, in der  gemeinsame Sozial-, Steuer- und Umweltstandards weiterentwickelt und umgesetzt werden. jeden Tag aufs Neue. Auch und gerade im Zeitalter von Industrie 4.0 und digitalen Umwälzungen. Wir wollen ein starkes Europäisches Parlament, mehr gemeinsame Initiativ- und Mitwirkungsrechte der parlamentarischen Gremien von EU – bis zu den entsprechenden regionalen Ebenen. Wir wollen mit besonderer Leidenschaft, dass von Europa Frieden ausgeht und keine Militärinterventionen. Dafür arbeiten wir im Europäischen Parlament.”