EU bedient sich in Moldau für eigenen Gewinn

„Herr Präsident, Herr Kommissar! Vor fast einem Jahr fand der letzte Gipfel der Östlichen Nachbarschaft statt. Der für diesen Politikbereich damals zuständige EU-Kommissar Füle wollte in Vilnius den großen Wurf, das ganze Paket. Im Kern sollte der gesamte postsowjetische Raum aus Sicht der EU mittels Assoziierungs- und Freihandelsabkommen neu geordnet werden. Die Umsetzung dieses Ziels verkam politisch zu einer Terminsache, der viel geopfert wurde, auch das selbst proklamierte Ziel der Konditionalität und die nüchterne Beantwortung der Frage: Sind die betreffenden Gesellschaften überhaupt für diese Entscheidung angesichts deren Tragweite auch wirklich bereit?

Die Antwort ist keine pauschale. Unsere östlichen Nachbarn sind auch nicht zwingend vergleichbar. Gerade mit den Erfahrungen aus der Ukraine jedoch bin ich in Bezug auf Moldau beunruhigt, und es fällt mir schwer, dem Abkommen meine vorbehaltlose Zustimmung zu geben. Durchaus in Analogie zu anderen Ländern wurden die zur Entscheidung stehenden Abkommen in der moldauischen Gesellschaft nicht ausgiebig und ausreichend diskutiert, sind die Inhalte so gut wie nicht bekannt auf der Straße.

Damit haben wir auch hier die Situation, dass die unterschiedlichen jeweils herrschenden politischen Eliten seit Langem von oben herab entscheiden. Im Falle Moldaus erfolgte diese Entscheidung angesichts der anstehenden Parlamentswahl überstürzt. Die politische Intention ist klar: Man bedient sich auch hier der EU für den eigenen kleinen parteipolitischen Gewinn, wissend, dass man die Konsequenzen eh sozialisieren wird. Das ist gefährlich, da sich die Republik Moldau in einer gefährlichen, schwierigen Situation befindet und eigenständige Beiträge der moldauischen Regierung zu deren Lösung nur schwer erkennbar sind.

Der angeblich eingefrorene Transnistrien-Konflikt befindet sich auf Betriebstemperatur. Es bedarf dringend seiner Klärung auf politischer Grundlage, und zwar durch alle Regierungen, wie sie gewählt werden. Das Verhältnis mit Russland, aber auch mit der Ukraine, muss sich unbedingt verändern, und wir müssen als EU auch darauf achten, wie mit großrumänischen Ambitionen aus Bukarest umgegangen wird.

Nicht zuletzt ist erkennbar: Wir agieren auch in Moldau an den Erwartungen vieler gesellschaftlicher Akteure vorbei, die eine klare Beitrittsperspektive erwarten und das mit dem Assoziierungsabkommen verbinden, aber nur Standardfloskeln und ansonsten verschlossene Türen erhalten.“