Martina Michels, stellvertretendes Mitglied im Kulturausschuss (CULT), war Schattenberichterstatterin der Stellungnahme zum Initiativbericht für eine Strategie des Digitalen Binnenmarktes. Zur heutigen Abstimmung hält sie fest:

„Der Kulturausschuss behielt innerhalb des heute abgestimmten Berichts, der federführend vom Verbraucherschutzausschuss (IMCO) und vom Industrieausschuss (ITRE) bearbeitet wurde, die Neujustierung der Audio-Visuellen Medien-Richtlinie als exklusiv Kompetenz. 

Schwerpunkte waren dabei die Aufhebung der überholten Unterscheidung von nichtlinearen und linearen Diensten und eine damit verbundene Forderung nach einer Mehrwertsteuersenkung für Onlinepublikationen. Der Bericht behandelte umfänglich die schwammige Vorgabe der Kommission, „ungerechtfertigtes“ Geoblocking zu überwinden, und die mangelnde Portabilität erworbener Inhalte aus der Welt zu schaffen. 

Der Kulturausschuss forderte die Definition und Mindeststandards für Plattformen und Dienste ein, die deren kulturelle Funktionsweise sichern. Hinter dieser Debatte steht die politische Schlacht um die Wahrung der Netzneutralität. 

Bezogen auf die Urheberrechtsdebatten gilt, dass all ihre ausstehenden EU-harmonisierenden Novellen mit einer gerechten Bezahlung von AutorInnen und KünstlerInnen einhergehen müssen. Die heilige Verankerung des Territorialprinzips bei der Filmproduktion offenbart denn auch sofort die Schwierigkeit der kommenden Debatten um paneuropäische Lizenzen. Weil niemand das Kind mit dem Bade ausschütten will, muss sachlich ausdiskutiert werden, was kulturelle Vielfalt wirklich bremst und fördert und wie wir die Finanzierung von Film , TV-Produktionen und Videos so entwickeln können, dass sie wirklich europaweit zugänglich, verfügbar und auch gefragt sind. Derzeit ist die Branche tatsächlich auf das Territorialprinzip angewiesen, verlängert damit allerdings den urheberrechtlichen Flickenteppich in den Mitgliedsländern ohne dass eine europäische Filmkultur nennenswert aus ihren eigenen Nischen kommt. Dies sind letztlich keine kulturellen Spezialthemen, denn geht es um die Zugänglichkeit zur digitalen Kommunikation, dann ist die Debatte um Ausnahmen in Kultur, Bildung und Wissenschaft wesentlich und weist über Kulturdebatten hinaus, wie uns Handels- und Industriepolitik und der Umgang mit dem öffentlichen-, gemeinnützigen Sektor oder mit kleinen und mittleren Unternehmen – zu denen auch viele Kulturproduzenten gehören – im vergangenen Jahr mehrfach vor Augen geführt haben. Der Kulturausschuss hat Substantielles zur Internetkompetenz und zur Förderung der Europäischen Multilingualität eingebracht.

Abschließend hält Martina Michels fest:

„Die heutige Entscheidung über den Initiativbericht, der in einem schwierigen Geflecht aus herausgehobenen und federführenden Kompetenzen vieler Ausschüsse entstand, wirft einmal mehr die Frage auf, wann wir endlich aufhören, BürgerInnen nicht als verängstigte KonsumentInnen zu sehen, sondern ihre umfassenden Rechte in der Politik ernst nehmen.

Wenn wir uns innerhalb der Suchbewegungen der digitalisierten Gesellschaft politisch bewegen und diese gerecht, sozial zugänglich, technologisch sinnvoll und kulturell vielfältig gestalten wollen und dabei Persönlichkeits- und Freiheitsrechte sichern wollen, dann sollten wir die Sprengkraft dieses Querschnittsthemas endlich ernst nehmen. Verengen wir die Sicht weiterhin auf die wichtige, aber nicht hinreichende unternehmerische Welt, so laufen wir Gefahr, wenig sinnvolle politische Entscheidungen zu befördern.“

 

Hier finden Sie einen Kommentar zur Abstimmung, zu den Dateien und den Ausschussdebatten.