Eine Antwort auf Zehntausende Bürgeranfragen

Geplante EU-Regeln für Dienstleistungskonzessionen gefährden kommunale Daseinsvorsorge 

Hintergrund:  

Im Europäischen Parlament wird momentan über eine Richtlinie verhandelt, mit der ein neuer Rechtsrahmen für die Konzessionsvergabe geschaffen werden soll. Die Kommission will damit Rechtssicherheit für die Auftraggeber schaffen, da bei Konzessionen bisher bei jedem einzelnen Streitfall der EuGH zu entscheiden hatte.

Die Überschriften „Binnenmarkt“ und „Wettbewerbsfreiheit“ könnten allerdings dazu führen, dass der bisher weitgehend geschützte Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge für private Investoren geöffnet wird, z.B. die städtische Wasserversorgung. Investoren werden in der Regel nur tätig, wenn sich Geld verdienen lässt. Wo die Kommission und Rat hin wollen wird in den Staaten deutlich, die finanzielle Unterstützung durch den Rettungsschirm (ESM) erhalten. Die „Troika“ – aus Kommission, Europäische Zentralbank und Internationalem Währungsfonds – erzwingt in Griechenland und Portugal derzeit die Privatisierung des Wassersektors. Mit der Konzessions-Richtlinie hat das – ursächlich – aber nichts zu tun.

Erstmals werden damit die Rahmenbedingungen für Städte und Gemeinden als Konzessionsgeber und Unternehmen, die eine Konzession erhalten, und deren Durchführung geregelt. Daraus ergeben sich – indirekt – Folgen für Bürger, die z.B. Wasser abnehmen sowie die Beschäftigten.

Was soll sich durch die neue Richtlinie ändern? 

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: die Richtlinie erzwingt nicht automatisch und allgemein die Privatisierung der Wasserversorgung. Diese Richtlinie sieht vor, dass jede Ebene der öffentlichen Hand selbst entscheiden kann, ob sie Konzessionen vergibt, oder Güter und Dienstleistungen selbst bereitstellt. Allerdings könnten knappe Kassen Länder oder Gemeinden daran hindern, selbst zu investieren und, stattdessen, Konzessionen zu vergeben. Z.B. für die Fernheizung, den Betrieb des städtischen Krankenhauses und des Hallenbades, die Gasversorgung oder die Verwaltung einer Bibliothek.   

Entsprechend erhöht diese Richtlinie den Druck zur europaweiten Ausschreibung von Konzessionen erheblich. Dies betrifft insbesondere Stadtwerke und kommunale Zweckverbände. Heute schon vergeben viele Kommunen die öffentliche Wasserversorgung per Konzession. So wurde z.B. in Form einer öffentlich-private Partnerschaft in Berlin die Wasserversorgung ausgelagert. Allerdings haben inzwischen einige Städte und Gemeinden festgestellt, dass eine Vergabe nicht immer die beste Lösung ist: Teilweise ist der Preis unterm Strich höher, als wenn die Gemeinden sie in Eigenregie durchführen und zwar sowohl für die Kommunen, als auch für die Wasser-Preise für die Bürger. Die Qualität ist auch nicht automatisch besser, wie die Privatisierung der Wasserversorgung in England  gezeigt hat. Und grundsätzlich handelt es sich bei Wasser nicht um ein Luxusgut, sondern ein Grundnahrungsmittel und sollte deshalb nicht in den Bereich der Gewinnerzielung fallen, sondern ein Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge bleiben.

Deshalb würde manche Gemeinden gerne wieder „rekommunalisieren“. Dafür fehlt jedoch oft das Geld. Dies kann man der Kommission nicht direkt anlasten, denn für die Finanzausstattung der Städte und Kommunen sind z. Bsp. in Deutschland die Länder und der Bund wesentlich mitverantwortlich und diese setzen damit also die Rahmenbedingungen, unter denen die Städte und Kommunen handlungsfähig sind oder eben auch nicht. In jedem Fall erhöht wird der Druck in Richtung weiterer Privatisierungen.  

