Europaabgeordnete beim Teleworking
Europaabgeordnete beim Teleworking

Beschlüsse des EP-Plenum im Überblick – REGI-Ausschuss tagt am Montag

In zwei arbeitsreichen, für die meisten Europaabgeordneten rein online abgehaltenen Plenartagen wurde in dieser Woche nicht nur eine, leider aus unserer Sicht der Lage nicht ausreichend entsprechende, Resolution über Maßnahmen der EU zur Bekämpfung der COVID‑19-Pandemie und ihrer Folgenangenommen. Martina Michels kommentierte: „COVID-19: EP schickt Krankenwagen ohne Rettungspersonal

Parlament und Rat haben auch erneut EU-Vorschriften angepaßt, um den EU-Mitgliedstaaten sofortigen Zugang zu EU-Mitteln zur Bekämpfung der Pandemie und ihrer Folgen zu ermöglichen. Nachdem bereits Mitte März die ersten Unterstützungsmaßnahmen vom Plenum angenommen worden waren, war schnell klar, dass diese nicht ausreichten, um die negativen Auswirkungen von COVID-19 und die damit verbundenen sozioökonomischen Kosten zu bekämpfen. Daher standen die zuständigen Fachausschüsse des Europaparlaments in ständigem Kontakt mit Vertretern der Kommission und des Rates.

 

Am 30. März führten die Koordinatoren des Ausschusses für regionale Entwicklung per Videokonferenz mit der EU-Kommissarin für Zusammenhalt und Reformen, Elisa Ferreira, einen Meinungsaustausch durch, bei dem weitere Änderungen vorgeschlagen wurden, um das Kriseninvestitionspaket besser für die Mitgliedstaaten und Regionen besser nutzbar zu machen. Zu diesem Zwecke werden die geltende Strukturfonds-Rahmenverordnung und die Verordnung über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) geändert. Der Vorschlag wurde mit 689 Ja-Stimmen bei 6 Nein-Stimmen und 1 Enthaltung angenommen.

 

Ein Großteil der Vorschläge der Abgeordneten des Ausschusses für regionale Entwicklung fanden Berücksichtigung:

  • Transfers können jetzt zwischen den drei kohäsionspolitischen Fonds (Europäischer Fonds für regionale Entwicklung, Europäischer Sozialfonds und Kohäsionsfonds) stattfinden;
  • Auch zwischen den verschiedenen Kategorien von Regionen können Mittelübertragungen stattfinden können;
  • Die Regionen sind von der Maßgabe befreit, Geld bestimmten Prioritäten zuzuweisen (thematische Konzentrationsanforderungen);
  • Die Mitgliedstaaten können ausnahmsweise und vorübergehend eine 100% ige Finanzierung für kohäsionspolitische Programme im Rechnungsjahr 2020-2021 beantragen.
  • Im Zusammenhang mit der Programmumsetzung und -prüfung werden vereinfachte Verfahren angewandt.

 

Neuregelungen werden es zudem einfacher machen, die im Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) verfügbaren Mittel zur Finanzierung von Maßnahmen zu verwenden, die den EU-Landwirten bei der Bewältigung der Auswirkungen des COVID-19-Ausbruchs helfen sollen. Sie werden:

  • Darlehen oder Garantien im Wert von bis zu 200.000 € zu sehr niedrigen Zinssätzen oder günstigen Zahlungsplänen für Landwirte zur Deckung ihrer Betriebskosten einführen;
  • die Umverteilung nicht genutzter Mittel für die ländliche Entwicklung zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Krise in ländlichen Gebieten ermöglichen;
  • Bürokratieabbau durch zeitliche Verschiebung der Berichtspflichten und Erleichterung der Änderung von Programmen zur Entwicklung des ländlichen Raums begünstigen.

 

Spezifische Maßnahmen zur Abschwächung der Auswirkungen des COVID-19-Ausbruchs soll es auch für den Fischerei- und Aquakultursektor geben, die Arbeit daran oblag dem Fischereiausschuss. Das zusätzliche Paket zur Änderung des Europäischen Seeverkehrs- und Fischereifonds (EMFF) und der gemeinsamen Organisation der Märkte für Fischerei- und Aquakulturerzeugnisse (GMO) umfasst:

  • Unterstützung für Fischer in diesem Sektor, die aufgrund der Gesundheitskrise vorübergehend ihren Betrieb einstellen;
  • finanzielle Unterstützung für Aquakulturproduzenten, wenn die Produktion eingestellt oder reduziert wird;
  • Unterstützung der Erzeugerorganisationen bei der vorübergehenden Lagerung von Fischerei- und Aquakulturprodukten;
  • flexiblere Umverteilung der nationalen Betriebsmittel.

