Sabine Lösing, friedenspolitische Sprecherin der Delegation DIE LINKE. im EP, kommentiert den Ausgang des zweiten Wahlgangs der französischen Präsidentschaftswahlen:

„Emmanuel Macron hat Marine Le Pen den Weg in den Élysée-Palast vorerst versperrt. Doch heißt das, die nächsten fünf Jahre durchatmen zu können? Wohl kaum!“

„Wirft man einen Blick in sein Wahlprogramm, fällt es einem schwer, sich über seinen Sieg über Le Pen zu freuen. Es liest sich in weiten Teilen wie eine französische ‚Agenda 2010‘, inklusive einem Abbau von Arbeitsmarktregulierungen, dem Schleifen von Arbeitnehmer*innenrechten, sowie härtere und häufigere Sanktionierung von Arbeitslosen. Steuergeschenke für Reiche und Unternehmen fehlen natürlich auch nicht. Das ist sozialer Sprengstoff und Macron hat mit einem ‚Mitte-Links-Kandidaten‘, wie er hier zu Lande betitelt wird, soviel zu tun wie Le Pen mit ‚Refugees Welcome‘! Schafft es der Front National weiter, seinen Rassismus und Hass mit einem angeblichen für Engagement die kleinen Leute zu verschleiern, erwartet uns 2022 eine Präsidentin Le Pen.“

„Um das zu verhindern, stellen sich für uns als Linke zwei Aufgaben: Zum einen müssen wir Macron, dem Wunschkandidaten des Systems, der Banken und großen Konzerne, und seiner neoliberalen Politik entschlossen entgegentreten. Zum anderen müssen wir Le Pen und ihren Rassismus bekämpfen, sowie den rechten Angriff auf die Rechte von Minderheiten abwehren. Macron steht für eine Gesellschaft der Konkurrenz. Le Pen für eine Gesellschaft des Hasses. Wir stehen für eine Gesellschaft der Solidarität. Das gilt für Frankreich, als auch für Deutschland und Europa.“

„In dem zurzeit allgegenwertigen Scheinwiderspruch ‚liberal vs. rechtspopulistisch‘, müssen wir als Linke einen dritten Pol sichtbar machen. Inspiration finden wir dabei in der Kampagne des linken Präsidentschaftskandidaten Jean-Luc Mélenchons, mit der er bei den unter 35-Jährigen 30 Prozent der Wähler*innen in Frankreich für sich gewinnen konnte oder wie Didier Eribon in einem Artikel schrieb, im Mai 1968 in Frankreich: Damals streikten zehn Millionen Arbeiter*innen, es gab eine starke feministische Bewegung, Einwanderer*innen kämpften für ihre Rechte und die Kritik am Justiz- und Gefängnissystem wurde auf die Straße getragen. All diese Dinge zusammen waren und sind die Linke. Wollen wir wieder gewinnen, müssen wir die soziale Frage und die Rechte von Minderheiten zusammen erkämpfen, statt sie gegeneinander auszuspielen. Gespannt schaue ich deshalb auch auf die französischen Parlamentswahlen im Juni und wünsche Macron die nächsten fünf Jahre ordentlich Gegenwind von Links.“