„Eine Ausweitung der Negativzinsen auf Bankreserven wird nichts bringen. Die Banken reichen die Negativzinsen über höhere Gebühren an die Kunden weiter“, kommentiert der Europaabgeordnete Fabio De Masi (DIE LINKE.) den heutigen Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank (EZB). Das Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments (ECON) weiter:

„Der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz hat Recht: Die Kürzungspolitik kastriert die Investitions- und Kreditnachfrage. Das billige Geld der EZB landet somit nicht in der realen Wirtschaft, sondern auf den Finanzmärkten und verschärft die soziale Ungleichheit über Vermögenspreisblasen.“

„Die EZB verfehlt jetzt seit vier Jahren ihr Inflationsziel von knapp zwei Prozent. Nimmt man die Kerninflation zum Maßstab, sind es gar neun Jahre und somit ein verlorenes Jahrzehnt. Es wäre ein echter Sündenfall, wenn die EZB bei Insolvenz des „Sicherheitsrisikos“ Deutsche Bank deren Bonds kaufen würde, während etwa die Beschäftigten und Rentner in Portugal von der EZB schon bald zu Kürzungen verdonnert werden.“

De Masi weiter: „Das Problem in der Eurozone ist nicht Liquidität, sondern fehlende Nachfrage. Es ist daher völlig verrückt, unter dem Vorwand der Terrorfinanzierung das Bargeld zu beschränken. In Wahrheit sollen damit die Strafzinsen an die Bankkunden weiter gereicht werden, um diese zum Konsum zwingen, und sie so nicht ihr Geld unter der Matratze horten. Das wäre eine Enteignung vieler Rentnerinnen und Rentner, die häufig über keine hinreichende gesetzliche Rente mehr verfügen und daher privat sparen mussten. Stattdessen müssen Investitionen und Löhne durch öffentliche Investitionen gestützt werden. Zudem untergraben Negativzinsen das Vertrauen in die gesetzliche Einlagensicherung und könnten einen Bank Run begünstigen.“

De Masi abschließend: „Die EZB muss jetzt im Rahmen ihres (restriktiven) Inflationsziels direkt Euros in die reale Wirtschaft pumpen – etwa durch eine Refinanzierung von öffentlichen Investitionen über die Europäische Investitionsbank (EIB). Die EZB könnte hierzu Anleihen der EIB kaufen, garantieren oder direkte Kredite einräumen. Auch eine Re-Kapitalisierung der EIB unterliegt nicht dem dummen Stabilitäts- und Wachstumspakt. Eine weitere Alternative bestünde im Helikoptergeld, wie es zunehmend in der internationalen Wirtschaftspresse diskutiert wird. Dies umfasst Konsumschecks an einkommensschwache Haushalte und wirkt schneller als Investitionen. Allerdings ist es mittelfristig keine Aufgabe der Zentralbank, die Einkommensverteilung zu korrigieren. Beide Maßnahmen wären mit Artikel 123 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU vereinbar, da eine Refinanzierung öffentlicher Banken bzw. der privaten Haushalte nicht unter das unsinnige Verbot der Staatsfinanzierung fällt.“