Unsere Schwerpunkte für die Plenarwoche vom 23. – 26. Oktober 2017, Straßburg

MdEP Gabi Zimmer, Vorsitzende der EP-Linksfraktion GUE/NGL: ‚Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 19./20. Oktober & Vorstellung der Leaders‘ Agenda‘ (Key Debate), Dienstag, 24. Oktober 2017, ab 9 Uhr

„Die Staats- und Regierungschefs im Rat wollen die EU weiter vor Menschen auf der Flucht abriegeln. Dafür unterstützen sie die italienische Regierung, die Steuergelder an Milizen und Verbrecher in Libyen zahlt, damit sie Geflüchtete gewaltsam von der EU fernhalten. Menschenrechte und internationale Verpflichtungen spielen keine Rolle mehr. Die Gefahr für das Leben der Betroffenen in den menschenunwürdigen Lagern in Libyen wird verschwiegen. Die EU betont, dass die Zahl der Toten im Mittelmeer zurückgeht, aber von den Tausenden Toten in der libyschen Sahara sprechen die Regierenden nicht.

Wir brauchen legale und sichere Wege in die EU für eine ausreichend hohe Anzahl Geflüchteter. Wir brauchen eine Reform der Asylpolitik, die auf solidarische Zusammenarbeit setzt und unsere südeuropäischen Partner nicht länger alleine lässt. Davon ist der Rat kilometerweit entfernt.“

„Die geplante Militär- und Verteidigungsunion ist in erster Linie ein riesiges Konjunkturprogramm für europäische Rüstungs- und Überwachungskonzerne. Diese wollen noch mehr Waffen in die Welt exportieren. Dafür werden Milliarden Euro Steuergeld in die Forschung für neue Waffen gesteckt, die dann mit weiteren Milliarden den Konzernen abgekauft werden. Die große Mehrheit der Europäer*innen hat nichts davon. Denn die Milliarden für das Militär fehlen für die soziale Sicherheit der Europäer*innen. Diplomatie und Konfliktprävention schaffen Sicherheit und Frieden, nicht Aufrüstung und Militär.“

„Die Brexit-Verhandlungen laufen schleppend, weil die britische Regierung mehr mit internen Querelen beschäftigt ist, als mit der Zukunft britischer und europäischer Bürger*innen. Theresa May muss endlich konkrete und detaillierte Vorschläge unterbreiten. Wir erwarten, dass der Rat klar festlegt, was er unter ‚ausreichenden Fortschritten‘ bezüglich der drei Prioritäten Bürgerrechte, Status von Nordirland und Scheidungskosten versteht. Ansonsten kann es keine Verhandlungen über die Nach-Brexit-Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien geben. Langsam wird die Zeit knapp, den Schaden hätten alle Bürger*innen.“

 

MdEP Cornelia Ernst, Sprecherin der Delegation: ‚Einrichtung eines Erfassungssystems, um Ein- und Austrittsdaten von Drittstaat-Angehörigen bei Übertritt der EU-Außengrenze zu registrieren‘, Debatte am Mittwoch, 25. Oktober 2017, ab 9 Uhr:

„Nachdem vor wenigen Wochen der Europäische Gerichtshof (EuGH) das Fluggastdaten-Abkommen (PNR) der EU mit Kanada abgelehnt hat, ist stark zu bezweifeln, dass das geplante europäische Entry-Exit-System (EES) mit der Grundrechtecharta vereinbar ist. Wir als EP-Linksfraktion sind gegen diese Form von Vorratsdatenspeicherung von Reisenden, die keinen nachweisbaren Nutzen hat, aber Millionen von Euro kosten wird.“

 

MdEP Sabine Lösing, friedenspolitische Sprecherin der Delegation: Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2018‘, Debatte am Dienstag, 24. Oktober 2017, ab ca. 15:00 Uhr; Abstimmung am Mittwoch, 25. Oktober 2017

