Reform der Eurozone: Macrons Schattenboxen
Anlässlich der Rede des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zu seinen Vorstellungen zur Zukunft der Europäischen Union, erklärt der Europaabgeordnete und zukünftige Bundestagsabgeordnete Fabio De Masi, wirtschaftspolitischer Sprecher der LINKEN im Europaparlament:
„Präsident Macrons Forderungen nach einen Euro-Finanzminister und einem Haushalt für die Eurozone sind gut gebrüllt, aber Schattenboxen in den deutschen Koalitionsverhandlungen. Die Einführung eines gemeinsamen Haushalts für die Eurozone erfordert eine Vertragsänderung und muss die Hürden des Bundesverfassungsgerichts nehmen. Eine zwischenstaatliche Lösung würde hingegen keine Vorteile hinsichtlich des Stabilitäts- und Wachstumspaktes bringen – es sei denn ein Europäischer Währungsfonds würde von den Defizitkriterien ausgenommen. Die Eurozone braucht öffentliche Investitionen, um die Geldpolitik zu entlasten.“
„Die wirklichen Probleme der Eurozone, vor allem den chronischen deutschen Leistungsbilanzüberschuss, der die Auslandsverschuldung unser Handelspartner begünstigt, will Macron nicht antasten. Er will selbst eine Agenda 2010 in Frankreich und im Gegenzug etwas Schmerzensgeld aus Deutschland.“
„Eine Transferunion ohne Korrektur der ökonomischen Ungleichgewichte ist jedoch ein Himmelfahrtskommando, denn aufgrund der wirtschaftlichen Gefälle wären hierfür sieben bis zehn Prozent der EU-Wirtschaftskraft erforderlich. Dies entspräche in Deutschland mindestens zwei Dritteln des Bundeshaushaltes und würde massive Kürzungen auf Ebene der nationalen Haushalte beinhalten. Paris und Rom würden zukünftig aus Berlin regiert, auch wenn Italiener oder Franzosen Angela Merkel nicht gewählt haben.“
De Masi weiter: „Eine größere Zusammenarbeit in Steuerfragen ist hingegen sinnvoll, denn die EU-Staaten verlieren hunderte Milliarden Euro jährlich durch die Steuertricks von Apple, Google, Mc Donald‘s & Co. Eine gemeinsame Konzernbesteuerung erfordert aber breite Bemessungsgrundlagen und auch Mindeststeuern. Ansonsten könnte der Wettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten über die Sätze weiter entfacht werden.“
„Anstatt eines Eurofinanzministers der permanente Strukturreformen – also Lohn- und Rentenkürzungen – durchsetzt, braucht die Eurozone eine Korrektur der deutschen Wirtschaftspolitik. Sinnvoll wären finanzielle Sanktionen gegen chronische Exportüberschüsse beziehungsweise eine Stärkung der Binnenwirtschaft in Deutschland, um die Notwendigkeit permanenter Transfers zu verringern.
Dann wäre auch der dumme Stabilitäts-und Wachstumspakt überflüssig, weil Länder mit ausgeglichener Leistungsbilanz, Staatsschulden jederzeit über die privaten Ersparnisse im Inland finanzieren könnten und auch die private Verschuldung adressiert würde. Kurzfristig brauchen wir eine goldene Investitionsregel, die öffentliche Investitionen von den Maastricht-Kriterien ausnimmt. Genau dies streben Deutschland und Frankreich für Rüstungsgüter an“, so De Masi abschließend.