Teurer Handel: CETA reißt Millionen-Loch in den EU Haushalt
In ihrer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage des Europaabgeordneten Helmut Scholz (DIE LINKE) hat EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström nun bestätigt, dass durch die nach CETA wegfallenden Zolleinnahmen aus dem Handel mit Kanada dem Eigenmittelhaushalt der EU jährlich 311.000.000 Euro fehlen werden. In parlamentarischen Anfragen an Handelskommissarin Cecilia Malmström erkundigte sich Helmut Scholz, handelspolitischer Sprecher der Linksfraktion GUE/NGL, nach den bisherigen Kosten der jeweiligen Verhandlungen um eine Freihandelszone zwischen der EU und Kanada (CETA), sowie zwischen der EU und den USA (TTIP). Zudem fragte er nach den durch CETA zu erwartenden Belastungen für den Eigenmittelhaushalt der Europäischen Union, der sich aus Zolleinkünften und einem geringen Anteil (1) an den Mehrwertsteuereinnahmen speist.
„Wenn CETA beschlossen und vollständig umgesetzt wird, verliert unsere Europäische Union durch die entgangenen Zolleinnahmen jährlich 311 Millionen Euro. Das bei einem Handelsvolumen der EU mit Kanada von etwa 30 Milliarden.“, erläutert Scholz die Antwort der Kommission. Doch neben Kanada verhandelt die EU-Kommission im Auftrag der Regierungen der Mitgliedstaaten derzeit noch über zwanzig weitere Abkommen.
„Das Handelsvolumen mit den USA ist heute etwa zehnmal größer, also werden auch die Einnahmeausfälle aus entgangenen Zöllen bei mindestens 3 Milliarden Euro liegen. Ähnliche Verhandlungen laufen derzeit mit Japan, mit dem MERCOSUR in Lateinamerika, mit Südostasiatischen Staaten, et cetera. Wer kann mir beantworten, wie diese Einnahmeausfälle kompensiert werden sollen? Sind die Mitgliedstaaten künftig bereit, den gemeinsamen Haushalt durch höhere Beiträge auszugleichen?“, fragt Scholz, der als Europaabgeordneter Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern vertritt.
„Wenn nicht, werden viele Milliarden für wichtige Projekte fehlen, die bislang aus dem europäischen Gemeinschaftshaushalt finanziert werden. Und dabei ist dieser gemeinsame Haushalt angesichts der stetig wachsenden Anforderungen an die EU in vielen Bereichen schon am Limit. Es ist also -auch mit Blick auf das Brexit Referendum- höchste Zeit, insgesamt in der EU über die Zusammensetzung des EU Haushalts, über die konkreten Einnahmen und Ausgaben, ihre Strukturen und Verwendungszwecke offen und ehrlich zu diskutieren. Dazu gehört dann auch das Kapitel Zolleinnahmen oder wirklich neue Eigenmittelaufkommen, wie z.B. durch entsprechende Nutzung des Erhebens einer Finanztransaktionssteuer – die obwohl vom Europäischen Parlament befürwortet, noch immer nicht auf den Weg gebracht ist.“
Die EU-Kommission drückt in ihrer Antwort die Erwartung aus, dass durch CETA das Bruttoinlandsprodukt der EU um 0,01 % steigen würde, was die Ausfälle und die Verhandlungskosten von mehr als 1 Million Euro rechtfertigen soll. „Bei einer Veränderung von 0,01 % nach oben oder unten ist nicht mehr wirklich messbar, ob CETA einen Anteil daran hatte. Wetterereignisse haben da wohl oft größere Wirkung.“, hält Scholz entgegen.
Zumal fast ein Drittel des Handelsvolumens EU-Kanada bislang im Handel Kanadas mit Großbritannien bestehen. Der Handelsexperte fordert einen Kurswechsel: „Für die ersten 12 Verhandlungsrunden zu TTIP hatten die Unterhändler bereits über 2,5 Millionen Euro verbraucht, heute ging Runde 14 zu Ende. Hinzu kommen immense Kosten für Werbung für Verhandlungen, die uns in Wahrheit schaden. Dieses Geld könnten wir besser einsetzen, wenn wir damit faire Handelsbeziehungen und Vereinbarungen über gute Arbeits- und Umweltbedingungen entlang der globalen Lieferketten fördern würden.“
[1] Im Finanzrahmen 2014 – 2020 sind das 0,15 % in Deutschland, Schweden, Niederlande und 0,3 % in den übrigen Mitgliedstaaten
Hintergrund:
Hier finden sich die Anfragen nach den Kosten von CETA und von TTIP, sowie die jeweiligen Antworten von Kommissarin Malmström im Namen der EU-Kommission zu CETA sowie zu TTIP