EU-China-Gipfel: Verpasste Chance
Während des EU-China-Gipfels stellte die europäische Seite erneut Aspekte wie Investitionsschutz und „chinesisches Dumping“, insbesondere im Stahlbereich in den Mittelpunkt. “Damit ist abermals eine Chance vertan worden, die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen umfassend zu betrachten und auf eine langfristig tragfähige Basis zum beiderseitigen Nutzen zu stellen”, kommentiert Helmut Scholz, handelspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Europäischen Parlament.
Helmut Scholz weiter: „Bereits in ihrer Rede am Vorabend des Gipfels vor Studierenden der Pekinger University of International Business and Economics hatte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström zwar die Bedeutung des chinesisch-europäischen Handels hervorgehoben, zugleich aber die Marschrichtung vorgegeben: Besseren Marktzugang für europäische Unternehmen in China und Bekämpfung des ‚Dumpings‘. Damit hat sich die Europäische Kommission offensichtlich die Positionen von Lobbyverbänden wie dem europäischem Industrieverband AEGIS, der ‚Härte‘ gegenüber der chinesischen Seite forderte, zu eigen gemacht.“
„Wenn EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zum Abschluss des Gipfels Peking vor Dumping ‚warnt‘ und von der notwendigen ‚Verteidigung‘ der europäischen Stahlindustrie spricht, ist dies ein Rückgriff auf alte Konfrontationsmuster“, so der Abgeordnete. „Es kann nicht nur um vermutetes oder reales Dumping sowie Investitionsschutz gehen, sondern um ein Abkommen für fairen Handel und unter Berücksichtigung von Preis-, Sozial- und Umweltstandards. Was wir brauchen sind keine neuen Handelskonflikte, sondern die Korrektur von Fehlentwicklungen auf beiden Seiten – wie beispielsweise die seit Ausbruch der internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise gewachsenen Überkapazitäten, eine nachlassende Binnennachfrage gerade in der EU durch die Austeritätspolitik, die Gefährdung von Arbeitsplätzen und arbeitsrechtlichen Standards sowie die ökologischen Bedrohungen durch die Großindustrie.“
Zudem müssten konstruktive Lösungen auf Grundlage und im Rahmen der WTO gefunden werden. „Es ist überfällig, dass die EU-Kommission endlich klare Vorschläge für die künftige Ausgestaltung der handelspolitischen und vor allem wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen der EU und China auf den Tisch legt. Dies umso mehr, da sich der bevorstehende G20 Gipfel in Hangzhou mit dringend notwendig zu formulierenden politischen Antworten auf Herausforderungen und Rückwirkung der globalen Wertschöpfungsketten auf die Volkswirtschaften beschäftigen wird. Sich konstruktiv mit China und anderen Partnern auf künftige, gemeinsam zu gestaltende Prozesse angesichts der gewaltigen technologischen Umbrüche und demografischer Entwicklungen zu verständigen, muss in den Mittelpunkt von EU Politik gerückt werden, anstatt destruktiv immer wieder Konflikte anzuheizen. Dieses Signal ist auch vom Interparlamentarischen Treffen des Europäischen Parlaments und des Nationalen Volkskongresses nach der Entscheidung des Europäischen Parlaments vom Mai hinsichtlich des Nicht-Marktwirtschaftsstatus Chinas und der vor allem vom EU-Rat und damit den EU Mitgliedstaaten vorzunehmenden Modernisierung der Handelsschutzinstrumente ausgegangen. In Peking war jedoch von einer geänderten Strategie nichts zu erkennen.“