 

Eine Änderung der Vorschriften des EU-Fonds für Hilfen für die am stärksten benachteiligten Personen (FEAD), um sicherzustellen, dass Nahrungsmittelhilfe und materielle Hilfe weiterhin an die am stärksten bedürftigen Menschen geleistet werden können.

Die vorgeschlagenen Änderungen ermöglichen

  • die Finanzierung der Bereitstellung von Schutzausrüstung,
  • von Nahrungsmittelhilfe und materieller Basisunterstützung durch Gutscheine in digitaler und anderer Form
  • sowie eine vorübergehende 100%ige Finanzierung aus dem EU-Haushalt (anstatt 85%ige Kofinanzierung) und
  • eine vereinfachte Rechnungslegung und Rechnungsprüfung während der Pandemie.

Der federführende Ausschuss für Beschäftigung und Soziales des EP hatte vorab gemeinsam mit dem Rat vereinbart, dass anders als die Kommission vorgeschlagen hatte, Gutscheine nicht nur digital, sondern auch in anderer Form ausgestellt werden können. Die digitale Form schien geeignet zur Vermeidung von Kontakten und on Betrug oder Missbrauch (nämlich dem Verkauf) von Gutscheinen. Doch haben längst nicht alle benachteiligten Personen Zugang zu WIFI, PCs und Druckern. Die vorgeschlagenen Änderungen ermöglichen es weiterhin jedem Mitgliedstaat, die Maßnahmen an die Bedürfnisse der bedürftigsten Menschen anzupassen. Jedes Land hat unterschiedliche Programme und Prioritäten.

 

Mittels eines Nachtragshaushalts wird die EU den Gesundheitssektor mit voraussichtlich 3,08 unterstützen. Die erste Initiative soll es ermöglichen, dringende medizinische Hilfsgüter wie Masken und Beatmungsgeräte zu kaufen, medizinische Geräte und Patienten in grenzübergreifenden Regionen zu transportieren, die Einstellung von zusätzlichem medizinischem Fachpersonal zu finanzieren, das an Brennpunkten in der gesamten EU eingesetzt werden kann, sowie die Mitgliedstaaten beim Bau mobiler Feldkrankenhäuser zu unterstützen. Der Haushaltsausschuss des EP billigte den Vorschlag der Kommission das EU-Soforthilfeinstrument mit 2,7 Milliarden Euro und den Katastrophenschutz der EU „rescEU“ mit 380 Millionen Euro aufzustocken.

 

Ein zweiter Nachtragshaushalt umfasst zusätzliche Mittel für das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (3,6 Millionen Euro), aber auch zur Unterstützung Griechenlands bei der Bewältigung akuten Lage in den Flüchtlingslagern (350 Millionen Euro) und zur Unterstützung des Wiederaufbaus Albaniens nach einem Erdbeben (100 Millionen Euro).

Der Ausschuss für regionale Entwicklung tagt am Montag, 20. April 2020 um 15h.

In dieser Sondersitzung diskutieren die Regionalpolitiker*innen des EP mit Valdis Dombrovskis (Vize-Exekutivpräsident der Kommission) und Elisa Ferreira (Kommissarin für Kohäsionspolitik und Reformen) über veränderte und gestiegene Anforderungen an den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) und die Kohäsionspolitik bei der Bekämpfung der Covid19-Krise und beim Wiederaufbau. 

Es ist absehbar, dass die Krise die sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Ungleichgewichte vertiefen und die Erholung von der Krise nicht leicht werden wird. Die Kommission hat daher angekündigt, in den kommenden Wochen einen neuen MFR-Vorschlag auf den Tisch zu legen.

Außerdem sind weitere Änderungen an den Strukturfonds möglich und nötig eine Debatte um die richtige Strategie, wie die Kohäsionspolitik im Zusammenspiel mit den weiteren Prioritäten der EU wie dem Europäischen Green Deal,  dem Just Transition Fund, Nachhaltigkeitsstrategien, der Sozialen Säule … gestaltet werden sollte. 

Abstimmen wird der REGI-Ausschuss über seine Stellungnahme zu den geplanten „Übergangsvorschriften für die Unterstützung aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und dem Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) im Jahr 2021“.

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