Vorschau auf die Plenarwoche des Europäischen Parlaments

16. – 19. September 2019, Straßburg

 

MdEP Martin Schirdewan, Ko-Vorsitzender der EP-Linksfraktion GUE/NGL:
Key Debate: ‚Stellungnahme von Rat und Kommission: Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU‘ (Brexit)
Aussprache am Mittwochmorgen, 18. September 2019, ab 9:00 Uhr

„Boris Johnson sucht offensichtlich den Crash-Out-Brexit um ein Freihandelsabkommen durchzusetzen, das auf der einen Seite soziale Standards und Umweltschutz verschlechtert und auf der anderen Seite Steuerdumping Tür und Tor öffnet. Was für ein Irrweg. Anstelle dessen gilt es jetzt, soziale Rechte zu schützen und ein Wiederaufflammen des irischen Bürgerkrieges – also den Hard-Brexit – zu vermeiden. Alles andere ist unverantwortliche Politik“

MdEP Martina Michels, Sprecherin der Delegation und MdEP Özlem Alev Demirel, Mitglied der Delegation für die Beziehungen zur Türkei:
‚Selahattin Demirtaş vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte‘
Anhörung am Mittwochmorgen, 18. September 2019, ab 9:15 Uhr

„Am 4. November 2016 wurde Demirtaş vom zweiten Friedensrichter in Diyarbakır in Untersuchungshaft genommen, nachdem ihm die Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation vorgeworfen wurde. Demirtaş, seit 2007 Mitglied der Türkischen Nationalversammlung, zog als Vorsitzender mit der HDP 2015 erneut ins Parlament ein und verhinderte die wiederholte absolute Mehrheit der AKP. Dies war für eine Kriminalisierung seiner politischen Tätigkeit ausreichend. Die Umstände seiner Verhaftung sind inzwischen mehrfach in Straßburg verhandelt worden. Dem weiterführenden Prozess am Mittwoch kommt jedoch eine veränderte Bedeutung zu, da am 2. September – wenn auch aus formalen Gründen – ein türkisches Gericht die Freilassung Demirtaş ausurteilte, wogegen die Staatsanwaltschaft sofort in Berufung ging.
Wir werden den Prozess unmittelbar verfolgen und hoffen auf ein großes Echo für die Rechte der politischen und gesellschaftlichen Opposition in der Türkei, sowohl für die ehemalige Co-Vorsitzenden Figen Yügsekdag, als auch für weitere Oppositionspolitiker*innen, Journalist*innen und Wissenschaftler*innen.“

MdEP Martina Michels, medienpolitische Sprecherin der Delegation
‚Stellungnahmen von Rat und Kommission: Fehlinformationen und Einflussnahme aus dem Ausland auf nationale und europäische Wahlen‘
Debatte am Dienstagnachmittag, 17. September 2019, ab 15:00 Uhr

„Wir brauchen eine Debatte darüber, dass systematisch ‚Fakenews‘ produziert, BOT-Angriffe geführt, unseriöse Hochrechnungen präsentiert oder oppositionelle, politische Meinung ausgebremst werden. Manipulative Eingriffe in Medienfreiheit und Meinungsbildung verstärken einerseits das Misstrauen in die Demokratie und eine undurchschaubare Mediokratie. Andererseits werden Standards eines investigativen Journalismus belastet, die wichtiger Teil einer offenen und fairen demokratischen Debatte sind. Unter anderem beim Brexit-Votum gab es technologie-gestützte Eingriffe durch ‚Cambridge Analytica‘ oder durch Algorithmen großer sozialer Netzwerke. Wenn private Interessengruppen ohne Regeln in den Raum politischer Öffentlichkeit eingreifen, muss Politik die Regeln des demokratischen Dialogs anpassen. Sonst kommen rechtsstaatliche Prinzipien wie Informationsrechte für alle unter die Räder.“

