Weiterer Kandidat der Kommission von der Leyen mehr als fraglich
Anlässlich der heutigen Anhörung des designierten EU-Außenbeauftragten (Hohen Vertreters/Vize-Präsident der Kommission) Josep Borrell, erklärt Özlem Alev Demirel, Europaabgeordnete und stellvertretendes Mitglied im Auswärtigen Ausschuss (AFET), sowie Vize-Vorsitzende des Ausschusses für Sicherheit und Verteidigung (SEDE):
„Als Chefdiplomat wäre Borrell auch für die Einhaltung der EU-Rüstungsexportkontrolle zuständig. Diese wird seit Jahren nicht nur mit Blick auf Saudi-Arabien missachtet – auch von Borrell. Deshalb ist er für diese Position gänzlich ungeeignet.“
„Josep Borrell war schon fast alles in der EU: Ausschussvorsitzender des EP-Entwicklungsausschusses (DEVE), Präsident des Europäischen Parlaments und zuletzt spanischer Außenminister – als dieser hatte er im vergangen Jahr eine Rüstungslieferung nach Saudi-Arabien, die eigentlich gestoppt werden sollte, wieder aktiviert.“
„Borrell bestätigte damals, die 400 lasergelenkten Bomben vom Typ GBU-12 Paveway II nach Saudi-Arabien zu liefern, obwohl die Verteidigungsministerin den Deal stoppen wollte. Auf die Frage, was wäre, wenn die Bomben im Jemen-Krieg eingesetzt werden und dort Krankenhäuser oder Schulen zerstören, antwortete Borrell zynisch: ‚Dies sind Präzisionswaffen, die keine Kollateralschäden verursachen.‘ Unabhängig davon wie man zu Rüstungsexporten generell steht, wären diese Waffenlieferungen auch im europäischen Kontext verboten. Der sogenannte Gemeinsame Standpunkt 2008/944/GASP zur Rüstungsexportkontrolle (siehe unten) beinhaltet acht Kriterien, wonach Rüstungsexporte unter anderem in Krisengebiete oder in Länder, in den Menschenrechtsverletzungen auf der Tagesordnung stehen, verboten sind.“
„Vor diesem Hintergrund wollten wir als EP-Linksfraktion GUE/NGL wissen, wie er als EU-Außenbeauftragter zur Umsetzung der EU-Waffenexportkontrolle steht, beziehungsweise wie er diese essentiell verstärken und tatsächlich umsetzen will. Seine Antwort darauf war ausweichend, er hätte nur einen fertigen Rüstungsdeal ausgeführt und sprach bezüglich des gemeinsamen Standpunkts lediglich eine Überarbeitung an. Was genau das heißt, bleibt mehr als offen – in jedem Fall sieht eine restriktive Rüstungsexportkontrolle anders aus! Es stellt sich die Frage, ob man in diesem Punkt der Außenpolitik, die tatsächlich über Leben und Tod von Tausenden Mensch entscheidet, nicht den Bock zum Gärtner macht. Wir lehnen Herrn Borrell als Außenbeauftragen ab. Er wird nicht für Abrüstung und Frieden eintreten, sondern die Rüstungslobby und die EU als Großmacht fördern.“
Hintergrund:
EU-Rüstungsexportrichtlinien (“acht Kriterien”)
Gemeinsamer Standpunkt 2008/944/GASP des Rates vom 8. Dezember 2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern beinhaltet acht Kriterien, nach denen die EU–Mitgliedstaaten ihre Exportlizenzen für Rüstungsgüter erteilen oder verweigern sollen. Der Gemeinsame Standpunkt ist rechtlich bindend, enthält jedoch keinen Sanktionsmechanismus, weshalb sich viele Mitgliedstaaten nicht an die Kriterien halten beziehungsweise die Anwendung und Auslegung so unterschiedlich stattfindet, dass es keine wirksame Exportkontrolle geben kann.
1.) Respekt vor internationalen Verpflichtungen/Verträgen;
2.) Achtung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts;
3.) Sicherheitslage des Landes (etwa, ob Bürgerkrieg herrscht);
4.) Gefährdung von Frieden und Stabilität in einer Region (keine Exporte in Krisengebiete);
5.) Wahrung von Bündnisinteressen;
6.) Haltung bezüglich Terrorismus;
7.) Gewährleistung keiner Weitertransfers an problematische Länder/Gruppen (Endverbleib);
8.) Vereinbarkeit mit der technischen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Empfängerlandes
(Entwicklungsverträglichkeit).