Schluss ist mit jeder Form von militärischer Gewaltattacke gegenüber Menschen in Syrien
Gabi Zimmer in der Debatte zur humanitären Situation in Syrien, besonders Ghuta
Gabriele Zimmer (GUE/NGL). – Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich kann dem, was Sie eingangs der Debatte gesagt haben, so gut wie zustimmen. Das Problem stellt sich für mich nur dar, wenn wir bei der Einschätzung der Situation, dass auf jede Eskalation in einem bereits seit sieben Jahren andauernden Krieg neue Leiden für Menschen erwachsen, sie tagtäglich in ihrem Leben bedroht sind, wir inzwischen mehr als 300 000 Tote in diesen sieben Jahren zu beklagen haben – Männer, Frauen, Kinder –, Millionen von Menschen Syrien verlassen haben, Millionen von Menschen innerhalb von Syrien fliehen und 13 Millionen Menschen auf unsere Hilfe warten. Wenn wir wissen, dass 400 000 Menschen in Ost-Gutha eingeschlossen sind, abgeschlossen von jeder medizinischen und humanitären Versorgung, dann stellt sich doch die Frage: Was können wir wirklich konkret tun?
Ich habe den Eindruck, auch wenn ich die Diskussion so verfolge – und ich möchte niemandem etwas unterstellen, niemandem zu nahe treten –, aber definieren wir nicht inzwischen, oder besteht nicht die Gefahr, dass inzwischen jeder, der aktiv ist, der überhaupt nur in Syrien lebt, von einer Seite, von der jeweils anderen Seite wiederum als Terrorist betrachtet wird? Wie wollen wir diesen Kreislauf denn überhaupt durchbrechen? Jeder ist letztendlich Terrorist – immer aus der Sicht der anderen. Und heraus kommt dabei, dass der Krieg weiter zugespitzt wird, dass neue Anlässe gefunden werden, dass wieder Bomben fallen, dass Raketen fallen und dass letztendlich Giftgas eingesetzt wird, ohne dass jemand bestraft wird.
Das ist doch nicht der erste Giftgaseinsatz. Auch die vorhergehenden Giftgaseinsätze – zu welchen Konsequenzen haben sie geführt? Haben sie dazu geführt, dass wir als Europäische Union auch wirklich alles dafür getan haben, um letztendlich jede Form eines Waffenexports zu unterbinden, um uns ganz klar dagegen auszusprechen? Haben sie dazu geführt, dass wir auch eine klare Haltung gegenüber einigen der Länder, die dort wirklich aktiv in diesem Spiel mitmachen – und es ist ein böses Spiel, es ist nicht nur ein dirty game, es ist ein richtig tödliches Spiel –, dass wir klare Positionen beziehen? Damit meine ich Russland, ich meine aber auch die Türkei, ich meine andere Länder, ich meine den Iran, ich meine darüber hinaus eine ganze Reihe weiterer Länder.
Wir reden über Ost-Gutha. Das ist richtig und notwendig, und wir müssen sofort dafür sorgen, dass dort Schluss ist. Wir haben das letzte Mal über Afrin geredet. Jetzt tun wir so, als wären das zwei völlig unterschiedliche Sachen, als würden die nicht in einem Land passieren. Es sind aber Menschen in diesem Land, und da ist mir egal, zu wem sie gehören, welcher Ethnie sie angehören. Es geht darum, dass wir helfen müssen, dass wir dafür sorgen müssen, dass die Menschen leben können.
Als letzten Punkt möchte ich noch ansprechen: Wenn wir uns hier so dafür aussprechen, dass sofort Schluss ist mit jeder Form von militärischer Gewaltattacke gegenüber Menschen in Syrien, dann, verdammt nochmal, verstehe ich nicht, warum wir überhaupt ein Problem innerhalb der Europäischen Union haben, über die syrischen Flüchtlinge in unserer Union zu reden. Dann verlange ich, dass wir alles dafür tun, insbesondere auch den verletzten, den traumatisierten Menschen zu helfen und wirklich etwas für sie zu tun. Das wäre meine Aufforderung an uns alle.
Brüssel, am 28. Februar 2018
(Aus dem Protokoll)