Audio-Visuelle Mediendienste-Richtlinie

(deutsch: AVMD-Richtlinie, englisch: AVMSD (Audio-visual Media Services Directive))

Die erste EU-Regulierung von Mediendiensten wurde mit der Richtlinie Fernsehen ohne Grenzen 1989 geschaffen. Im Jahr 2010 gab es die Nachfolgerin, die Audiovisuelle Mediendienste-Richtlinie (AVMD-RL). Es dauerte weitere acht Jahre um auf die Medienkonvergenz zwischen den linearen (traditionelles TV) und nichtlinearen Mediendiensten (Video on Demand – VOD, Video-Sharingplattformen – VSP) zu reagieren. Inzwischen ähneln sich Formate sowohl in der Unterhaltungsbranche als auch in den Nachrichten. Printmedien binden Videos in ihre Onlineberichterstattung ein, was in den Debatten zur Reform eine Rolle spielte, aber nicht rechtskräftig eingearbeitet wurde. Andererseits hat sich die Mediennutzung verändert. Jüngere sehen wenig fern, auch wenn das Fernsehen noch immer breit genutzt wird. Internet-basierte, Video-on-Demand- (VOD) und Over-The-Top-TV-Angebote erreichen Zuschauer*innen in der ganzen EU. Im Jahr 2014 gab es schon 2.500 Anbieter, die insbesondere Werbe-Einnahmen aus den Abruf-Diensten in den damals noch 28 EU-Ländern schon 2,5 Mrd. Euro generierten. Sie waren zwischen 2010 und 2014 um 272 % gewachsen.

Videos gehören heute zur frühesten Internet-Aktivität von Kindern. Schutz Minderjähriger vor schädlichen Inhalten, aber auch aller Mediennutzer*innen gegenüber Hassreden, Fake News usw. ist nur unzureichend gewährleistet. Bisher unterlagen TV-Übertragungen und VOD (Video on Demand), sowie benutzergenerierte Inhalte (User Generated Content, UGC) unterschiedlichen Regeln und unterschiedlichem Verbraucherschutz. Dies änderte sich tendenziell mit Revision der AVMD-RL, die am 8. Oktober 2018 vom Parlament angenommen wurde. Deren Umsetzung in den Mitgliedsländern fiel dann in die Pandemie-Zeit und wurde entsprechend schleppend verwirklicht.

Am 9. Mai 2023 wurde ein kritischer Implementierungsbericht angenommen. „Die sogenannte ‚Netflix-Richtlinie‘ von 2018 kam … ziemlich spät. Ergebnis damals war unter anderem die Einbeziehung von Video-Sharing-Plattformdiensten in diese Richtlinie, um modernen Plattformen mehr Verantwortung für die Verwaltung ihrer Inhalte abzufordern, ohne dafür zu haften. Die Umsetzung ist nicht nur schleppend vorangegangen, sie wurde auch denkbar schlecht von der EU-Kommission analysiert. Genau das dokumentiert der sehr kritische Implementierungsbericht der audiovisuellen Mediendienste-Richtlinie, der heute verabschiedet wurde.“

Wir fanden das Ergebnis schon 2018 unbefriedigend. Die Richtlinie sollte faire Wettbewerbsbedingungen für das Fernsehen, für Video on Demand und Video-Sharing-Plattformen schaffen, indem sie beim Verbraucherschutz und bei der redaktionellen Haftung für Inhalte Gleichbehandlung regulieren sollte. Überdies sollten europäische Filme auf modernen Streaming-Plattformen mehr gefördert und Werbung liberalisiert werden.

Medial am lautesten beachtet wurde damals die 30 %-Quote europäischer Werke, die entgegen dem Kommissionsvorschlag von 20 % nun in den Katalogen von Streamingdiensten durchgesetzt werden soll, wenn auch nicht rechtlich bindend. Weitere Maßnahmen zur Filmförderung in den Mitgliedstaaten wurden durch Abgaben aus Umsätzen vereinbart. Letztlich muss man festhalten, dass die Förderung des europäischen Films nicht allein eine Frage der besseren Verbreitung ist. Sie hängt ebenso an guten Drehbüchern, mutigen Produktionen und vielen Einzelmaßnahmen, wie besserer Bezahlung, Untertitelung, Zugänglichkeit nach Ablauf der kommerziellen Verwertungsphasen in öffentlichen Mediatheken und hier sind noch viele Wünsche offen, die – nach unserer Auffassung – keine Quote allein lösen kann.

Lichtblick der 2018er Richtlinie war die Aufwertung der ERGA (European Regulators Group for Audio Visual Media Services) als unabhängige europäische Regulierungsbehörde.

Unsere Fraktion hatte die Richtlinie 2018 letztlich mehrheitlich abgelehnt, weil sie – nach unserer Auffassung – ihre selbstgesteckten Ziele schon vor der Umsetzung verfehlte.

  • Die Ausweitung des Geltungsbereichs auf audiovisuelle online Mediendienste, sowie Sharing-Plattformen war nur halbherzig geglückt. Video-Sharing-Plattformen werden durch den Verweis auf die Artikel 12 bis 15 der e-Commerce-Richtlinie letztlich von redaktioneller Verantwortung für programmähnliche Beiträge entlastet und einzig zu den schon üblichen Melde- und nachvollziehbaren Löschungsmechanismen gegenüber Hass, Gewalt, Rassismus, Sexismus etc. strenger verpflichtet. Dies war aber im Grundsatz auch ohne neue Richtlinie schon geregelt. Das Ungleichgewicht bei der redaktionellen Verantwortlichkeit zwischen linearen und modernen Medien bleibt dadurch weiterhin bestehen.
  • Wir lehnen die Liberalisierung der Produktplatzierung in der Werbung ab und sehen bei 20 Prozent Werbelimits pro Tag – was den Medien zwar mehr Spielraum gibt – keine Verbesserungen bei der massiven Bewerbung insbesondere bei Kindern und Jugendlichen.
  • Die Einigung zur Barrierefreiheit (Artikel 7) war letztlich sehr weichgespült und ohne spezifische Maßnahmen aufgenommen worden, wie Untertitel für Gehörlose, Audiodeskription, gesprochene Untertitel und Gebärdensprache.

Im Implementierungsbericht haben wir zusammen mit anderen Abgeordneten die Frage nach mehr kultureller Vielfalt und der Investitionensabgaben für die Filmindustrie, was gerade nach der Pandemie nochmals wichtig wurde, stark gemacht und speziell

  • mehr Datentransparenz für Nutzer:innen von Plattformen wie Filmproduzent:innen und
  • die Qualifizierung der Quotenmessung, sowie der Auffindbarkeit gefordert.

Bei der Datentransparenz gibt es jetzt klare Forderungen, bei er qualitativ gestützten Quotenmessung und der besseren Auffindbarkeit europäischer Werke müssen wir weiter um mehr Verbindlichkeit streiten.