Nochmal 5% weniger für EU-Struktur- und Regionalförderung?
Martina Michels: Schleichende Mittelübertragung von Kohäsionspolitik auf den großen Bruder von EFSI völlig falscher Ansatz
Im Ausschuss für regionale Entwicklung werden in diesen und den kommenden Wochen die zahlreichen Verordnungsvorschläge für die EU-Förderpolitik ab 2021 im Detail diskutiert. In vielen Bereichen ist das Europaparlament nicht zufrieden mit den Vorstellungen der EU-Kommission.
Die Kohäsionspolitik ist diejenige Politik der EU, die den Solidaritätsgedanken zwischen den Mitgliedstaaten und Regionen am konkretesten zum Ausdruck bringt. Sie ist das wichtigste Werkzeug der EU für wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt und eine langfristige Investitionspolitik im Zusammenwirken der europäischen, der nationalen, regionalen und kommunalen Ebenen.
Grundlegendes Unverständnis äußern Europaabgeordnete unterschiedlicher Fraktionen daher unter anderem dafür, dass die EU-Kommission vorsieht, die Mittel für alle Struktur- und Kohäsionsfonds 2021-20207 im Vergleich zum jetzigen Haushaltsrahmen um 10% zu kürzen.
Zusätzlich zu diesen Fonds zur Förderung der regionalen Entwicklung gibt es seit einigen Jahren den EFSI oder auch Juncker-Investitionsfonds genannt – in weiteren Teilen ein bankengestützter Garantiefonds für Investitionsvorhaben in risikoreiche Großprojekte, die nicht den strengen Qualitäts- und Transparenzkriterien der EU-Regionalförderfonds zu folgen braucht. Mehrfach hat Martina Michels zu davor gewarnt, den EFSI immer stärker als Ersatz für letztere anzusehen: „Die Kohäsionspolitik ist nicht die kleine Schwester des EFSI, ist kein Finanzinstrument, sondern eine Politik mit langfristig angelegter Zielstellung, nämlich der Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in der Union.“
Und doch: Die EU-Kommission hat im Mai 2018 nicht nur vorgeschlagen, die Mittel für EFSI unter dem neuen Namen „InvestEU“ dramatisch aufzustocken. Den Mitgliedstaaten wird nun auch noch freigestellt, zusätzlich 5% aller Zuweisungen aus Regionalfonds (in Ausnahmefällen gar noch ein höherer Prozentsatz) in den InvestEU zu überführen. Martina hatte dies gleich in ihrer ersten Reaktion auf die neuen Verordnungsvorschläge als völlig absurd kritisiert.
In dieser Woche wurde im Regionalausschuss der Entwurf einer Stellungnahme zum InvestEU vorgestellt, welcher dieses Vorhaben ebenfalls ablehnt. Die Berichterstatterin der Sozialdemokraten ist ebenso wie wir der Auffassung, dass dieses Schlupfloch die Mitgliedstaaten dazu anregen könnte, ihre Mittel aus Vorhaben der Kohäsionspolitik abzuziehen. Es ist natürlich viel einfacher ist, keine Bestimmungen für staatliche Beihilfen, soziale und Umweltziele, Transparenzkriterien usw. einhalten zu müssen. Das Ziel der Angleichung der Lebensverhältnisse und die regionalen Bedürfnisse könnten jedoch damit aus den Augen verloren werden. Der bereits veröffentlichte aber noch nicht im Ausschuss diskutierte Berichts-Entwurf zur Dachverordnung (bisher nur in englischer Sprache verfügbar) geht in diesem Punkt dieselbe Richtung, beide fordern, die Möglichkeit der Mittelübertragung durch die Mitgliedstaaten zu streichen. Die LINKE. im EP wird diesen Ansatz selbstverständlich unterstützen.