Heute Morgen stimmte der Rechtsausschuss des Europaparlaments (JURI) über die Richtlinie für ein neues Urheberrecht hab. Ursprünglich von Günther Oettinger seitens der Kommission auf den Weg gebracht, führte der Christdemokrat Axel Voss (CDU) dessen Arbeit als Berichterstatter für diesen Text weiter. Seine Vorgängerin, Therese Comodini-Cachia, wollte das bereits in Deutschland und Spanien krachend gescheiterte Leistungsschutzrecht auf EU-Ebene ausräumen, doch gab sie das Dossier an ihn ab, als sie in die nationale Politik nach Malta wechselte. Unter der Ägide von ihrem Parteifreund Axel Voss und gegen den großen Widerstand aus der Wissenschaft, von Verbänden, Aktivist*innen und Privatpersonen, wurde nun eine Mehrheit für die Position der deutschen Verleger gefunden, anders gesagt: Artikel 11 wurde mit 13 zu 12 Stimmen im Ausschuss angenommen.

Darüber hinaus stand der berüchtigte Artikel 13 zur Abstimmung. Dessen Anspruch sollte sein, Kreativen ein besseres Einkommen im Netz zu sichern. Doch schlug Voss hierfür sogenannte Upload-Filter zur Erkennung urheberrechtlich geschützter Werke als verpflichtendes Mittel vor. Upload-Filter sind jedoch nicht nur teuer und würden die Großen bevorteilen, sie sind auch grundrechtlich bedenklich, denn sie können zum Beispiel nicht zwischen Original, Zitat oder Parodie unterscheiden. Daher werden sie zurecht von vielen als Zensurmaschinen abgelehnt, doch wurden sie von einer Mehrheit von 15 zu 10 Stimmen im EP-Rechtsausschuss angenommen.

Nun liegt die Hoffnung großer Teile der Netzgemeinde und der Nutzerinnen und Nutzer, die für eine freie Kommunikation auch im Netz eintreten, auf der Standhaftigkeit des kommenden Plenums im Juli, indem es dem Berichterstatter das Verhandlungsmandat mit dem Rat verwehrt. Martina Michels, kulturpolitische Sprecherin der Delegation DIE LINKE. und Schattenberichterstatterin der Stellungnahme zur Copyrightrichtlinie im Kulturausschuss (CULT), kommentiert das Ergebnis:

„Es ist bedauerlich, dass wir die heutige Abstimmung verloren haben. Ärgerlich hingegen wird es, wenn wir uns genauer ansehen, was hier gerade passierte: Eine Mehrheit von Christdemokratie (EVP), EU-Gegnern (EKR), Wirtschaftsliberalen (ALDE) und Nationalisten (ENF) spielte Steigbügelhalter für die Interessen der deutschen Großverlage um Springer, Funke & Burda. Abgeordnete haben die Anliegen von Monopolisten durchgesetzt, die ihre veränderte Marktstellung im Internetzeitalter nicht akzeptieren wollen, und dafür in dreister Weise einmal mehr die Urheber*innen und die Medienvielfalt argumentativ instrumentalisieren. Niemand hindert die Großverlage ihre Journalist*innen besser zu bezahlen, doch auch mit einem Leistungsschutzrecht im Gepäck wird genau das nicht passieren, wie die deutsche Praxis längst gezeigt hat.“

„Das Leistungsschutzrecht (LSR, Artikel 11) in Spanien und Deutschland hat überdies gezeigt, dass weniger Klickzahlen zu weniger Werbung und deshalb zu noch weniger Verdienst führen werden. Anstatt die Agenda eines Teils der Presseverlage durchzudrücken, hätten Voss & Co. die Verlage auffordern müssen, im 21. Jahrhundert anzukommen und neue Verwertungsmodelle zu entwickeln, statt ihre Marktmacht durch absurde Rechtssetzung abzusichern.“

„Auch die Zustimmung zum Art. 13 basiert auf einem Regulationsansatz, der freie Internetkommunikation unterbindet, statt sich dem Problem der Einkommensverluste für Kreative ernsthaft zu stellen. Mit der verpflichtenden Einführung von Uploadfiltern (Artikel 13) wird für viele nun der Traum wahr, kontrollieren zu dürfen, was wer wo hochlädt. Was vor sechs Jahren bei ACTA noch abgewendet werden konnte, soll durch Oettinger und Voss nun Gesetz werden, und das entgegen des Koalitionsvertrags ihrer CDU in Berlin.“

„Um vermeintlichen Urheberrechtsverletzungen auf die Schliche zu kommen, sollen künftig alle hochgeladenen Inhalte daraufhin überprüft werden und bei Verstoß blockiert, beziehungsweise zensiert werden. Die Internetdienste werden dabei zur privatisierten Rechtsdurchsetzung ermächtigt, eine, die jederzeit durch mögliches Overblocking die Meinungsfreiheit massiv einschränken kann, denn eine Software kann Original, Zitat oder Parodie nicht immer unterscheiden. Dadurch, dass kleinere Internetdienste diesen Aufwand nicht werden erbringen können, wird damit zugleich den großen US-Playern ein neues Geschenk zu Füßen gelegt. Well done, Axel Voss, not.“