Im Europäischen Parlament haben die Staats- und Regierungschefs bzw. -Cheffinnen mittlerweile die Möglichkeit, über ihre Vorstellungen der künftigen EU mit den Abgeordneten des Europaparlaments zu diskutieren. In dieser Woche kündigte sich hierfür der französische Präsident Emmanuel Macron an, der sich am Dienstag an die Europaabgeordneten wandte. Martin Schirdewan, finanzpolitischer Sprecher der Delegation DIE LINKE, bekam keine Redezeit, deshalb hier eine Rede, die nicht gehalten werden konnte:

„Werte Kolleginnen und Kollegen,
Herr Präsident Macron,

wie heißt es im Neuen Testament: an ihren Taten sollt ihr sie erkennen.
Nun haben Sie uns in blumigen Worten ihre Vorstellungen von der Zukunft Europas mitgeteilt.
Was mich dabei irritiert, sind Ihre konkreten Taten, die so gar nicht mit dem Versprechen eines friedlichen und gerechten Europas übereinstimmen wollen.

In der zurückliegenden Woche hat sich das französische Militär auf Ihren Befehl hin an einem völkerrechtswidrigen Angriff auf Syrien beteiligt.
Und im Inneren befinden Sie sich in heftigen politischen Auseinandersetzungen mit Gewerkschaften und Studierenden, denen ich hier im Namen der europäischen Linken unsere bedingungslose Solidarität in ihrem Kampf um ihre sozialen Rechte aussprechen möchte.

Herr Präsident Macron, wir Linken wollen kein Europa des Sozialabbaus und der Privatisierung.
Wir wollen auch kein Europa, das seine Interessen mit militärischen Mitteln durchsetzt und in Kriege zieht.

Die europäische Linke kämpft stattdessen für ein friedliches Europa, das soziale Sicherheit verspricht, in der die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geschützt werden und in dem alle Menschen Zugang zu guter Bildung, Gesundheits- und Pflegeversorgung und ein menschenwürdiges Wohnen haben.

Danke.“
 

Nach der Rede von Macron kommentierte Martin Schirdewan Macrons Auftritt folgendermaßen:

„Monsieur Macron redet von dem schönen und friedlichen Europa. Macrons Bild von dem sonnigen Europa stimmt aber weder mit seinen Handlungen noch mit der Realität überein. Er betreibt Sozialabbau und fördert Privatisierungen, während Studierende und Gewerkschaften aus Protest dagegen Frankreich lahm legen. Seit vergangener Woche wissen wir sogar, dass er bereit ist, seine Ziele mit militärischen Mitteln durchzusetzen und in den Krieg zu ziehen.

Wenn es nach Monsieur Macron ginge, hätten wir schon längst eine europaweite Wirtschaftsregierung, die auch in das Steuerrecht eingreifen darf. Er wirbt für einen europäischen Finanzminister mit eigenem Haushalt. Es soll eine Europasteuer eingeführt werden, mehrere Prozent des BIPs der europäischen Staaten ausmacht. Auch in der Finanzpolitik sollen viele Rechte, die bisher in der Hand der einzelnen Mitgliedsstaaten lagen an die EU abgetreten werden.

DIE LINKE streitet dagegen für ein friedliches und soziales Europa: Wir fordern ein Ende der Kürzungs- und Spardoktrin, denn was wir benötigen sind öffentliche Investitionen in den sozial-ökologischen Umbau, in Infrastruktur und in Bildung. Wir benötigen dringend den Abbau der Handelsungleichgewichte. Wir setzen uns für den Schutz und Stärkung der Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerrechte ein und wollen sie nicht wie Monsieur Macron einschränken. Alle Menschen in Europa benötigen den Zugang zu guter Bildung, Gesundheits- und Pflegeversorgung und zu menschenwürdigem Wohnen. Europa geht nur sozial und international für die Menschen.“