Plenarfokus April 2018
Vorschau auf die Plenarwoche des Europäischen Parlaments
16. – 19. April 2018, Straßburg
GUE/NGL-Pressekonferenz:
Dienstag, 17. April 2018, 11 Uhr 30
Gabi Zimmer, Vorsitzende der Linksfraktion GUE/NGL,
zur Situation in Syrien
und
Neoklis Sylikiotis (AKEL / Zypern)
Situation in Gaza und der Fall Cambridge Analytica
EP-Pressesaal Daphne Caruana Galizia
(LOW N-1/201)
– MdEP Gabi Zimmer, Vorsitzende der EP-Linksfraktion GUE/NGL: ‚Stellungnahme der Vize-Präsidentin der EU-Kommission/Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik: Die Situation in Syrien‘, Debatte am Dienstag, 17. April 2018, ab ca. 16 Uhr:
„Die unsägliche Twitter-Diplomatie von Donald Trump hat die Welt an den Rand eines direkten Konflikts zwischen Atommächten gebracht. Diese Gefahr ist real. Alle Pläne Frankreichs und Großbritanniens, in einen bewaffneten Konflikt mit der syrischen Regierung einzutreten, müssen sofort fallen gelassen werden. Der Einsatz von Giftgas ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Dieses kann aber nicht mit militärischer Gewalt geahndet werden, sondern nur mit den Mitteln der Konvention über das Verbot chemischer Waffen und mit anderen Instrumenten des Völkerrechts. Macron und May könnten auf eine diplomatische Lösung drängen, indem sie einen Gipfel mit Trump und Putin einberufen, um eine Eskalation zu verhindern. Wir fordern das Europäische Parlament nachdrücklich auf, sich nicht aktiv an dieser Eskalationsspirale zu beteiligen und verantwortungsvoll und deeskalierend zu handeln, um die Beziehungen zwischen der EU und Russland nicht weiter zu verschlechtern. Die Menschen in Europa wollen keinen Krieg mit Russland.“
– MdEP Cornelia Ernst, Sprecherin der Delegation: Stellungnahmen von Rat und Kommission: Cambridge Analytica und Facebook: Datenschutz und Privatsphäre der Bürger*innen als Verteidigungslinie gegen Wahlkampfmanipulationen, Debatte am Mittwoch, 18. April 2018, ab 15 Uhr:
„Facebook hat seit Jahren erlaubt, dass dubiose Unternehmen wie Cambridge Analytica Zugriff auf persönliche Informationen von mindestens 80 Millionen Facebook-Nutzer*innen haben. Jetzt macht der CEO von Facebook, Herr Zuckerberg, öffentlich Wiedergutmachung. Seinen Aussagen sollte jedenfalls nicht vertraut werden: Sie gaben die Daten nicht aus Nachlässigkeit, oder Unwissenheit preis. Sie haben es getan, weil es Facebook gestattete, mehr über ihre Benutzer zu erfahren, und noch mehr Profite zu machen. Es ist Teil ihres Geschäftsmodells, und das muss sich ändern.“
– MdEP Sabine Lösing, friedenspolitische Sprecherin der Delegation: ‚Anwendung der Finanzierungsinstrumente der EU im Bereich der Außenbeziehungen: Halbzeitbewertung 2017 und künftige Struktur in der Zeit nach 2020‘, Debatte am Dienstag, 17. April 2018, ab ca. 20 Uhr:
„Die externen Finanzinstrumente sind die Gelder, mit denen ein Großteil der EU- Außenpolitik finanziert wird. Die einzelnen Instrumente haben verschieden Schwerpunkte, wie Nachbarschafts- und Entwicklungspolitik aber auch Menschenrechte und die Vorbereitung auf einen Beitritt in die EU. Aus unserer Sicht sind diese Finanzinstrumente generell falsch konzipiert – sie dienen vor allem den ökonomischen Interesse der EU und nicht dazu, tatsächlich Abhilfe für sozio-ökonomische Missstände in unserer Nachbarschaft und in der Welt zu schaffen. Besonders kritisch sehen wir das sogenannte Instrument für Stabilität und Frieden (IcSP) und das aus zwei Gründen:
Zum einen wurde im vergangenen Jahr der Geltungsbereich des IcSP verändert und die Öffnung des eigentlich zivilen und entwicklungspolitischen Instruments für militärische Zwecke ermöglicht. Damit sollen künftig auch sogenannte Maßnahmen der ‚Ertüchtigung‘ und die Ausrüstung von Partnerarmeen finanziert werden. Was de facto die endgültige Unterordnung von Entwicklungspolitik unter EU-Sicherheits- und Militärpolitik ist.