„Die europäische Militärunion nimmt Gestalt an – es wird konkret. Die derzeitigen Vorschläge der Europäischen Verteidigungsunion, wie zum Beispiel die gemeinsame Verteidigungsforschung, sind besorgniserregend. Wir lehnen die im Haushaltsplan 2018 vorgeschlagene Erhöhung der Mittelzuweisung für die vorbereitende Maßnahme zur Verteidigungsforschung und das dazugehörige Pilotprojekt, sowie die Verwendung des EU-Haushalts für militärische Implikationen ab. Denn das bringt vor allem die lang angekündigte massive Unterstützung der EU-Rüstungsindustrie mit sich. Ich weise entschieden darauf hin, dass es Artikel 41(2) des EU-Vertrages verbietet, Maßnahmen mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen vom EU-Haushalt zu bezahlen. Wir warnen eindringlich vor dieser stetig schleichenden Militarisierung, durch welche auch immer mehr Entwicklungshilfegelder für Militärisches zweckentfremdet werden. So wie beim sogenannten ‚Instrument für Stabilität und Frieden‚. In unseren Änderungsanträgen haben wir stattdessen ausreichende Mittel für die zivile Konfliktlösung und -prävention und die finanzielle Untersetzung ziviler Maßnahmen gefordert, die zum Aufbau von Frieden, Entwicklung und Beseitigung der Armut beitragen.“

 

– MdEP Martina Michels, kultur- und medienpolitische Sprecherin der Delegation: ‘Zulässige Maßnahmen, um Whistleblower zu schützen, die im öffentlichen Interesse handeln’, Debatte am Montag, 23. Oktober, ab ca. 20 Uhr

„Der Bericht des Rechtsausschusses (JURI) zum Whistleblowerschutz wird in dieser Woche im Parlament vorgestellt und abgestimmt. In der Stellungnahme des Kulturausschusses (CULT) zu diesem Bericht stand naturgemäß besonders der Quellenschutz und die Lage von Journalistinnen und Journalisten in Fokus. Angesichts des erschütternden Mordes an der Journalistin Daphne Caruana Galizia, die zu den Panama Papers recherchierte, ist die europaweite Regelung eines umfassenden Schutzes von Hinweisgebern erneut in der Debatte. Letztlich geht es um einen wirksamen Schutz und einen ganzheitlichen Beistand, neben der anwaltlichen Vertretung, um weiterhin Medienfreiheit auch im Herzen der EU garantieren zu können. Whistleblowerschutz ist nicht allein eine juristische Angelegenheit. Eine Sensibilisierung für die engagierten Vor- und Zuarbeiten für eine rechtsstaatliche Aufarbeitung von Korruption, Missständen in Unternehmen und im Bankensektor ist immer auch eine Aufgabe der gesellschaftlichen Öffentlichkeit in Politik und Medien.“

Martina Michels war Shadow Rapporteur für die Opinion des CULT-Ausschusses.

 

Resolution des Europäischen Parlaments: ‚Reflexionspapier über die Zukunft der EU-Finanzen‘, Abstimmung am Dienstag, 24. Oktober 2017 (Debatte fand bereits am 4. Juli 2017 statt):

„Dem sozialen Zusammenhalt, der Angleichung und Verbesserung der Lebensbedingungen in und zwischen Regionen und Mitgliedstaaten der EU muss oberste Priorität eingeräumt werden. Deshalb fordert die Linksfraktion GUE/NGL, die Rolle der EU-Kohäsionspolitik im künftigen Haushaltsrahmen wieder zu verstärken. Bereits in den beiden vorangegangenen Haushaltsperioden 2007-2013 und 2014-2020 wurden die Haushaltlinien für soziale und territoriale Kohäsion, nachhaltige Entwicklung und Schutz der natürlichen Ressourcen gekürzt. Zugleich wurde begonnen, die Auszahlung der Fördermittel an die Regionen zunehmend an Haushaltsdisziplin der Mitgliedstaaten und ‚Strukturreformen‘ zu koppeln. Die EU-Kommission wie auch die Regierungen der Mitgliedstaaten sehen die europäische Regional- und Förderpolitik schon lange als Selbstbedienungsladen für ‚neue‘ Prioritäten. Im Zukunftspapier zu den EU-Finanzen nehmen denn auch 4 von 5 Szenarien Kürzungen bei der Solidarität in Kauf. Stattdessen soll nun ganz offen und massiv in Sicherheitspolitik, Verteidigungsfähigkeit und Verteidigungsforschung investiert werden. Das Europaparlament muss sich diesen Trends entgegenstellen.“

