Copyright: Kulturausschuss verpasst den Sprung ins digitale Zeitalter
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Nach dem Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) stimmte heute der Kulturausschuss (CULT) zur Revision des Copyrights im digitalen Binnenmarkt (DSM) ab. Dazu kommentiert Martina Michels, stellvertretendes Mitglied im Kulturausschuss und Schattenberichterstatterin für die Revision und Erweiterung der Copyright-Richtlinie:
„Anders als der IMCO, stimmte der CULT in seiner Stellungnahme allen von der Kommission vorgelegten und besonders umstrittenen Artikeln der neuen Copyright-Richtlinie zu. Darunter finden sich Artikel zum Leistungsschutzrecht (LSR) für Presseverleger (Art. 11), zur Verlegerbeteiligung (Art. 12) und zu den verbindlichen Upload-Filtern für Plattformen (Art. 13).“
„Zuerst ist es besonders schade, dass der Ausschuss die moderate Version des IMCOs beim Art. 13, der die verbindlichen Upload-Filter ausschloss, nicht wiederholte. Zumeist wird dieser Artikel unter der Überschrift des ‚value gaps‘ diskutiert, des geschmälerten Einkommens für MusikerInnen und AutorInnen auf Plattformen. Doch Upload-Filter, Inhalteerkennungstechnologien, sind dafür keine adäquate Lösung, im Gegenteil. Sie können zu privatisierten und technologisierten Zensurinstrumenten auswachsen und widersprechen damit letztlich sogar Grundrechten der Meinungsäußerung, wenn sie letztlich beispielsweise die Löschung von Memes, Parodien oder anderen Formen betreffen, die in der modernen digitalen Kommunikation längst üblich sind.“
„Weiterhin ist das Leistungsschutzrecht für Presseverlage, das mit dem Art. 11 europäisch geregelt werden soll, der ärgerlichste Einfall aus dem Erbe Oettingers als Digitalkommissar. Die beiden gescheiterten Versionen in Deutschland und Spanien haben keinem einzigen Journalisten ein bessere Bezahlung beschert, Google sogar am Markt durch kostenfreie Lizenzen noch exponiert und die Medienvielfalt – wie beim vorübergehenden Abschalten von Google News in Spanien – eingeschränkt. Trotzdem ließen sich viele von der Argumentation, dieses überflüssige Schutzrecht würde dem Journalismus neuen Auftrieb verschaffen, offenbar leiten. Einen Wirklichkeitstest hat dieses Scheinargument bisher noch nicht bestanden.“
„Beim Art.12, der Verlegerbeteiligung, zum Beispiel bei der Kopierpauschale, ließe sich einwenden, dass insbesondere kleine Verlage das Vogel-Urteil in Deutschland sehr getroffen hat. Doch diese Umwegfinanzierung des Verlagswesens schmälert praktisch die Einkünfte der Urheber und ließe sich für Verlage problemlos durch ihre Vertragsgestaltung kompensieren, anstatt ihnen per se die Marktmacht gegenüber den Autorinnen und Autoren per Richtlinie zuzugestehen.“
Abschließend fasst Martina Michels zusammen: „Trotz Ablehnung des Richtlinienvorschlags von Seiten der GUE/NGL (2) und sechs weiterer Abgeordneter, einer Enthaltung und 20 BefürworterInnen, enthält der Vorschlag auch positive Elemente. Die Ausnahmen zum Text und Data Mining (TDM) für die Wissenschaft, sowie für Bildung und Institutionen des kulturellen Erbes hätten verbindlicher und weitergehender sein können, doch immerhin sind sie zu begrüßen. Ebenso hat der Kulturausschuss eine Besonderheit beschlossen, die wir mitgetragen haben: Eine optionale Ausnahme für Nutzer generierten Inhalt (UGC). Damit ist ein kleiner Einstieg in mehr fair-use-Regeln gelungen und wir werden dazu ganz sicher noch interessante Debatten bekommen. Zum Artikel 7, den verwaisten Werken, gibt es sinnvolle Regelungen und ebenso gibt es einige Klarstellungen beim Urhebervertragsrecht, Art. 14 – 16, die überfällig waren, wie mehr Transparenzpflichten der Verwertungsgesellschaften oder die Bestsellerklausel. Nun richten sich alle Augen auf den federführenden Rechtsausschuss (JURI), der im September abstimmen wird. Die Debatten um ein modernes Urheberrecht im digitalen Zeitalter stehen allerdings nach meiner Auffassung noch immer am Anfang.“
Hintergrund:
Eine erste Einschätzung der am 14. September 2016 vorgestellten Kommissionsentwürfe ist hier zu finden. Der Kommissionsvorschlag für eine Richtlinie zum Urheberrecht im digitalen Zeitalter ist einer von ungefähr zehn Vorschlägen zu verschiedenen Themen rund um das Urheberrecht und den digitalen Binnenmarkt. Andere sind etwa die Vorschläge zur Umsetzung des Marrakesch-Vertrages oder die SatCab2-Verordnung zu grenzenlosem Internet-TV. Die meisten Vorschläge befinden sich noch in den Ausschussabstimmungen, bis auf die Ausnahmen für Menschen mit Lese- und Sehbeeinträchtigungen (Umsetzung des Marrakesch-Vertrages), die in der vergangenen Woche im Plenum positiv abgestimmt wurden.
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CULT Committee’s failure to defend copyright regulation disappointing
GUE/NGL Shadow Rapporteur Martina Michels has expressed her disappointment at the members on the Committee on Culture and Education (CULT) for not standing up to the European Commission in the latest battle to bring EU copyright regulation into the digital age.
The German MEP says that yesterday’s vote on a revision of the copyright regulation in the Digital Single Market (DSM) failed to challenge the Commission’s proposals on ancillary copyright and binding upload filters for digital platforms, and says this was particularly galling given they are part of Günther Oettinger’s toxic legacy as the Commissioner for Digital Economy and Society.
In particular, Michels highlighted the stark contrast to MEPs from the Committee on Internal Market and Consumer Protection (IMCO) who did a much more thorough examination of the Commission’s proposals:
“Unlike those at IMCO, the CULT committee agreed with all the controversial Articles of the new Copyright Directive that were submitted by the Commission.”
“It’s a pity that those at CULT did not go along with IMCO in excluding binding upload filters for platform from Article 13. Upload filters – or content recognition technologies – are not an adequate solution. They might even have the opposite effects and be used in censoring memes and parodies, thus contradicting fundamental rights of expression in the long run.”
Michels, however, was most damning in the CULT Committee’s failure to address the shortcomings in Article 11 covering ancillary copyright and blames Oettinger for trying to introduce an EU-wide ancillary copyright for news publishers when it had already failed in his home country, Germany:
„Article 11 on ancillary copyright is the most annoying incentive from Oettinger’s legacy as Commissioner. Similar proposals had already failed in Germany and Spain and not a single journalist has been awarded with better pay. Meanwhile, it’s helped Google to grow even further in the market with free licenses,” the German MEP continued.
“Although media pluralism – even with the temporary shutdown of Google news in Spain – doesn’t apply everywhere but nevertheless, many had argued that this superfluous protection law would provide new impetus to journalism. But the reality is that this has yet to bear any fruits.“
“All eyes will now be on the legislative committee where a vote will take place in September. The debates about modern copyright in the digital age are only at the beginning, however – and still has a long way to go,“ concluded Michels.