Strukturfonds sind kein Zwangsinstrument
Armutsfeste Mindestlöhne und Lohngleichheit müssen Gesetz werden
„Armutsfeste Mindestlöhne und Lohngleichheit müssen Eingang in die europäische Gesetzgebung finden“, kommentiert Martina Michels die französischen Vorschläge, bestimmte soziale Indikatoren zur Vorbedingung für die Auszahlung von EU-Strukturfondsmitteln zu machen.
„Wenn die Regierungen der Mitgliedstaaten die von ihnen soeben feierlich verkündete ‚Soziale Säule‘ ernst meinen, könnten sie zum Beispiel mit genau mit diesen beiden Projekten anfangen. Auch bin ich für einen stärkeren Fokus auf Projekte zur sozialen Kohäsion (sozialer Zusammenhalt), sozialer Infrastruktur und Dienste, statt zunehmender Konzentration auf Wettbewerbsfähigkeit im Rahmen der EU-Förderpolitik. Es wäre aber falsch, die europäischen Struktur- und Kohäsionsfonds zu einem Zwangsinstrument umzubauen, sie als Daumenschrauben für ausbleibende Lösungen in einer harmonisierten Sozialpolitik einzusetzen“, so die regionalpolitische Sprecherin der LINKEN. im Europaparlament weiter.
Bereits im September 2017 hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron vorgeschlagen, die Auszahlung von EU-Fördermitteln für die Regionalpolitik an die Anwendung eines Steuer-Korridors zur Unternehmensbesteuerung zu koppeln. Hierzu hatte sich Michels in ähnlicher Weise geäußert. Während des EU-Sozialgipfels in Göteborg legte er nun nach: Es könnte künftig ’soziale Indikatoren‘ geben, von denen die Auszahlung der Strukturfondsmittel abhängig zu machen seien: Die Anwendung eines Mindestlohns von 50% des Medianlohns und die Reduzierung der Unterschiede bei den Löhnen von Männern und Frauen.
Michels begrüßte, dass Macron außerdem die Aufstockung des Europäischen Sozialfonds, des Globalisierungsfonds und von Erasmus+ fordert, blieb jedoch dennoch skeptisch. „Ich hoffe, das wird auch Frankreichs Position bei den nächsten Verhandlungen zum EU-Haushalt sein. Außerdem wäre ein Politikwechsel, der den Erhalt von Betrieben und Umschulungen und Arbeitszeitverkürzungen statt Betriebsverlagerungen und Personalabbau befördert, wünschenswerter als lediglich die Einsatzfähigkeit des Globalisierungsfonds auszuweiten“, so Martina Michels abschließend.“
Die EP-Linksfraktion GUE/NGL hatte bereits im Vorfeld des Gipfels ein rechtsverbindliches soziales Aktionsprogramm, das neue hohe Sozialstandards im Primär- und Sekundärrecht verankert gefordert. Dazu gehören:
- Vertragsänderungen:
Die Kommission muss jetzt einen Vorschlag für ein soziales Fortschrittsprotokoll zu den EU-Verträgen vorlegen, mit dem soziale Grundrechte Vorrang vor den Freiheiten im Binnenmarkt bekommen. Gewerkschaften und EU-Parlament haben dies mit Nachdruck gefordert! - Änderung im EU-Sekundärrecht:
Die Kommission muss neue Richtlinien vorschlagen, um prekäre Beschäftigung im Zeitalter der Digitalisierung zu beenden und die öffentlichen sozialen Sicherungssysteme in den Mitgliedstaaten auf höchstem Niveau anzugleichen, darunter Richtlinien für armutsfeste Mindesteinkommenssysteme, einen EU-Rahmen für Mindestlöhne, den Lebensstandard sichernde öffentliche Rentensysteme, Arbeitslosen- und Pflegeleistungen. - Finanzierung:
Das nächste EU-Budget sollte zusätzliche Mittel für ein öffentliches Investitionsprogramm in Höhe von mindestens 2% des BIP der EU enthalten. Wir müssen endlich die durch die Spardiktate verursachte Dauerkrise beenden und zu sozial-ökologischem Wachstum zurückkehren, vor allem in den östlichen und südlichen Mitgliedstaaten.