MdEP Özlem Alev Demirel, friedenspolitische Sprecherin der Delegation:
Dringlichkeitsresolution zur Lage in der Türkei, insbesondere die Absetzung von gewählten Bürgermeister*innen‘
Debatte am Donnerstagmorgen, 19. September 2019, ab 9:00 Uhr

„Am 19. August wurden die gewählten Oberbürgermeister der Städte Diyarbakır (Adnan Selçuk Mızraklı), Mardin (Ahmet Türk) und die Oberbürgermeisterin von Van (Bedia Özgökce Ertan) durch die türkische Regierung abgesetzt.
Mit der Absetzung der Oberbürgermeister*innen hat Präsident Erdoğan deutlich gemacht, dass er die Kommunalwahlergebnisse nicht akzeptieren will. Wir fordern die türkische Regierung auf, die Repression gegen Mitglieder der HDP und auch der CHP zu beenden, das Wahlergebnis der Kommunalwahlen zu akzeptieren und von einer erneuten Runde der Repressionen gegen die Opposition in der Türkei abzusehen.
Wir haben einen Protestbrief an die türkische Regierung initiiert, der von 48 Abgeordneten des EPs unterzeichnet wurde.
Mit dieser Initiative soll fraktionsübergreifend ein Zeichen gesetzt werden, denn zu einer lebhaften Demokratie gehört, dass auch die Opposition ihre Meinung äußern und ihre Mandate wahrnehmen kann. Dies scheint immer mehr bedroht!“

MdEP Cornelia Ernst, energiepolitische Sprecherin der Delegation:
‚Stellungnahmen von Rat und Kommission: Die gemeinsame Position der EU im Vorfeld des UN Climate Action Summits in New York‘
Debatte am Dienstagmorgen, 17. September 2019, ab 9:00 Uhr

„In ihrer Mitteilung vom 11. September 2019 schreibt die Europäische Kommission, dass sie höchstwahrscheinlich ohne das konkrete Ziel einer klimaneutralen EU bis 2050 zum UN-Sondergipfel nach New York fahren wird – eine Mehrheit der Mitgliedstaaten spricht sich zwar für Klimaneutralität bis 2050 aus, aber eben nicht alle. Die Bürger*innen der EU hingegen haben die Zeichen der Zeit erkannt: In einer jüngsten Eurobarometer-Umfrage sagten 93 Prozent, dass sie den Klimawandel für ein ernstes Problem halten. Wir fordern einen Green New Deal, um endlich die sozial-ökologische Wende zu schaffen!“

MdEP Helmut Scholz, handelspolitischer Sprecher der Delegation:
‚Stellungnahmen von Rat und Kommission: Waldbrände im Amazonasgebiet‘
Aussprache am Dienstagnachmittag, 17. September 2019, ab ca. 16:00 Uhr

„Für die Brandrodungen im Amazonas-Gebiet wirkt die Aussicht auf mehr Exporte von Futter-Soja und Rindfleisch durch ein künftiges Freihandelsabkommen zwischen der EU und dem Mercosur wie ein Brandbeschleuniger. Bolsonaro kam mit der Unterstützung der brasilianischen Rinderbarone an die Macht, die nun ihren Preis einfordern. Einige verweisen darauf, dass sich Brasilien doch im EU–Mercosur-Handelsabkommen dazu verpflichten würde, den Regenwald zu schützen und wir das Abkommen deshalb schnell beschließen müssten. Ich bezweifle allerdings den Wert der Verpflichtungen eines Mannes wie Bolsonaro in Bezug auf Umweltschutz und Achtung der Menschenrechte. Wenn die EU-Kommission die Drohung mit Konsequenzen für einen Verstoß gegen die Verpflichtungen aus dem Kapitel Handel und nachhaltige Entwicklung ernst meint, müsste sie die Aussetzung des Abkommens am ersten Tag seines Inkrafttretens beantragen. Anstelle dieses konventionellen Freihandelsabkommens, brauchen wir ein Kooperationsabkommen mit allen Amazonasländern, das eine Einnahmequelle für die einheimische Bevölkerung und den Erhalt und Schutz des Waldes schafft.“