Debatte zum Bericht über Waffenexporte und die Umsetzung des Gemeinsamen Standpunkts (GASP)
Rede von Sabine Lösing in der Plenarsitzung in Straßburg am 13. November 2018:
Sabine Lösing, Berichterstatterin. –
„Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir können sagen, dass die Empörung über das todbringende Geschäft der Waffenexporte nie so groß war und auch nie so weit verbreitet war wie heute angesichts des Grauens im Jemen. Fregatten, Patrouillenschiffe, Artillerieortung und Bomben – vor allem aus Deutschland, Frankreich und Spanien – machen den Kindern im Jemen das Leben zur Hölle. Vielleicht sind gerade in diesem Augenblick wieder Krankenhäuser und Schulbusse Ziele der mörderischen Angriffe.
Neben den US-amerikanischen Konzernen liefern im Moment solche aus Europa fast die Hälfte des Kriegsgerätes in die Gebiete des Nahen und Mittleren Ostens. Wie kann das möglich sein? Es gibt doch ein Regelwerk, das Waffenlieferungen in Krisenregionen und in Länder, wo üble Menschenrechtsverletzungen auf der Tagesordnung stehen, verbietet. Wie kann das möglich sein? Wir haben doch den gemeinsamen Standpunkt mit seinen acht Kriterien, um Rüstungsexporte zu kontrollieren. Wie kann es da sein, dass Saudi-Arabien und die Arabischen Emirate aus Europa all die Waffen bekommen, die den Jemen-Krieg erst möglich machen, und die Seeblockade umsetzen – diese Seeblockade, die maßgeblich zu der humanitären Katastrophe führt, über die wir ja alle informiert sind? Wir haben den gemeinsamen Standpunkt, aber er kann auch nur dann wirklich gut sein, wenn er umgesetzt wird.
Ich bin nicht der Meinung, dass Rüstungsexporte notwendig sind, um die Stabilität von Staaten und Regionen zu garantieren. Da sind wir hier nicht alle der gleichen Ansicht. Und wir sind wohl auch nicht alle der gleichen Ansicht, ob und wie sehr die Profite der Rüstungsindustrie geschützt werden sollen. Es ist falsch, wie die volkswirtschaftlichen Positiveffekte der Rüstungsindustrie auch im Hinblick auf Arbeitsplätze übertrieben werden.
Doch auch bei all diesen Meinungsunterschieden sollten wir uns auf eine Gemeinsamkeit besinnen: Wer sich auf Menschenrechte, humanistische Werte, auf Frieden und Stabilität bezieht, muss alles Mögliche anstreben, damit der gemeinsame Standpunkt zur Kontrolle der Rüstungsexporte auch effektiv umgesetzt wird. Dazu gehört eine starke und gemeinsame Sprache, um die unterschiedliche Auslegung und Anwendung der Kriterien zu beenden, und besonders die Einleitung eines Sanktionsmechanismus. Es muss die Endverbleibskontrolle verbessert werden, und Lizenzproduktion darf nicht für die Umgehung der Exportkontrolle missbraucht werden. Auch wenn wir in meiner Fraktion schärfste Kritikerinnen und Kritiker der neuen EU-Rüstungsprogramme sind und den Verteidigungsfonds inklusive der sogenannten peace facility ablehnen, so begrüße ich, dass im Bericht doch Gemeinsamkeiten entwickelt werden, Programme wie EDIDP und Co. in parlamentarische Kontrollmechanismen zu integrieren.
Neu und erfreulich ist zudem die Ausweitung der Kriterien auf die Entsendung von Militär- und Sicherheitspersonal zu Ausbildungszwecken und einiges mehr. Und letztlich stößt dieser Bericht zum ersten Mal ein Programm für eine sozial verträgliche Konversion an.
Lassen wir mit diesem Bericht die gemeinsame Verantwortung obsiegen, und gehen wir weitere Schritte einer wirksamen Kontrolle der Rüstungsexporte, so wie überaus breite Teile der Bevölkerung es von uns verlangen.“
Schlussbemerkung zum Ende der Debatte als Berichterstatterin:
„Herr Präsident! Die meisten Kolleginnen und Kollegen haben die Notwendigkeit verdeutlicht, dass es eine stärkere Umsetzung des gemeinsamen Standpunkts geben muss, und haben dies mit verschiedenen unterschiedlichen, sehr griffigen Beispielen dargelegt.
Ich möchte noch mal daran erinnern, dass es ja in dieser Debatte und auch in diesem Bericht nicht um eine Debatte des gemeinsamen Standpunkts an sich geht. Deswegen möchte ich auch auf die Redebeiträge, die diesen gemeinsamen Standpunkt in Frage gestellt haben, gar nicht dezidiert eingehen. Ich möchte noch mal daran erinnern, dass es hier um einen technischen Bericht geht, um die Umsetzung eines gemeinsamen Standpunkts, der als solcher mehrheitlich in diesem Hause schon vor langer Zeit verabschiedet wurde.
Dass es eben Löcher gibt, das zeigt die Realität, und genau darum geht es in diesem Bericht, diese Löcher eben wirkungsvoll zu stopfen. Ich stimme Frau Schaake zu, dass wir hier keinen Zauberstab haben. Aber ich denke, wenn dieses Parlament wirklich diesem Bericht zustimmt, dann ist es ein starkes Signal. Ich denke, um die Worte von Herrn Hahn aufzugreifen, es ist dann eben auch ein starkes Signal an die nationalen Parlamente, ihre Hausaufgaben zu machen und bei sich die Exportlizenzen in Länder, die den gemeinsamen Standpunkt verletzen, nicht zu erteilen.
Ich bin sehr mit dem einverstanden, was der letzte Kollege sagte, was die Waffenlieferungen an die Türkei betrifft. Da möchte ich noch mal auf das eingehen, was Herr Carver gesagt hat – er ist jetzt nicht mehr da, aber ich denke, ihm ging es auch nicht um eine wirkliche Debatte, sondern darum, hier einige Positionen loszulassen. Ich denke nicht, dass diese Waffen in der Türkei, die sich jetzt gegen die multiethnischen Gruppen, die den IS bekämpfen, richten, dort unsere Arbeit machen. Das nun wirklich nicht, und auch nicht woanders!“