Steuerflucht: Keine Zeit bis zum Sankt-Nimmerleinstag!
Jürgen Klute, wirtschaftspolitischer Sprecher der LINKEN im Europaparlament: „Gegen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung helfen nur klare Regeln und auch deren klare und deutliche Anwendung. Wer in Europa Steuern hinterzieht, sollte endlich mit harten Sanktionen rechnen müssen. Wer in Europa Beihilfe zu Steuerhinterziehung und aggressiver Steuerplanung leistet, ebenfalls. In dieser Hinsicht ist der im Ausschuss für Wirtschaft und Währung abgestimmte Bericht Kleva ein großer Fortschritt und ein deutliches Signal an den Euro-Gipfel am 22. Mai.
Es ist ein Erfolg, dass endlich wirksame Kriterien — also eine Kombination aus OECD-Standards und Verhaltenskodizes — durch das Parlament von Rat und Kommission eingefordert werden. Staaten, die Transparenz und Weitergabe hinsichtlich steuerrelevanter Informationen verweigern, müssen künftig damit rechnen, auf der schwarzen Liste der Steueroasen zu landen, ebenso wie Staaten, die keine oder nur nominelle Steuern erheben, welche Steuervorteile auch dann gewähren, wenn überhaupt keine realen ökonomischen Aktivitäten oder entsprechende Präsenz nachgewiesen werden kann.
Es ist ein Erfolg, dass endlich wirksame Sanktionen eingefordert werden — bis hin zum Lizenzentzug für Finanzinstitute, die Filialen in Steueroasen unterhalten. Doppelbesteuerungsabkommen mit Staaten und Gebieten, die auf der schwarzen Liste stehen, sollen künftig suspendiert oder gekündigt werden. Staaten und Firmen aus Staaten auf der schwarzen Liste soll künftig der Zugang zur EU-Förderung gestrichen und im schlimmsten Fall auch die Verweigerung des Zugangs zum Binnenmarkt als Option geprüft werden. Alle Transaktionen in Steueroasen sollen mit einer Sondersteuer belegt werden und Sonderzölle immer dann greifen, wenn Handel mit Staaten oder Firmen aus Staaten auf der schwarzen Liste betrieben werden soll.
Es ist ein Erfolg, dass mit diesem Bericht Wege aufgezeigt werden, aggressive Steuervermeidungsstrategien anzugehen und nicht erst zu warten, bis sich G20 oder irgendwer sonst geeinigt haben.
Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten haben eine Vorbildfunktion. Der Bericht fordert entsprechendes Verhalten insbesondere von den immer wieder auffälligen Mitgliedstaaten ein. Insbesondere bei Mitgliedstaaten ist es inakzeptabel, wenn sie die Weitergabe von steuerrelevanten Informationen verweigern oder mit aggressivem Steuerwettbewerb den solidarischen Grundgedanken Europas beschädigen. Die Finanz-, Wirtschafts- und als Folge die Haushaltskrise in vielen Mitgliedstaaten sollten Anlass genug sein, der Unterschlagung von rund einer Billion Euro an Steuergeldern endlich wirksam zu begegnen. Dieser Bericht sollte den Staats- und Regierungschefs deutlich machen, dass jetzt gehandelt werden muss und nicht die Zeit ist, etwas auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu verschieben.
Lassen Sie mich noch eine abschließende Anmerkung machen: Wir haben am Anfang dieses Jahres das Freihandelsabkommen mit Peru und Kolumbien zur Entscheidung auf der Tagesordnung gehabt. Im Dezember letzten Jahres hat eine Studie des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags darauf verwiesen, dass dieses Freihandelsabkommen eine ganze Reihe Türen und Fenster für Steuerhinterziehung, Steuerbetrug und unter Umständen auch Geldwäsche geöffnet hat. Ich hoffe, dass diese Regulierung dazu beiträgt, dass diese offenen Türen und Fenster im Nachtrag geschlossen werden.“