Kurdenfrage: Friedensprozess braucht Vertrauen und Verlässlichkeit

Ich kann zwar jetzt meine Frage an Herrn Tannock nicht mehr stellen, vielleicht darf ich aber eine Sekunde länger reden und zuvor anmerken, dass die BDP — zumindest mittlerweile, also seit 10 Jahren etwa — keine Separierung mehr von der Türkei verlangt. Ich finde, das ist wichtig und das sollten wir in der Debatte berücksichtigen, dass es nicht mehr um eine Separierung und eine Zerstörung der Türkei geht.
Ansonsten möchte ich beisteuern, dass auch meine Fraktion, die GUE, den mutigen Anlauf zum Dialog mit Abdullah Öcalan und der PKK, den die türkische Regierung Ende Dezember unternommen hat, begrüßt. Beide Konfliktparteien haben sich in einen Prozess begeben, der große Hoffnungen geweckt hat bei den internationalen Partnern, aber vor allen Dingen auch bei den Bürgerinnen und Bürgern der Türkei, die nun schon mehr als 30 Jahre unter Krieg und Gewalt leiden müssen.
Die Gespräche zwischen der türkischen Regierung und Öcalan sind ein wichtiger Schritt, aber das ist nur ein erster Schritt auf dem Weg zu einer politischen und friedlichen Lösung. Der Weg zu Frieden und Versöhnung ist noch weit. Er kann nur gegangen werden, wenn es gelingt, Vertrauen aufzubauen. Friedensverhandlungen sind keine Machtspiele. Friedensverhandlungen kann man nur gemeinsam gewinnen oder gemeinsam verlieren. Die Initiative ist von der türkischen Regierung ausgegangen. Sie hat damit auf jahrelange Forderungen weiter Teile der kurdischen Bewegung reagiert. Premierminister Erdoğan hält allerdings die Zügel in der Hand — die Zügel für einen erfolgreichen Friedensprozess müssen aber von allen Seiten gehalten werden.
Die Verhandlungen brauchen Verlässlichkeit. Die Beteiligung an den Gesprächen darf nicht zu einem Lotteriespiel werden. Die nächsten Schritte müssen deshalb darin bestehen, dass die Konfliktparteien gemeinsam den weiteren Ablauf der Verhandlungen abstimmen und sich gemeinsam darauf verständigen, wer notwendigerweise an den Verhandlungen teilnehmen soll. Die drei Morde in Paris an Sakîne Cansiz, Fidan Doğan und Leyla Söylemez am 9. Januar dieses Jahres haben den begonnenen Prozess offensichtlich unterbrochen. Ich glaube, ich spreche im Namen aller Abgeordneten hier, wenn ich an beide Konfliktparteien appelliere, sich durch die drei Morde nicht vom eingeschlagenen Verhandlungsweg abbringen zu lassen.