Cornelia Ernst, Sprecherin der Delegation DIE LINKE. im Europaparlament, kommentiert den EU-Ratsgipfel und den abgeschlossenen Deal mit der Türkei:

„Mit der Vereinbarung auf diesen Plan mit der Regierung in Ankara geben die Spitzen der EU auch ihr letztes Fünkchen Integrität aus der Hand. Mit den in Recep Tayyib Erdoğan und Ahmet Davutoğlu gefundenen Handelspartnern wurde sich auf ein Tauschgeschäft geeinigt, das gegen geltendes internationales Recht, türkisches und griechisches Recht gleichermaßen verstößt.“

„Außerdem ist dieser Deal fern von jedweder Realität: Das in der Eurokrise niedergerungene Griechenland hat weder die logistischen, noch administrativen Möglichkeiten, dieses unmoralische Vorhaben umzusetzen und in der Türkei findet die Genfer Flüchtlingskonvention keine vollständige Anwendung.

Innerhalb der EU soll Griechenland somit erneut die Unsolidarität der Regierungen der restlichen Mitgliedstaaten der Union ausbaden. Außerhalb der EU werden die Millionen flüchtenden Menschen und der politische Kampf für Menschenrechte einen noch höheren Preis dafür zu zahlen haben, als ohnehin schon.“

„Bei all den heute getroffenen Vereinbarung muss sich erst einmal zeigen, in wie weit sich die beteiligten Staaten überhaupt daran halten werden. Fest steht jedoch: Die Verpflichtung der EU zur Aufnahme von 72.000 Menschen aus der Türkei und deren Verteilung in die Mitgliedstaaten – auf freiwilliger Basis – ist in Anbetracht der derzeit 2.7 Millionen Flüchtlinge in der Türkei eine zynische Unverschämtheit!

Bei diesen 72.000 Menschen soll es sich noch dazu einzig und allein um Menschen aus Syrien handeln. Menschen aus Afghanistan, Eritrea, dem Irak, Jemen oder Sudan, sollen von vornherein ausgeschlossen sein. Gleiches gilt für Kurdinnen und Kurden, Roma und Sinti, sowie Menschen aus Armenien. Alle drei Bevölkerungsgruppen sind große Minderheiten in der Türkei, die zunehmender Repressionen durch Erdoğan’s Regierung ausgesetzt sind. Der heutige Entschluss ist ein Bekenntnis dazu, diese Menschen in eine Sackgasse zu drängen.“

„Weder der Umgang mit Fluchtursachen war ein Thema der Beratungen, noch der Syrienkonflikt oder die Lage in der Südosttürkei. Auf solch einer Verhandlungsbasis werden die Spitzen der Regierungen der EU-Mitgliedstaaten in einigen Monaten wieder über die gemeinsame Abwehr von Menschen auf der Flucht in Brüssel tagen. Dann jedoch mit Abdel Fattah el-Sisi und König Mohammed VI., den Staatschefs aus Ägypten und Marokko, bei denen man mit dem kontinuierlichen Abbau der Menschenrechte dann auch in bester Gesellschaft wäre. Das heutige Ratsergebnis ist eine historische Schande.“