Just Transition Fonds, Europäisches Jahr der Schiene, Klimagesetz

Regionalpolitisch läuft das Europaparlament kurz vor der parlamentarischen Sommerpause auf Hochtouren.

Am Montag, 6. Juli 2020 werden die REGI-Mitglieder während ihrer Sitzung – auch weiterhin digital – über wichtige Gesetzesvorhaben abstimmen, nämlich über die Schaffung des Fonds für den gerechten Übergang von Kohle zur erneuerbaren Energien, den „Just Transition Fond“ sowie zwei Stellungnahmen: zum Europäisches Klimagesetz und zum Europäischen Jahr der Schiene 2021. Was am Tage der Abstimmung nicht zu sehen sein wird sind viele Stunden Textarbeit, fachlicher Beratungen und politischer Verhandlungen, die alle ursprünglichen Zeitpläne alt aussehen ließen, auch die der vergangenen Woche.

 

Fast 900 Änderungsanträge beispielsweise wurden zum Berichtsentwurf zum Gesetz über den Just Transition Fonds eingereicht. Die EU-Kommission hat den erst im Januar vorgestellten Vorschlag in der Zwischenzeit im Zusammenhang mit dem Corona-Wiederaufbaupaket noch einmal geändert, unter anderem die ursprünglich vorgeschlagenen Mittel aufstockt. Sieben andere Fachausschüsse haben eine Stellungnahme abgegeben. Die Verhandlungen über die Knackpunkte zogen sich bis in den Freitagnachmittag dieser Woche. Einige der Knackpunkte: Sollen so genannte Übergangstechnologien und -energien mit diesem Fonds gefördert werden, um von der Kohle wegzukommen, also Gas und gar Öl? Wir meinen, auf keinen Fall. Der JTF ist für den Ausstieg aus fossilen Energien da. Weitere Gasinfrastrukturen würden uns auf Jahrzehnte binden, statt auf saubere Energien umzustellen. Sollen Großunternehmen Geld für den Umbau bekommen können oder vor allem KMU und Vorhaben, die direkt den Beschäftigten und der Allgemeinheit zugutekommen? Wir sind der Auffassung, dass die Energiekonzerne gerade in Deutschland schon Summen für den Kohleausstieg bekommen, von denen die EU-Strukturfonds nur träumen. Soll die Verpflichtung jedes Mitgliedstaates auf Klimaziele und konkrete Kohleausstiegspläne und -daten Bedingung für die Ausschüttung wenigstens eines Teils der Mittel sein? Natürlich. Doch in diesen und anderen Fragen gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Fraktionen. Unsere Grundsatzpositionen hatten wir vor einiger Zeit einem JTF-Positionspapier zusammengefasst.

 

Das zeigt sich auch bei den harten Auseinandersetzungen um das Europäische Klimagesetz. Dieses soll die in vielen Reden und politischen Erklärungen verkündeten Klimaziele und -strategie der EU in Gesetzesform bringen. Zwar gibt es ausreichend wissenschaftliche Belege, dass die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius begrenzt werden muss und dazu eine Reduktion von Emissionen um 65-70% bis 2030 erforderlich ist. Doch zugleich gibt es reichlich Interessenvertreter, die die Corona-Krise dazu nutzen möchten, Klimaschutzpolitik als zu teuer darzustellen und die ausgetretenen Wege rücksichtsloser Wachstumsideologie weiterzumarschieren. Am Ende wird der REGI-Ausschuss wohl eine moderate Stellungnahme hinlegen. Die klimapolitischen Grundsätze unsere Fraktion GUE/NGL haben wir bereits im April 2019 in einem Klima-Manifesto zusammengetragen.

Eine kleine Premiere darf unser Büro feiern: Martinas erste parlamentarische Stellungnahme der neuen Legislaturperiode (wir schrieben bereits darüber) wird in der kommenden Woche ebenfalls abgestimmt. Das Europäische Jahr der Schiene 2021 hat natürlich eine klare regionale Perspektive. Es ist eine wichtige Gelegenheit, Strategien zur Verbesserung der Eisenbahnpolitik der EU zu untersuchen. Im Grundsatz besteht darüber glücklicherweise viel Einigkeit im Regionalausschuss. Das gilt für Martinas Forderung nach mehr und besseren Nachtzügen, besseren lokalen und dabei auch grenzüberschreitenden Verbindungen, statt Schienenstillegungen, attraktiveren Preise und nutzerfreundlichen Ticketsystemen. Doch auch bei diesem Dossier lag der Teufel oft im (klima-, energie- und wirtschaftspolitischen) Detail.

Allen Arbeiten gemeinsam ist natürlich, dass die Bedingungen von Lockdown, Home Office, technischen Pleitenpechundpannen, vor allem aber auch der Uneinigkeit der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten in Sachen EU-Haushalt und Klimaschutz der vergangenen Monate das Vorankommen nicht eben erleichtert.

Wie es weitergeht, werden wir natürlich berichten. Nach der Ausschussabstimmung muss schließlich im September noch dasPlenum beschließen und die Verhandlungen mit dem Rat geführt werden. 

 

 

Change the System not the climate!
Olivier Hansen

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