Freizügigkeit muss für alle sozial abgesichert sein

Gabi Zimmer zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit

Gabriele Zimmer, im Namen der GUE/NGL-Fraktion.

– Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Mir scheint, nachdem ich Ihnen zugehört habe, dass ein Teil meiner Kolleginnen und Kollegen hier im Parlament das Grundprinzip der Koordinierung der sozialen Sicherungssysteme nicht verstehen will. Es geht darum, dass Ansprüche, die erworben worden sind, bei einem Wechsel in ein anderes Land anerkannt werden – um nichts anderes. Wer da sagt: Man kann nur Ansprüche bekommen, wenn ich in das jeweilige nationale System eingezahlt habe, in dem ich arbeite, verkennt genau dieses Grundprinzip. Da können wir ja gleich aufhören, von einer sozialen Union überhaupt nur reden zu wollen. Bitte bekennen Sie sich endlich dazu!

Hören Sie auf, mit allen möglichen Tricksereien eine Debatte um die Position des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten bei der Abstimmung verhindern zu wollen. Das halte ich für undemokratisch. Wir können es verändern, wenn die Mehrheit es will. Aber einfach die Debatte beenden und in dieser Legislatur keine Abstimmung haben wollen, das hat nichts mit parlamentarischer Demokratie zu tun. Diese Rosinenpickerei, die zerstört die Europäische Union. Freizügigkeit muss für alle Menschen in der Europäischen Union gelten. Sie muss für alle sozial abgesichert sein. Darüber reden wir hier. Die Mehrheit im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten hat eine sehr fortschrittliche Position erreicht. Die stellen wir zur Debatte. Darüber kann abgestimmt werden.

Wir stimmen als Linke dafür, weil es einen längeren Export von Arbeitslosengeld geben soll – sechs Monate. Wir stimmen dafür, weil Schlupflöcher für Sozialversicherungsbetrug bei der Entsendung geschlossen werden. Und wir stimmen auch dafür, weil Pflegeleistungen als eigenständige Leistung koordiniert werden.

Wir sind aber insbesondere dagegen, dass einige versuchen – insbesondere Konservative und Rechtsextreme –, die Kindergeldindexierung durchzusetzen. Osteuropäerinnen – in Deutschland zum Beispiel – sollen weniger Kindergeld bekommen, wenn ihre Kinder zu Hause in Polen oder Rumänien bleiben. Diese Menschen sollen diskriminiert werden – Menschen, die hart arbeiten, die eingezahlt haben, die ihre Leistungen bezahlen, die Steuern und Sozialabgaben zahlen, und die ihre Kinder zu Hause auch besuchen wollen. Wir werden diese Indexierung ablehnen.

Abschließend zur Frage der sozialen Gleichbehandlung: Die soziale Gleichbehandlung aller EU-Bürger müssen wir im Parlament verteidigen. Niemand darf als EU-Bürger zweiter Klasse behandelt werden. Das muss beim Arbeitslosengeld gelten. Wenn jemand in einem Land eingezahlt hat, muss es in einem anderen anerkannt werden. Und es gibt noch eine fundamentale Lücke im Rahmen der EU-Freizügigkeit: Wir müssen als EU dafür sorgen, dass die Bürger und Bürgerinnen in allen Ländern das Recht auf Zugang zu sozialen Sicherungssystemen haben.