CETA-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts: „Gabriel auf die Verbindlichkeit seiner Äußerungen verpflichten“
Der Europaabgeordnete Helmut Scholz, Koordinator im Ausschuss für Internationalen Handel (INTA) für die GUE/NGL-Fraktion im Europaparlament, zur heutigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu CETA:
Das Bundesverfassungsgericht unterschätzt die realen Auswirkungen, die das Durchwinken von CETA für Deutschland, die Europäische Union und für Kanada haben wird. Das ist zugleich eine Signalwirkung für die zahlreichen Verhandlungen mit weiteren Ländern und Regionen der Erde, insbesondere aber auch für die TTIP-Verhandlungen.
Die Hauptverhandlung wird sicherlich deutlich machen, dass CETA ein Paradebeispiel für die neue Generation von Handelsabkommen ist, die weit über die Regelung von Zöllen für die Wareneinfuhr hinausgehen. Ich erwarte vom Bundesverfassungsgericht eine Befassung mit Fragen der Demokratie, die aus dem Abschluss derart weitreichender Abkommen entstehen, aber auch von Fragen der Organisation von Produktion und Handel in einer zunehmend global vernetzten und neue internationale Vereinbarungen erfordernden Welt. Fairer Handel und Reaktionen auf die technologischen Umbrüche in der Informationsgesellschaft und in der Organisation des wirtschaftlichen Alltages, erfordern gerade auch transparente Handelsvereinbarungen und demokratische Teilhabe der Menschen.
Es ist bemerkenswert, dass das Gericht der Bundesregierung strenge Auflagen gemacht hat, welche Aspekte von CETA nicht zur vorläufigen Anwendung kommen dürfen. Investitionsschutz, das Investitionsgericht, die Regelungen zu Arbeitsschutz, aber auch zu Portfolioinvestitionen will das Gericht nicht unter Umgehung der Zuständigkeit der Institutionen der Mitgliedstaaten zur Anwendung kommen lassen.
Die Behauptung von Minister Gabriel, er könne die provisorische Anwendung von CETA in Deutschland jederzeit unilateral stoppen, hält das Gericht, ebenso wie viele zivilgesellschaftliche Akteure, nicht für unstrittig. Daher hat es ihm auferlegt, exakt diese Lesart von Artikel 30.7 Absatz 3 des CETA Abkommens gegenüber allen Partnern völkerrechtlich verbindlich zu notifizieren.
Ich begrüße ausdrücklich, dass das Gericht die Notwendigkeit erkannt hat, Minister Gabriel auf die Verbindlichkeit seiner in der Verhandlung gemachten Äußerungen in der Entscheidung zu verpflichten. Bekanntlich ist der deutsche Wirtschaftsminister für große Flexibilität in der Ausrichtung seiner Aussagen bekannt.