 

Resolution des Europäischen Parlaments: Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2018‘, Debatte am Dienstag, 24. Oktober 2017, ab ca. 15:00 Uhr; Abstimmung am Mittwoch, 25. Oktober 2017:

„Der EU-Haushalt reflektiert die politischen Prioritäten der EU. DIE LINKE. im Europaparlament fordert, dass gute Arbeit, nachhaltiges Wirtschaften, Klimaschutz und Solidarität in und zwischen den Regionen und Mitgliedstaaten im Zentrum europäischer Politik stehen. Wachsende Instabilität und Verunsicherung in und außerhalb der Union erfordern einen neuen Ansatz hin zu mehr Ausgleich, besserer Integration, friedlichem Zusammenleben, Konfliktlösungen und -vermeidung, sowie effektivem Schutz von Menschen- und Bürgerrechten. Kürzungsbestreben der Mitgliedstaatenregierungen in diesen Bereichen lehnen wir ab. Die Finanzierung militärischer Projekte aus dem EU-Haushalt muss ausgeschlossen bleiben. Für die Bewältigung zusätzlicher Herausforderungen müssen neue Gelder zur Verfügung stehen. Sie könnten aus der Besteuerung multinationaler Konzerne, einer CO2-Steuer, Finanztransaktionssteuern und weiteren Eigenmitteln generiert werden.“

 

– MdEP Helmut Scholz, handelspolitischer Sprecher der Delegation: ‚Handel mit Australien und Neuseeland‘, Debatten am Mittwoch, 25. Oktober 2017, ab ca. 17 Uhr

„Und noch ein Freihandelsabkommen soll kommen. Diesmal mit Australien und mit Neuseeland. Und wieder wird es heißen: wir müssen unseren Partner bei der Öffnung unseres Agrarmarktes mit einer großzügigen Geste entgegenkommen, damit wir für unseren vorrangigen Wirtschaftsinteressen im Export von Industriegütern und Finanzdienstleistungen Verhandlungserfolge erzielen können. Das wurde beim CETA-Abkommen mit Kanada gesagt. Das wird aktuell bei den Verhandlungen mit den vier MERCOSUR-Staaten gesagt, mit Chile, mit Mexiko, mit Südostasien. Jedes Mal wird eine bestimmte Quote für Einfuhren vereinbart. Einzeln noch erträglich, addieren sich all diese Quoten am Ende zu einem Volumen, das insbesondere die kleineren Agrarbetriebe in Europa durch Niedrigpreise zur Aufgabe zwingen wird. Zumal nun wohl auch noch Quoten von den scheidenden Briten übernommen werden müssen. Konservative und Liberale haben im Ausschuss für Internationalen Handel (INTA) alle vom Agrarausschuss (AGRI) gestellten Änderungsanträge weggestimmt. Das Abkommen möge den Wettbewerb im Agrarbereich zugunsten der Verbraucher stärken. Die Linksfraktion will gesunde Produktion und ländliche Räume als Kulturgut schützen und wird gegen die vorgeschlagenen Resolutionen stimmen, da die Mandate für Freihandelsabkommen mit Australien und Neuseeland Europas Landwirte gefährden.“

Plenarfokus Oktober II 2017 (PDF)PDF-Datei