Privacy Shield: Ein falscher Fünfziger
Heute präsentierte die EU-Kommission das sogenannte Privacy Shield. Dieser wird Safe Harbour ersetzen, das im letzten Jahr durch eine Klage des österreichischen Juristen Max Schrems und infolge der Enthüllungen von Edward Snowden vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) gekippt wurde. Die EU-Kommission und zuständige Kommissarin Vêra Jourová reklamieren entscheidende Verbesserungen im Vergleich zu seinem rechtswidrigen Vorläufer, doch sehen Kritiker und Kritikerinnen das grundlegend anders. Unter ihnen Cornelia Ernst, netzpolitische Sprecherin der Delegation DIE LINKE. im EP, die das sogenannte Privacy Shield und das vorangegangene politische Prozedere als Mitglied des Innenausschusses (LIBE) kommentiert:
„Das ganze Verfahren ist mal wieder eine Farce. Es brauchte erst einen Brandbrief des Ausschussvorsitzenden, damit sich Frau Kommissarin Jourová überhaupt in den Ausschuss bemühte und sich unseren Fragen stellte. Nachdem sie Privacy Shield gestern im Ausschuss in den Himmel lobte, nimmt die Kommission den Text heute formal an. Von demokratischer Kontrolle oder einem demokratischen Diskurs kann hier nicht die Rede sein, wenn man dem Parlament kaum drei Wochen Zeit und mit der gestrigen Sitzung nur eine einzige Möglichkeit des kritischen Austauschs zugesteht.“
„Privacy Shield ist nichts anderes als ein falscher Fünfziger: Was drauf steht ist einfach nicht drin, da kann man es noch so schön reden. US-Sicherheitsbehörden werden weiterhin nach Belieben auf die Daten zugreifen, auch wenn sich die Kommissarin von schriftlichen Bekenntnissen der US-Seite schmeicheln lässt. Selbst die Unabhängigkeit der Ombudsperson ist mehr Spekulation denn verbrieftes Recht. Ihre Befugnisse gehen nicht wesentlich über die eines offiziellen Anrufbeantworters hinaus. Insgesamt verfehlt die Kommission, den Anforderungen des Schrems-Urteils Rechnung zu tragen. Der erneute Gang vor den EuGH wird damit unausweichlich, wenn es nicht Max Schrems macht, wird jemand anderes Privacy Shield anfechten.“
Erst gestern (11. Juli) folgte Vêra Jourová der dringlichen Einladung der Abgeordneten des Innenausschusses, präsentierte ihre Sicht auf den Safe Harbor Nachfolger und stellte sich den Fragen der Abgeordneten. Auf die Frage hin, wie die Rechtssicherheit und der Datenschutz für EU-BürgerInnen auch in den USA gewährleistet werden könne, entgegnete sie schlicht, dass den Zusagen der US-Stellen erst einmal Vertrauen geschenkt werden und es zum Wohle der Wirtschaft nun mal in Form des Privacy Shields versucht werden müsse.
„Die EU-Kommissarin für Verbraucherschutz und Justiz, also für die Grundrechte der EU-Bevölkerung, möchte den weltweit größten Marktplatz für persönliche Daten im Namen der Rechtssicherheit nun auf Probe neu-eröffnen, um mal zu sehen wie es funktionieren wird. Eine oberste Hüterin unserer Grundrechte, die in der Sitzung des Ausschusses ganz unverblümt kurzfristige Gewinne multinationaler Unternehmen über die Grundrechte von EU-BürgerInnen stellt, ist eine krasse Fehlbesetzung und nicht tragbar. Nach ihren Äußerungen gestern sollte sie zurücktreten.“