Klassische Apartheidpolitik
Konferenz in Berlin beschäftigte sich mit der bedrückenden Situation der Roma in der EU.
Klassische Apartheidpolitik
Konferenz in Berlin beschäftigte sich mit der bedrückenden Situation der Roma in der EU
Roma werden noch immer vielfach diskriminiert. Diese Form von Apartheid ist keine Ausnahme, sondern die Regel im Europa des 21. Jahrhunderts. Eine Konferenz in Berlin versucht eine internationale Bestandsaufnahme.
Romafeindliche Demonstrationen in Tschechien, eine Mordserie an Roma in Ungarn, illegale Massenabschiebungen von Roma aus Frankreich. Man macht es den Angehörigen der mit 12 Millionen Personen größten europäischen Minderheit wahrlich schwer. Grund genug für die Fraktionen der LINKEN in EU-Parlament, Bundestag, Berliner Abgeordnetenhaus und die Rosa-Luxemburg-Stiftung zur Konferenz zu laden. »Willkommen zu Hause?« – diese offensichtlich rhetorische Frage hatte man als Titel gewählt, um am Samstag, dem »Tag der Menschenrechte«, die Situation der Roma in der EU zu beleuchten.
»In weiten Bereichen gilt das Prinzip der klassischen Apartheidpolitik«, konstatierte die EU-Parlamentarierin Cornelia Ernst (LINKE) in ihrer Eröffnungsrede. Der Zugang zu Arbeit, Bildung, medizinischer Versorgung und angemessenem Wohnraum ist für Roma in ganz Europa mit wesentlich größeren Hürden verbunden als für die Mehrheitsgesellschaft. Selbst nach einer über 600-jährigen Siedlungsgeschichte in Europa werde nicht anerkannt, dass sie Staatsbürger eines Landes seien.
Lothar Bisky, Fraktionsvorsitzender der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke im Europaparlament erinnerte an die 500 000 in der Nazizeit ermordeten Sinti und Roma. »Es ist nicht zu akzeptieren, dass Deutschland weiterhin Roma in den Kosovo abschiebt«, sagte er, eine Brücke zur Situation hier und heute schlagend.
Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats der Deutschen Sinti und Roma, beklagte eine weitgehende Untätigkeit in Europa in den 20 Jahren seit Zusammenbruch des Ostblocks. »Gutmeinende Unterstützer und Nationalisten treffen sich bei der Forderung nach einer europäischen Lösung«, sagte Rose. Er sah dies als Versuch, eine nationale Aufgabe nach Brüssel »wegzudelegieren«. Im Zusammenhang mit der Aufdeckung der Nazi-Terroristengruppe erinnerte er an einen im Juli in Leverkusen verübten Brandanschlag auf ein von Roma bewohntes Haus, bei dem die Polizei keinen rassistischen Hintergrund erkennen konnte.
Teilnehmer aus Ungarn, Tschechien, Bulgarien und Italien berichteten über die schlechte Lebenssituation der Roma in den Ländern. Vor allem die schlechten Bildungschancen verhindern eine erfolgreiche soziale und gesellschaftliche Teilhabe. »Man müsste Herrn Sarkozy fast dankbar sein«, sagte Detlev Boeing von der Generaldirektion Erweiterung der EU-Kommission. Durch die illegale Abschiebung von Roma nach Bulgarien und Rumänien im August habe Frankreich die Problematik in den Fokus gerückt. Dies führte zur Entwicklung eines EU-Rahmens zur Roma-Integration, der jedes Mitgliedsland auffordert, bis Jahresende einen Aktionsplan vorzulegen. Wie Romani Rose sieht Boeing vor allem die Einzelstaaten in der Pflicht. Die EU müsse die Länder jedoch »anleiten und strukturieren, wie sie damit umzugehen haben«.
Den vollständigen Artikel finden Sie in der Printausgabe der Neuen Deutschland vom 12. Dezember 2011.