Fabio De Masi: „Herr Präsident! Die Kapitalmarktunion soll eine der Krankheiten Europas heilen: zu wenig Investitionen und Banken, die keine Kredite vergeben. Aber wenn man eine Krankheit heilen möchte, dann muss man erst mal die Ursachen der Krankheit verstehen, bevor man sich auf eine Medizin verständigt. Und die Ursache für die schwache Kreditvergabe im Bankensektor ist eben, dass wir Austerität in Europa hatten, dass Löhne gesunken sind, dass Renten gesunken sind, dass Staatsausgaben gesunken sind. In einem solchen Umfeld herrscht nun mal eben keine dynamische Kreditnachfrage. Die Ursache dafür, dass Banken keine Kredite vergeben, hatte ja genau damit zu tun, dass man etwa einen unseriösen Verbriefungsmarkt gefördert hat.

Wenn nun die Kommission eben sagt: „Wir wollen einfache, sichere, transparente Produkte fördern“, dann muss sie erst einmal beantworten, warum es keinen privaten Markt für diese Produkte gibt. Den gibt es offensichtlich nicht, weil den Marktteilnehmern die Risiken zu hoch sind.

Deswegen sagen wir, dass die Kapitalmarktunion nicht in die europäische Landschaft passt. Denn es gibt Gründe dafür, dass Europa stets ein bankenzentriertes Wirtschaftssystem hatte, weil Banken eher in der Lage sind, auch die Bedürfnisse von kleinen und mittelständischen Unternehmen zu befriedigen. Banken, die die Investitionsrisiken kennen, während es in den USA größere Wirtschaftseinheiten sind. Deswegen sollte man nicht Äpfel mit Orangen vergleichen.

Wir lehnen die Kapitalmarktunion ab. Sie ist das falsche Mittel gegen die Krankheit Europas.“