Allgemeine Überarbeitung der Geschäftsordnung des Parlaments

Europaabgeordneter Helmut Scholz (DIE LINKE., EP-Linksfraktion GUE/NGL) in der Plenardebatte am 13. Dezember 2016 in Straßburg:

„Danke Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich hatte diese Debatte beantragt, da ich politisch nicht nachvollziehen kann, das Ergebnis von reichlich zwei Jahren Arbeit in der Arbeitsgruppe des Ausschusses und am Ende mehr als 1.400 Änderungsanträgen ohne Diskussion durchzuwinken.

Die Anzahl der Änderungsanträge im Ausschuss und letztlich auch wieder hier im Plenum zeigen, dass ein solcher Prozess dann am besten gelingt, wenn er inklusiv, in der Entwicklung und offen im Ergebnis ist. Das vorliegende Ergebnis wird von weiten Teilen des Parlaments aber deutlich kontrovers gesehen.

Trotz der großen Offenheit mit der die Arbeitsgruppe an die Arbeit gegangen ist, bin ich am Ende aber doch unzufrieden, nicht weil ich mich mit eigenen Sichten und Vorschlägen nicht durchsetzen konnte, sondern weil die Arbeit in wichtigen Fragen am Ende leider wieder zu einer Frage der Macht zwischen großen und kleinen Fraktionen wurde.

Die Geschäftsordnung soll unsere Hausverfassung sein, die unsere innere Demokratie regelt, im Rahmen derer wir unseren Pflichten als Parlament – als Kontrollorgan der Kommission und als Ko-Gesetzgeber neben dem Rat – nachkommen. Die Väter der großen Verfassungen in unseren Mitgliedstaaten haben sich nicht so kleinlich gegeben, sondern haben sich davon treiben lassen, Räume zu schaffen und sie nicht einzuengen, denn Demokratie lebt vom Atmen und wir alle lernen jeden Tag, nichts ist von Dauer und kann auf ewig abgesichert werden.

Natürlich sind Effizienz und Beschleunigung etwas, womit wir uns jeden Tag auch im Parlament konfrontiert sehen. Macht man sie aber zu den primären Zielen für unsere internen Regeln so läuft dieses letztlich dem Atmen und der Veränderung entgegen. Deshalb lehnen wir ab, die Rechte der einzelnen Abgeordneten zu beschneiden und dass kleinere Fraktionen in stärkere Regeln gepresst werden sollen. Ich hätte mir zum Beispiel gewünscht, dass man die Anzahl der Anfragen an die Kommission oder den Rat nicht nur versucht, arithmetisch zu reduzieren sondern vielmehr darüber – gemeinsam – nachdenkt, wie die Kompetenz des Parlamentes in diesem Bereich gestärkt werden kann und dies natürlich im Nachgang mit den Institutionen aushandelt.

So stärken wir das Parlament, die Arbeit unseres Plenums, der Fraktionen und in den Ausschüssen sowie die Rolle und Verantwortung jedes Abgeordneten für die EU und nicht umgekehrt.“