Highlight (oder Dunkelkammer?) der Woche war sicherlich der informelle Ratsgipfel am Freitag (23. Februar). Dabei geht es um nichts weniger als das System der sogenannten Spitzenkandidaten in Hinblick auf die Europawahl 2019, die Zusammensetzung des Europaparlaments und – ums liebe Geld.

Ratspräsident Tusk lud die Staats- und Regierungschefs mit diesem Brief zu einem ersten Austausch darüber ein, wieviel jeder Mitgliedstaat in den EU-Haushaltstopf einzuzahlen bereit ist, welche politischen Vorhaben damit umgesetzt werden sollen und wann es dazu ein Ergebnis geben soll. In der vergangenen Woche hatte die EU-Kommission bereits verdeutlicht: Mit weniger kann man nicht wirklich mehr machen. Wenn zum Beispiel viel Geld für Verteidigung und Grenzschutz ausgegeben werden soll, muss entweder mehr in den EU-Haushalt eingezahlt werden oder beispielweise die EU-Fördermittel für einen Großteil der Regionen komplett gestrichen werden.
Als regionalpolitische Sprecherin der LINKEN im Europaparlament kann Martina Michels letzteres natürlich genauso wenig akzeptieren, wie die wachsenden Ausgaben für die Verteidigung – ein „Ressort“, in dem das Parlament bis heute nicht einmal Mitbestimmungsbefugnisse hat, sondern nur mit Empfehlungen in den Aussprachen, wohin die Reise gehen soll, dabei ist.

Der Haushaltsausschuss im Europaparlament hatte den Taschenrechner ebenfalls bereits in Betrieb und machte in dieser Woche klar: Um in die „alten“ (also besonderes die EU-Regional- und Förderpolitik und die gemeinsame Agrarpolitik) und die „neuen“ Prioritäten (Sicherheit, Migration und Verteidigung, zusätzliche Kosten könnten um €100 Mrd. liegen) finanzieren zu können und Haushaltslücken auszugleichen, die der Brexit (ca. €90 Mrd.) reißen wird, ist eine Erhöhung der Einnahmen nötig: 1,3 Prozent der BIP der EU werden dafür mindestens benötigt. Das sieht auch die Länderkammer der EU, der Europäische Ausschuss der Regionen, so. Dessen Präsident wandte sich mit einen entsprechenden Brief an die Regierungschefs. 

Im Regionalausschuss (REGI) des Europaparlaments sorgten die Kürzungsszenarien der Kommission und der Unwillen einiger Regierungen, ihren Beitrag zum Erhalt von Solidarität und Zusammenhalt in der EU zu leisten, verständlicherweise für großes Unbehagen. Während beispielsweise die Niederlande, Österreich, Schweden und Dänemark höhere Zahlungen schon mal ausschlossen, spricht der aktuelle deutsche Finanzminister immerhin von „begrenzter Erhöhung“ – was schon nicht mehr so optimistisch klingt wie im noch nicht unterschriebenen Koalitionsvertrag (siehe Seite 9).

Nicht zum ersten Mal beschäftigt sich der REGI mit der Zukunft der Kohäsionspolitik, aber er wird kurz bevor die EU-Kommission die Gesetzesvorschläge für den nächsten Förderzeitraum vorlegt, noch einmal die Position des Europaparlaments verdeutlichen.
Den entsprechenden Berichtsentwurf diskutierten die Abgeordneten am vergangenen Dienstag. Martina Michels Redebeitrag kann man die hier ansehen (Beginn der Debatte 10h00; Martina 10:39:17).

Abgestimmt wurde im REGI außerdem ein Bericht, der in Verantwortung der spanischen Abgeordneten Angela Vallina (Linksfraktion GUE/NGL) erstellt worden war. Im Bericht über die „Rolle der Regionen und Städte in der EU bei der Umsetzung des auf der COP21 abgeschlossenen Pariser Klimaschutzübereinkommens“ wird betont, dass die Bewältigung der Folgen des Klimawandels eine dringende Priorität innerhalb der Regional- und Kohäsionspolitik darstellen muss. Die UN-Ziele zur nachhaltigen Entwicklung (SDGs), der Städtepakt der EU („Urban Agenda“) sowie der „globale Bürgermeisterkonvent für Klima und Energie“ sollen nach Auffassung der Regionalpolitiker unterstützt werden. Auch hier wird darauf hingewiesen, dass EU-Kohäsionspolitik nur dann ihre wichtige Rolle ausfüllen kann, wenn entsprechende Haushaltsmittel dafür bereitgestellt werden. Nur mal so: Österreich nutzt 60 % seiner Regionalfördermittel für die Bekämpfung des Klimawandels, Dänemark 45 %, Schweden 39 %, Deutschland immerhin 32,9 %, die Niederlande 30%.