Auch bisher hat die Öffentliche Hand schon Konzessionen vergeben. Wird der Bericht, der heute vom Binnenmarktausschuss verabschiedet wurde, zur Richtlinie, werden die Gemeinden auf Grundlage des ursprünglichen Entwurfes der Kommission ab einer Auftragshöhe von 8 Mio. Euro zu einer europaweiten Ausschreibung verpflichtet. Das würde dann auch bei einer Neuvergabe von bereits bestehenden Konzessionen gelten. Um eine solche Konzessionen kann sich dann das Wasserwerk vor Ort bewerben, aber eben auch große, Europa- und weltweit tätige  private Konzerne. Soziale Kriterien oder gar eine Tariftreue schreibt die Richtlinie nicht vor. Ein Preiswettbewerb auf dem Rücken der Bürger und Beschäftigten scheint damit vorprogrammiert. 

Angesichts der Finanznot und Unterfinanzierung der Kommunen und Kreise allerdings braucht der öffentliche Sektor Mittel für hohe Investitionen, die eine Kommune heute nur noch selten allein bewältigen kann. Das ginge in der Kooperation mit anderen Kommunen und ist mit dem Richtlinen-Entwurf möglich, aber die Hürden dafür sind extrem hoch gelegt. Es drängt sich der Eindruck auf, als sollten öffentliche Unternehmen als Konzessionsnehmer gezielt dem privaten Investor gleichgestellt werden. Das wäre an sich nicht fair, denn an die öffentliche Hand werden von der Allgemeinheit viel höhere Anforderungen in Sachen  Preisgestaltung und sozialem Schutz gestellt wie an private Unternehmen. Folglich steht die öffentliche Hand dann schlechter da als private Unternehmen.  

Alternativ bleiben letztlich nur noch mehr oder weniger vollständig in Eigenregie betriebene öffentliche Unternehmen, die sich auf die Versorgung der Allgemeinheit beschränken, und Kooperation von Kommunen zur Erbringung von Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge. Dies jedoch bleibt ob der oben skizzierten Schwierigkeiten und Probleme in Bezug auf die Kassenlage für viele Städte und Kommunen ein fast unerreichbares Ziel.  

Was meint DIE LINKE. im EP?  

Die Vorschläge setzen die bisherige wettbewerbsfixierte und wirtschaftsliberale Wirtschaftspolitik nach den Prinzipien der EU-Binnenmarktfreiheiten fort, der Sozialstaat wird weiter unterlaufen und Bemühungen zur Rekommunalisierung verschlechtert.  

Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse und der öffentlichen Daseinsvorsorge gehören in die Hände von Kommunen und Regionen. Insbesondere soziale Dienstleistung und die Wasserversorgung gehören grundsätzlich nicht in die Hände von Profitinteressen. Deshalb lehnen wir die Richtlinie ab.  

Wie geht’s weiter?  

Am Donnerstag, 24. Januar hat der federführende Binnenmarktausschuss (IMCO) des Europaparlaments (IMCO) darüber abgestimmt und zumindest einige Verbesserungen ggü. dem Entwurf der Kommission vorgeschlagen. Einzelne Mitglieder der anderen Fraktionen haben unsere Position der Anlehnung der gesamten Richtlinie unterstützt. Nun muss das Parlament über die Richtlinie abstimmen. Sollte sie nicht abgelehnt werden wird dann mit dem Rat über die endgültige Ausgestaltung der Regelungen verhandeln. Es bleibt also weiter die Möglichkeit, Druck auszuüben. Und das ist auch dringend notwendig.

Einen guten Hintergrund zum Thema Wasserprivatisierung bietet der Film „Water makes money – Wie private Konzerne aus Wasser Geld machen“.

Hier könnt ihr den Film bei youtube anschauen.