Regionalpolitik: EU-Haushalt sollte den Zusammenhalt für die Erholung nach COVID-19 stärken
Ausschuss für regionale Entwicklung fordert die Europäische Kommission nachdrücklich auf, die Kohäsionsfinanzierung im Rahmen des bevorstehenden langfristigen Haushaltsplans zu erhöhen, um eine rasche Erholung der EU-Regionen zu gewährleisten.
Während seiner außerordentlichen Sitzung per Videokonferenz diskutierte der Ausschuss für regionale Entwicklung am Montag mit dem Exekutivvizepräsidenten der Kommission für eine „Wirtschaft im Dienste der Menschen“, Valdis Dombrovskis und der für „Zusammenhalt und Reformen“ zuständigen Kommissarin Elisa Ferreira über die Rolle der Kohäsionspolitik im nächsten mehrjährigen Finanzrahmen ( MFR) und beim Wiederaufbau nach der Covid19-Krise.
Der Vorsitzende des Ausschusses, Younous Omarjee (GUE / NGL, FR), sagte einleitend: „Die Kommission, der Rat und das Parlament haben bereits sehr wichtige und dringende Arbeiten zur Bewältigung der COVID-19-Krise angestoßen. Kohäsionspolitik ist mehr denn je erforderlich, um die Erholung voranzutreiben. Wir müssen im kommenden MFR mutig und proaktiv sein – wir brauchen ein großes, ehrgeiziges Budget, um wichtige EU-Politiken zu stärken. “
Die Abgeordneten befragten die Kommissare zur Verabschiedung von Übergangsmaßnahmen für die Kohäsionspolitik im Jahr 2021, zur Rolle der KMU, zur Konditionalität der Rechtsstaatlichkeit, zur Weiterführung der aktuell eingeführten Erleichterungen bei Beantragung und Verwaltung der Strukturfondsmittel und beim Beihilferecht sowie zum Status des Green Deal und des Just Transition Fund.
DIE LINKE.-MdEP Martina Michels, Koordinatorin der GUE/NGL im REGI-Ausschuss, fragte nach konkreten Prioritäten und Vorhaben:
„Es ist absehbar, dass die Krise die sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Ungleichgewichte vertiefen und die Erholung von der Krise nicht leicht werden wird. Plant die Kommission, den MFR-Vorschlag entsprechend zugunsten der Kohäsionspolitik, der ländlichen Entwicklung, der Digitalisierungsstrategien, der Unterstützungsmaßnahmen in sozialen Bereichen auszubauen? Wie will die Kommission die Mitgliedstaaten von diesen Notwendigkeiten überzeugen, die bisher stark in nationalen Egoismen zu verharren?“
Mit Blick auf den strengen, jetzt zeitweise ausgesetzten Stabilitäts- und Wachstumspakt, Wirtschaftsgovernance, makroökonomische Konditionalitäten, Schuldenbremsen und Austeritätspolitik, die einem ausgeglichenen Wiederaufbau entgegenstehen könnten, betonte Michels:
„Es wird aktuell vielfach von einem neuen „Marshall-Plan“ gesprochen. Die Kohäsionspolitik kann dabei aufgrund der langjährigen Erfahrungen und ihrer strukturellen Funktion als Solidaritäts- und Ausgleichsinstrument eine wichtige Rolle spielen. Doch auch die anderen Politiken müssen endlich ins gleiche Horn stoßen.“
Auch sie mahnte die Kommission, Übergangsbestimmungen vorzulegen, für den Fall, dass MFR oder Verordnungen über die Strukturfonds nicht rechtzeitig verabschiedet werden können.
Dimitris Papadimoulis, griechischer Abgeordneter der GUE/NGL und Mitglied des Haushaltsausschusses, fragte nach konkreten Gesetzesvorhaben der Kommission zu Euro- oder Corona-Bonds. Er wies zudem darauf hin, dass EZB-Präsidentin Christine Lagarde von 1,5 Billionen Euro spräche, die für den Wiederaufbau der EU-Wirtschaft nötig würden, was dreimal so viel sei, wie bisher in von den Eurozonen-Ministern geplant.
Zum Video der Debatte (Martina Michels ca. ab 16:12:20)
Vizepräsident Dombrovskis antwortete, dass der nächste MFR im Vergeich zum Vorschlag von vor zwei Jahren höher sein solle, die Kohäsionspolitik als eine der wichtigsten Säulen der EU stärken müsse. Kommissar Ferreira fügte hinzu, dass die EU bisher in ungewöhnlich schnellem, den Dringlichkeiten angemessenen Tempo alle verfügbaren Mittel mobilisiert hat. Jetzt müsse man sich auf den Wiederaufbaumarathon vorbereiten, der auf den Zielen Zusammenhalt und Konvergenz aufbauen müsse.
Die Europäische Kommission wird voraussichtlich in den kommenden Tagen einen aktualisierten mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) vorlegen, jedoch nicht vor dem am 23. April anstehenden Sonder-Videogipfel des Rates. Übergangsregelungen seien nicht geplant, der MFR und die Programme sollen zum 1.1.2021 stehen. Mittels einer Halbzeitprüfung könnten die dann bestehenden Regeln auf der Grundlage dann aktuellerer Daten angepaßt werden. Der Green Deal müsse hinsichtlich der Paris-Ziele für 2050 bestehen bleiben.
Martina Michels konstatierte: „Den politischen Willen kann ich bei den Aussagen der Kommissare erkennen. Doch bislang sind es mir zu viele Konjunktive und Absichtserklärungen, zu wenig ganz konkrete Schritte. Ich höre viel, dass ein „neuer Blick und neue Instrumente“ nötig seien, aber welche?!“