EP-Untersuchungsausschuss zu den PanamaPapers: „Wir müssen den politischen Druck erhöhen!“
Fabio De Masi im Hörfunk-Interview mit HR-info
Im Interview mit dem Radiosender HR-info äußert sich Fabio De Masi zum Untersuchungsausschuss des Europäischen Parlaments zu den Steuerenthüllungen der Panama Papers. Diese hatten ein globales System der Geldwäsche und Steuerhinterziehung aufgedeckt. Über Briefkastenfirmen in Panama und den britischen Jungferninseln haben Reiche, Politiker, Terroristen und (andere) Kriminelle ihr Geld gewaschen. Nun soll es einen Untersuchungsausschuss im Europäischen Parlament dazu geben. Das Interview mit HR Info kann hierabgerufen und im Folgenden nachgelesen werden – Copyright by hr-iNFO:
HR: Haben es die die Staaten der Europäischen Union zugelassen oder sogar gefördert, dass Firmen und auch Privatleute ihre Gewinne am Finanzamt vorbeilotsen konnten, wie soll das aufgeklärt werden, wie wollen Sie das nachweisen?
Fabio De Masi: Die Fakten liegen ja auch der Hand: Wir wissen bereits jetzt, dass etwa die Bundesregierung öffentliche Register über die wahren Inhaber von Briefkastenfirmen verhindert hat. Wir wissen, dass der britische Premierminister David Cameron und die EU-Kommission dafür lobbyiert haben, dass es Ausnahmen für bestimmte Trusts gibt, in denen dann seine eigene Familie Geld geparkt hat. Das heißt, wir werden uns gar nicht so sehr mit Geheimnissen beschäftigen müssen, vor allem müssen wir in diesem Ausschuss den Druck erhöhen, damit die Spielregeln geändert werden und letztlich ist dies nicht der erste Ausschuss zu diesem Thema. Wir hatten ja bereits nach den sogenannten LuxemburgLeaks über Steuervorbescheide einen Ausschuss (TAXE, Amn. d. Verf.). Damals hatte sich ja die Große Koalition noch gegene inen echten Untersuchungsausschuss gewehrt, was auch etwas schizophren ist. Panama isz weit weg, da macht man jetzt einen Untersuchungsausschuss, Luxemburg ist vor der Haustür, da hat man keinen gemacht, aber nun gut. Ich bin mir sicher, wir werden da erfolgreich sein.
HR: Sie sprechen ja nun einen entscheidenden und zentralen Punkt mit an, es gibt ja nicht nur massive Kritik an den Steueroasen in Übersee, viel Kritik geüber wird ja auch an europäischen Staaten, die es geduldet haben, dass Schwarzgeld auf ihren Immobilienmärkten gewaschen wird, die selbst Steueroasen sind und oder waren – sind Ihre Bemühungen dadurch nicht zum Scheitern verurteilt, bei einer so mächtigen Front, die sich da teilweise gegen Sie bildet?
Fabio De Masi: Nun, dass es leicht wird, hab ich mir nie vorgemacht. Wir haben ja mit Herrn Juncker quasi den ehemaligen Regierungschef einer Steueroase als EU-Kommissionspräsidenten, wir sind da natürlich bereits in der Vergangenheit auf verschiedene Widerstände gestoßen. Aber wir müssen eben mit diesem öffentlichen Druck, mit den Enthüllungen der Journalisten und Journalistinnen arbeiten und dann bewegt sich da auch etwas, da bin ich relativ zuversichtlich. Wir müssen sehen, dass bei den PanamaPapers nicht ausschließlich umS teuern geht, sondern eben auch vor allem um den Bereich der Geldwäsche. Wir sprechen da auch über ganz handfeste Dinge wie Korruption, Drogenhandel, Waffenhandel, also organisierte Kriminalität der Reichen und Mächtigen.
HR: Sie haben vorhin gesagt, die Spielregeln müssten geändert werden. Ist es denn tatsächlich so, dass die Spielregeln in Europa nicht stimmen oder werden Sie in den Nationalstaaten einfach nicht angewendet?
Fabio De Masi: Es ist beides: Also im Steuersystem nutzen zum Beispiel große multinationale Konzerne – darum ging es bei den LuxLeaks – Unterschiede in den nationalen Steuerrechten aus, die auch sehr bewusst dann von den Mitgliedstaaten missbraucht oder den multinationalen Konzernen angeboten werden. Auf der anderen Seite ist es so, dass all die Schlupflöcher, die man zum Beispiel in der Geldwäsche-Richtlinie geschaffen hat – die waren ja bekannt – wir haben das unter den Experten schon vor einiger Zeit diskutiert und schon damals kritisiert. Insofern haben wir es da auch mit politischer Hilfestellung zu organisierter Kriminalität und zu Geldwäsche zu tun.
HR: Wenn wir in einem Jahr hier wieder miteinander sprechen und eine Bilanz zu diesem Untersuchungsausschuss ziehen, wann würden Sie sagen, ist dieser Ausschuss ein Erfolg gewesen?
Fabio De Masi: Ein erster Erfolg wäre für mich, wenn auch die Reichen und Mächtigen ihren Namen auf ihren Briefkasten stehen haben müssen. Sie und ich haben ja unsere Namen auf den Briefkästen stehen. Wenn wir das erreicht haben, haben wir ne Menge erreicht, weil wir dann auch die Banken verknacken können, die diesen Leuten immer wieder helfen, ihr Geld an der Steuer vorbei zu schleusen.