Gestern erhöhte das EU-Parlament den Druck auf die Kommission und forderte, für einen EU-weiten Whistleblowerschutz bis zum Ende dieses Jahres Gesetzesvorschläge zu unterbreiten. Dazu kommentiert Martina Michels, die für die Stellungnahme des Kulturausschusses (CULT) Schattenberichterstatterin war:  

„Auch wenn die EU-Wettbewerbskommissarin Margarete Vestager dem Whistleblower Antoine Deltour und dem Journalisten Raphaël Halet im Zuge der ‚LuxLeaks‚ bescheinigte, das Richtige getan zu haben, wurden Deltour und der Investigativjournalist von einem luxemburger Gericht erneut verurteilt. Der Quellenschutz und die Sicherung des eigenen Lebens sind längst nicht nur in despotisch regierten Ländern bedroht. Das belegt nicht zuletzt die schreckliche Nachricht vom Tod der Journalistin Daphne Caruana Galizia, die für ihre kritische und gründliche Arbeit an den ‚Panama Papers‘ mit ihrem Leben bezahlen musste. Offenbar sind nationale Gerichte mit der Aufklärung derartiger Morde, und letztlich auch mit den aufgedeckten Fällen von Korruption, Staatsversagen und organisiertem Verbrechen dermaßen überfordert, dass es dringend notwendig ist, sie systematisch auf internationaler Ebene verfolgen zu können. Demokratien benötigen dringend einen rechtlichen Schutz für Whistleblower*innen, auch über nationale Grenzen hinweg.“   

Martina Michels schlussfolgert: „Deshalb brauchen wir europaweite Regelungen, wie sie mit dem Bericht der sozialdemokratischen Berichterstatterin Virginie Rozière auch erneut eingefordert werden. Manche Länder haben auf dem Papier eine gute Gesetzeslage, aber kaum Durchsetzungserfolge. Andere verschanzen sich, wie gestern auch viele konservative Politikerinnen und Politiker, hinter dem Geschäftsgeheimnis, um die Aufdeckung von Korruption in Unternehmen zu vereiteln.“ 

„Die juristische Aufarbeitung ist bei weitem nicht hinreichend. Die Entscheidung, an die Öffentlichkeit oder vor zu Gericht zu gehen, ist zumeist so gravierend für die Existenz der Whistleblower*innen und Journalist*innen, dass hier schleunigst gehandelt werden muss und auch andere Anlaufstellen geschaffen werden müssen. Die erste Adresse ist oft nicht eine Anwältin oder ein Anwalt, sondern es geht immer um ein ganzes Bündel von Maßnahmen, die die soziale Sicherheit und die psychische Unversehrtheit von Whistlebower*innen schützen sollten. Anlaufstellen, wie sie mit dem niederländischen House for Whistleblowers Act (Wet Huis voor klokkenluiders) geschaffen wurden, sind hier beispielgebend. Um eine derartige Arbeit – und gegebenenfalls auch die Anonymität – abzusichern, wird im Bericht zurecht ein europäischer Fonds gefordert.

Die Stellungnahme im Kulturausschuss beschäftigte sich naturgemäß verstärkt mit der Arbeit von Journalistinnen und Journalisten und damit mit der Bedeutung eines starken Whistleblowerschutzes für die Medien- und Meinungsfreiheit, auch sie ist inmitten Europas noch immer gefährdet.“