Widerstandskämpfer, Antifaschist und Chronist

1941 riss Manolis die Hakenkreuzfahne von der Akropolis. Er war schon ein Held, bevor die meisten von uns ihn kennenlernten. Von den Faschist*innen wurde er mehrfach zum Tode verurteilt, lebte viele Jahre auf der Flucht. Bis zum Ende der Obristen-Diktatur 1974 war er mehrfach in Haft.

Manolis Glezos wurde am 9. September 1922 geboren und starb heute, am 30. März 2020.

Im Herzen Journalist und heiterer, wie bestimmter Chronist, betätigte er sich vor allem in den letzten Jahrzehnten mit einer unglaublichen Energie als unkonventioneller Politiker, der zwischen linken Kräften unermüdlich vermittelte, sie zusammenholte. Er war es, der wesentlich SYRIZA schmiedete, als es noch eine Art Dachbewegung war, die linke Parteien, die sich nach 1989 auch in Griechenland neu formierten, so wie Synaspismos und AKOA, zusammenführte. Das hindert ihn kaum, die ganze Unternehmung immer zugleich kritisch zu begleiten. 2014 zog er (nachdem er schon einmal 1984/85 für die sozialdemokratische PASOK im Europaparlament war) mit SYRIZA dann als ältester Abgeordneter ins Europaparlament ein. Dort sprach er im Juli 2015 das letzte Mal als Abgeordneter. Es war zugleich ein besonderer Moment, als Alexis Tsipras, der als Regierungsvertreter in dieser Plenartagung zu Gast war und alle Abgeordneten in der Debatte noch einmal Manolis Glezos lauschten, sein Temperament, seine historischen Bögen verfolgten und man wünschte ihm in diesem Moment eine digitale Bluecard, mit der er sich auch morgen noch in die eine oder andere Debatte um die Zukunft Europas direkt im Parlament hätte einmischen können.

Unsere Fraktion, die GUE/NGL, hatte sich in dieser Juli-Woche von Manolis, als Parlamentarier, symbolisch verabschiedet. Doch er fehlte von Stund an in der Fraktion, im Parlament, im Kulturausschuss, in dem er sooft an eine der geistigen Wiegen Europas, an die griechische Philosophie und Theaterkunst, erinnerte. Er bleibt Vorbild in seinem Denken, wenn es darum geht, Trennendes zwischen linken Kräften zu überwinden und einen unbedingten geschichtlichen Blick auf Europas Kämpfe zu erarbeiten. Er war Antifaschist, Internationalist, Freund, Genosse, voller Lebensfreude und voller Leselust, weshalb er die Bibliothek, die er aufgebaut hatte, nach seinem Bruder benannte, mit dem er sein Leben nach 1941 nicht mehr teilen konnte.

Wir werden Dich nie vergessen, Manolis!

Unsere Anteilnahme gilt seiner lieben Frau Tzortzia Glezou und all seinen Anverwandten, Freund*innen, Genossinnen und Genossen.