Zwischen Zeuthen und Brüssel: Vorschau auf die Woche
Kritische Rohstoffe – Postwachstum – Vertragsreform – Beziehungen zu Großbritannien (Ausgabe 101)
Liebe Leser*innen,
eine ereignisreiche, arbeitsintensive, aber vor allem erfolgreiche Woche liegt hinter uns. Vielleicht haben einige von Ihnen per Livestream in die „Beyond Growth 2023 Conference – Pathways towards Sustainable Prosperity in the EU“ geschaut, die vom Montag bis Mittwoch in Brüssel stattfand. Wie bereits an dieser Stelle berichtet, war diese Konferenz als politikübergreifende Initiative organisiert worden, von 20 Mitglieder des Europäischen Parlaments (MdEP) aus fünf verschiedenen Fraktionen sowie Fraktionslosen gemeinsam mit mehr als 60 Partnerorganisationen.
Das Interesse an der Konferenz war riesig. Über 2.500 Teilnehmer*innen waren im Gebäude des Europaparlaments vor Ort, über 5.000 hatten sich online für Panels dazu geschaltet. Das zeigt, wie wichtig das Anliegen der Konferenz genommen wird – auch oder gerade gut 50 Jahre nach dem ersten Bericht des Club of Rome zu den „Grenzen des Wachstums“.
Ich habe Sie in der vergangenen Woche wiederholt über Anliegen und Inhalt der Beyond Growth Conference informiert. Daher möchte ich an dieser Stelle nicht die Tagung mit ihren vielen Panels Revue passieren lassen. Das kann ich auch gar nicht, denn die Anstöße, Ideen, Vorhaben, wie wir künftig wirtschaften und konsumieren wollen, ohne unsere Erde und uns selbst dabei zu vernichten, waren so zahlreich und umfassend, dass sie hier nicht dargestellt werden können. Aber auf jeden Fall werde ich Sie in Kenntnis setzen, wenn die dokumentierten Ergebnisse vorliegen. Ein Zitat möchte ich Ihnen jedoch an dieser Stelle nicht vorenthalten, weil es sozusagen als Klammer für die ganze Konferenz steht. Es stammt von der Politökonomin und Professorin Maja Göpel und ist eigentlich eine Frage, die auch ich in ähnlicher Form immer wieder gestellt habe: »Warum überhaupt assoziieren wir Wachstum stets mit etwas Gutem?«
Ich bin Ihnen aber noch eine weitere Information schuldig. Wie ich im letzten Newsletter angekündigt hatte, haben sich kürzlich auf Einladung der Linksfraktion THE LEFT im Europäischen Parlament zwei Dutzend Vertreter*innen von Linksparteien mit uns Abgeordneten getroffen, um die Europawahl vorzubereiten. Bei unserem Meinungsaustausch wurde schnell klar, dass die Probleme in allen europäischen Staaten ähnlich gelagert sind. Eine galoppierende Inflation, fast nicht mehr tragbare Kosten für Energie als Folge von Pandemie, Ukraine-Krieg und Profitstreben von Konzernen, fehlende Konsequenz im Kampf gegen den Klimawandel, Einschnitte in der Daseinsfürsorge und im öffentlichen Dienst, rechte Kräfte im Aufwind – das sind nur einige Stichpunkte für Entwicklungen, die zulasten der großen Mehrheit der Bevölkerung gehen oder ihnen große Sorgen bereiten.
Deshalb gab es große Einigkeit, diese Themen in den Mittelpunkt einer gemeinsamen Wahlstrategie zu stellen. Wir haben konkret vier große Bereiche abgesteckt: erstens den Kampf gegen soziale Ungerechtigkeit und für Umverteilung sowie zweitens den Einsatz gegen den Klimawandel, verknüpft mit der sozialen Frage. Die Errichtung einer neuen europäischen und globalen Sicherheitsarchitektur und die Unterstützung einer Friedenslösung für die Ukraine, was für die EU zugleich bedeutet, sich aus der Rolle einer Juniorpartnerin von USA und Nato zu befreien, ist Punkt drei. Vierter ist der Schutz der Demokratie und die Bekämpfung rechter Entwicklungen in Europa. Wenn Sie über unser Treffen und weitere Aspekte in unserer Vorbereitung der Europawahl nachlesen wollen, können Sie das gern hier tun: https://die-zukunft.eu/linkskurs-richtung-eu-wahl/.
Nicht nachlesen, sondern online verfolgen können Sie wichtige Beratungen und Ereignisse der kommenden Woche. Mehr dazu lesen Sie wie stets unten.
Zunächst aber werde ich, wie Sie wahrscheinlich auch, am Sonntag gespannt nach Griechenland schauen. Bei den dortigen Parlamentswahlen liegt die linke Syriza von Alexis Tsipras zwar hinter der rechtskonservativen Nea Dimokratia (ND) unter Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis. Trotzdem bestehen Chancen, dass Syriza mit Bündnispartnern noch einmal die Regierung bilden könnte. Bereits von 2015 bis 2019 war Alexis Premierminister – und hatte versucht, das Spardiktat der internationalen Gläubiger-Troika aus Europäischer Zentralbank, Internationalem Währungsfonds und EU-Kommission für die breite Bevölkerung abzumildern. Das „Oxi“ – also das „Nein“ – der griechischen Bürger*innen 2015 zu den Knebelvorgaben der Troika war legendär – und für die Syriza-Regierung Auftrag. Ich denke, sehr viele Griech*innen haben das nicht vergessen.
Ihr
Helmut Scholz
—
Lesen Sie die gesamte Ausgabe des Newsletters vom 19. Mai 2023 auf der Website von Helmut Scholz.
Sie möchten unseren wöchentlichen Newsletter direkt in Ihrem Postfach erhalten? Tragen Sie sich hier in unseren Verteiler ein.