Am heutigen Donnerstag wird EU-Kommissarin Corina Crețu in einer Sondersitzung die in dieser Woche veröffentlichten Gesetzesvorschläge für die Regional- und Kohäsionspolitik nach 2020 erläutern. Martina Michels, regionalpolitische Sprecherin der LINKEN. im Europaparlament, kommentiert vorab:

„Zehn Prozent Kürzung bei der Kohäsionspolitik sind wahrlich kein Grund zur Euphorie. Ebenso wenig die gewollte Überordnung wirtschaftspolitischer Steuerung über das Vertragsziel der Angleichung der Lebensverhältnisse und die explizite Beibehaltung makroökonomischer Konditionalitäten. Die Schaffung eines mit 25 Milliarden Euro ausgestatteten Programms zur Umsetzung entsprechender Strukturreformen, beispielweise zur Flexibilisierung von Lohnfindungsmechanismen, Deregulierung der Arbeitsmärkte oder zur Einsparungen bei Sozialsystemen hat mit Kohäsionspolitik wenig zu tun.“

Die Ankündigung, dass Deutschland rund 20 Prozent weniger EU-Strukturfördermittel (15,7 Milliarden Euro statt 19,8 Milliarden Euro) erhalten soll, sieht Michels mit Besorgnis: „Große Herausforderungen wie Langzeitarbeitslosigkeit, die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung, der Mangel an öffentlichen Investitionen oder die Umstellung auf erneuerbare Energien, sind auch in Deutschland äußerst präsent. Gerade die Übergangsregionen, vor allem in Ostdeutschland, benötigen weiterhin Unterstützung, um ihre im europäischen Vergleich gute wirtschaftliche und soziale Entwicklung aufrechterhalten zu können. Niemand hat etwas davon, wenn solche Erfolge nur kurzfristig und instabil sind.“

Michels kritisierte zudem eine verstärkte Hinwendung zu Finanz- und Kreditinstrumenten innerhalb der Förderfonds: „Sogar an den EFSI/InvestEU-Fonds sollen ganz legal Mittel aus den Strukturfonds übertragen werden können. Das ist doch absurd!“ Zum Vorhaben, die Aufteilung der Ressourcen nach Politikzielen künftig nicht mehr auf regionaler, sondern nationaler Ebene festzulegen: „Es ist völlig rätselhaft, wie die Kommission darauf kommt, dass Zentralisierung dazu beiträgt, die Programme besser an die regionalen Erfordernisse anzupassen. Ich vermisse außerdem das explizite Ziel der Bekämpfung von Armut und Diskriminierung“.

Deutlich wurde Michels zum gesonderten Gesetzesvorschlag, bestimmte Aspekte der Rechtsstaatlichkeit durch die Drohung von Fördergeldkürzungen zu erzwingen: „Rechtsstaatlichkeit stellt sich nicht her, indem man Regionen doppelt bestraft – Mittelkürzungen bei notwendigen regionalen Investitionen oder gar Projekten zur Förderung des demokratischen Zusammenlebens wären wirklich das unsinnigste Instrument und würden Regionen, Kommunen und Bürgerinitiativen für das Versagen ihrer nationalen Regierungen bestrafen. Zugleich muss natürlich gelten, dass EU-geförderte Projekte selbst demokratischen und inklusiven Kriterien folgen. Zudem scheint für das Europaparlament keinerlei Mitspracherecht bei solch einem Verfahren vorgesehen zu sein.“

Als positiv bezeichnete Michels die Tatsache, dass prinzipiell alle Regionen förderfähig bleiben sollen, die Beibehaltung der bestehenden drei Regionen-Kategorien sowie die Fortführung des Interreg-PEACE Programms für Irland: „Der Brexit wird als schlechte Entschuldigung für Kürzungen in sozialen Bereichen herangezogen bei gleichzeitiger Verschiebung der Prioritätensetzung hin zu mehr militärischen sowie Grenzabschottungsmaßnahmen und entsprechender finanzieller Ausstattung dafür. Da ist der Erhalt des PEACE-Programms das Mindeste.“

 

 

Pressemitteilung der EU-Kommission

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