Zum zweiten ist das IcSP im Vergleich zu anderen Instrumenten jenes mit den schwächsten Kontrollmöglichkeiten und politischer Einflussnahme von EP-Seite. Nun wird auch noch nach 2020 eine Zusammenführung der Instrumente angedacht, was wir definitiv ablehnen, weil unter Berücksichtigung der jetzigen Situation und dem so genannten ‚strategischen Dialog‘ eine parlamentarische Kontrolle nicht vorstellbar ist. Das Parlament ist damit völlig von dem Prozess der Programmierung und den politischen Richtlinien ausgeschlossen – was es im erheblichen Umfang bereits ist.“
– MdEP Martina Michels, regionalpolitische Sprecherin der Delegation: ‚Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts in der EU‘, Debatte am Montagabend, 16. April 2018, ab ca. 21 Uhr, Abstimmung am Dienstag:
„Starke Position des EP zur Zukunft der Kohäsionspolitik: EU-Förder- und Investitionsfonds sollen auch nach 2020 und dem Brexit weiterhin allen Regionen offenstehen. Die europäische Politik zur Förderung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts (‚Kohäsionspolitik‘) ist konkrete EU-Solidaritätspolitik. Sie macht zu Recht mehr als ein Drittel des EU-Haushalts aus und muss weiter gestärkt werden: Die EU muss insgesamt sozialer und solidarischer werden. Kürzungen gefährden dagegen den Zusammenhalt in Europa. Dieses Signal muss in dieser Plenarwoche von Europaparlament an Kommission und Rat. Denn im Mai beginnen mit den Vorschlägen der Kommission die Verhandlungen über den mittelfristigen EU-Haushalt und die Struktur- und Investitionsfonds für die Zeit nach dem leider wahrscheinlichen Brexit. Die konkrete Erfahrung, dass die Mitgliedschaft in der EU zur Verbesserung und Angleichung der Lebensverhältnisse führt, kann in besonderem Maße dazu beitragen, dass Europa zusammenwächst. Kohäsionspolitik muss auch handhabbarer werden und positive Förderpolitik bleiben, statt als Zwangsinstrument betrachtet zu werden. Die meisten notwendigen Investitionen lassen sich zudem nur über öffentliche Zuschüsse und eben nicht durch marktförmige ‚Finanzinstrumente‘ sinnvoll voranbringen – etwa Investitionen in soziale und materielle Infrastruktur, Bekämpfung von Armut und Ausgrenzung, in eine Energiewende, oder auch in regionale und innovative wirtschaftliche Entwicklung.“
– MdEP Martina Michels, medienpolitische Sprecherin der Delegation: ‚Gleichstellung von Frauen in Medien‘, Debatte am Montagabend, 16. April 2018, ab ca. 20 Uhr:
„Mit der 4. Weltfrauenkonferenz in Peking 1993 wurden zwei Aufgaben klar formuliert: Es sollte weltweit um eine ausgewogene, professionelle Beteiligung von Frauen in der Medienproduktion gehen – bei Nachrichten, am Set, in der Regie oder der Sendeleitung und Verwaltung. Andererseits sollte es überall um eine Veränderung von tradierten Frauenbildern, um eine Beendigung von herabwürdigenden oder sexistischen Darstellungen von Frauen gehen. Erreicht ist nach 25 Jahren erschreckend wenig: Nur vier Prozent der Nachrichtenbeiträge sind frei von stereotypen Darstellungen von Frauen. Der Frauenanteil in der Newsproduktion liegt gerade mal bei 24 Prozent und nur in 37 Prozent der Online- und Offline-Nachrichten werden von Frauen berichtet. Das ganze Dilemma ist seit Jahrzehnten unverändert. Der Bericht, der Montagabend diskutiert wird, schaffte es nicht einmal in den Kultur-Ausschuss (CULT), obwohl dort ansonsten Medien umfassend verhandelt werden. Das macht ihn nicht weniger wichtig, im Gegenteil. Doch ob er am Ende mehr sein wird, als der x-Hinweis auf eine unerträgliche Situation?“
– MdEP Martin Schirdewan, finanzpolitischer Sprecher der Delegation: ‚Verhinderung von Missbrauch des Finanzsystems für Zwecke der Geldwäsche zur Terrorismus-Finanzierung‘, Debatte am Mittwoch, 18. April 2018, ab ca. 16 Uh:
„Geldwäsche ist und bleibt ein drängendes und großes Problem innerhalb der EU. Das haben nicht zuletzt die Geldwäsche-Skandale im Bankensektor wieder unterstrichen. Auch Deutschland versagt kläglich im Kampf gegen das organisierte Verbrechen. Nicht nur die Gesetzgebung in der Bundesrepublik ist in diesem Bereich löchrig wie ein schweizer Käse, sondern es fehlt auch noch massiv an Personal und Ausstattung. Über 31.000 Geldwäsche-Verdachtsanzeigen sind seit Sommer 2017 nicht bearbeitet worden – das entspricht 78 Prozent aller Anzeigen. Die Überarbeitung der Geldwäscherichtlinie bringt einige wichtige Verbesserungen im Kampf gegen schmutziges Geld. So sollen beispielsweise öffentlich zugängliche Register wirtschaftlicher Berechtigter von Unternehmen eingeführt werden. An anderen Stellen bleibt sie aber auch hinter den Erwartungen zurück. So wird es kein solches Register für Trusts und Stiftungen geben. Gerade diese werden allerdings gerne von Steuertrickser*innen und Gauner*innen für ihre Spielchen verwendet. Der Kampf um Steuergerechtigkeit geht also weiter.“
– MdEP Martin Schirdewan, finanzpolitischer Sprecher der Delegation: ‚Debatte mit dem Präsidenten Frankreichs, Emmanuel Macron, zur Zukunft der Europäischen Union‘, Dienstagvormittag, 17. April 2018, ab 10 Uhr:
„Am Dienstag wird der französische Präsident Emmanuel Macron im Parlament in Straßburg erwartet. Nach seiner letztjährigen Pariser Rede wird er nun dem Europäischen Parlament seine Sicht auf Europas Zukunft aufzeigen: Mehr Zugriffsrechte der EU in der Finanzpolitik, ein überstarker EU-Finanzminister. Doch wenn Monsieur Macron seine Vision von Europa zeichnet, hat er bislang zwar Ideen zur Stabilisierung der Eurozone präsentiert, aber noch keine soziale Entwicklung aufgezeigt. Europa ist jedoch nicht nur eine Verwaltungseinheit, die einen Finanzmarkt und die Konzerne retten soll. Deswegen werden wir nächste Woche im Parlament eine politische, linke Antwort für die Bevölkerung Europas auf Macrons Vorschläge geben.“
– MdEP Helmut Scholz, handelspolitischer Sprecher der Delegation: ‚Stellungnahmen von Rat und Kommission: Schlussfolgerungen des Europäischen Ratstreffens vom 22. und 23. März‘ (Key Debate): Mittwoch, 18. April 208, ab 8:30 Uhr:
„Nicht vor Trumps Karren spannen lassen. Im Beschluss des Rates liegt eine gewisse Schizophrenie: Trumps Strafzölle auf Stahl und Aluminium werden kritisiert und eine Reaktion in Übereinstimmung mit den WTO-Regeln wird sich vorbehalten. Gleichzeitig wird gefordert, der Ausnahme für die EU dauerhaften Charakter zu verleihen und der Europäische Rat erklärt den Willen zu uneingeschränkter Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten. Wie kann der Rat unserer Regierungen die Verstetigung einer Ausnahme von rechtswidrigen Strafzöllen fordern? Heißt das in der Konsequenz, solange die EU ausgenommen bleibt, darf Trump den Rest der Welt mit Strafzöllen belegen?
Ein Grundprinzip der Rechtstaatlichkeit besteht in der Gleichheit aller vor dem Recht. Wir müssen bereit sein, gemeinsam mit allen weiterhin betroffenen Ökonomien vor der WTO gegen die rechtswidrigen Strafzölle der USA zu klagen. Es ist völlig unangebracht, Trump vorauseilend Nibelungentreue zu schwören, wenn der Mann in einem Wahljahr zum Handelskreuzzug gegen China aufruft. Das liegt nicht im europäischen Interesse. Das liegt nicht im Interesse einer gerade gegenwärtig so notwendigen Verrechtlichung internationaler politischer wie wirtschaftlicher Beziehungen und Zusammenarbeit. Im Gegenteil: jetzt muss die EU gegenüber China und anderen Partnerstaaten nachweisen, dass Gleichheit vor dem Recht für uns und unsere Unternehmen ein hohes Gut ist.“