Diyarbakir – Straßburg – Berlin

Viele Tausend Kilometer war Martina Michels in der 2. Juniwoche unterwegs. Am Montag startete sie aus der Türkei von der Wahlbeobachtung aus Diyarbakir kommend zu einer turbulenten Plenumswoche nach Straßburg. TTIP und kein Ende, Russland, Griechenland, die Energieunion und die FIFA-Korruption brachten das parlamentarische Geschehen bisweilen ganz schön aus den Fugen.

 

Wahlen in der Türkei

Die Woche begann mit dem Finale einer Reise in die Türkei. Nach einer lehrreichen Erfahrung als unabhängige Wahlbeobachterin rund um Diyarbakir, mehreren ziemlich kurzen Nächten voller Gespräche und einer unglaublich ausgelassenen Wahlparty der HDP, startete Martina Michaels via Istanbul am Montag in eine Plenumswoche des Europäischen Parlaments nach Straßburg. Auch dort waren die Wahlen in der Türkei Teil der Fraktionsdebatten. Im Plenum wurde überdies die ausgesetzte Abstimmung des Fortschrittsberichtes zur Lage in der Türkei nachgeholt.

Straßburg: TTIP – Resolution zu Russland – FIFA-Korruption – Energieunion

Die letzte Straßburgwoche wird für Martina Michels wohl als die Woche der Sitzungsunterbrechungen im Gedächtnis haften bleiben. Mit der von Bürgerbewegungen, Verbraucherverbänden, Gewerkschaften und diversen Stopp-TTIP-Aktivistinnen und Aktivisten erwarteten Abstimmung zum Verhandlungsstand bei TTIP offenbarte Parlamentspräsident Schulz eine ungewöhnliche Nervosität, vertagte Abstimmungen und später auch notwendige Debatten, die dann mit 183 zu 181 Stimmen von der Tagesordnung gekippt wurden. Sicherlich kann man das noch Demokratie nennen, aber der Zustand ist durchaus bedenklich. Dass diese Verfahensweisen Tumulte im Plenum nach sich zogen, war dann kaum noch verwunderlich. Politische Auseinandersetzungen in der Sache gehen anders. Mehrere Kurzeinschätzungen und Pressemeldungen zu diesen Vorgängen sind auf der Homepage der Delegation zu finden.
Da dieses Debakel wohl das Hauptthema in der Medienöffentlichkeit über diese Plenumswoche war, soll hier nicht unerwähnt bleiben, dass innerhalb der Woche ebenso die Resolution zu Russland, zu der mein Kollege Helmut Scholz eine beachtenswerte Rede hielt, die FIFA-Korruption und die Energieunion mit wichtigen und heftigen Debatten auf dem Programm standen. All die Positionierungen sind folgenreich und werden auch – genau wie die Verantwortung für TTIP – das Parlament auch nach der letzten Woche weiter beschäftigen.  

 

Berlin: Treffen der Europapolitischen Sprecher und Wahlauswertung Türkei

Der Freitag stand im Zeichen des Treffens der Europapolitischen Sprecherinnen und Sprecher, zu dem wir Georgios Chondros, Mitglied des Syriza-Parteivorstandes, begrüßen konnten. Er stand uns Rede und Antwort. Die jüngsten unsäglichen Äußerungen von Gabriel: „Wir werden nicht die überzogenen Wahlversprechen einer zum Teil kommunistischen Regierung durch die deutschen Arbeitnehmer und ihre Familien bezahlen lassen“, mit denen er heute, am 14. Juni, in der BILD zitiert wird, verdeutlichen einmal mehr, dass – auch über die parteipolitische LINKE in Deutschland hinaus – eine überzeugende und deutliche Argumentation für eine solidarische und vor allem europäische Krisenbewältigung in Griechenland immer entscheidender wird. Daher soll an dieser Stelle auf die Kundgebung mit Musik „Europa. Anders. Machen. demokratisch – solidarisch – grenzenlos. am 20. Juni in Berlin verwiesen werden (Die Veranstaltung beginnt 13 Uhr auf dem Oranienplatz in Kreuzberg). Wir sollten diese und andere Gelegenheiten nutzen, Wege aus der Schuldenfalle, die inzwischen selbst von Wirtschaftswissenschaftlern, die nicht aus der Linken kommen, sowohl in den USA als auch hierzulande diskutiert werden, deutlich zu machen und die Bundesregierung auffordern, ihren ideologischen Kurs im Umgang mit einem Mitgliedsland der EU endlich – als sichtbar gescheitert – aufzugeben.

Am Samstagabend hatte Haken Tas, Mitglied im Berliner Abgeordnetenhaus, in sein Wahlbüro eingeladen. Gemeinsam mit Julia Wiedemann von der Internationalen Abteilung des Parteivorstand der LINKEN, einer Berliner Vertreterin der HDP, Mehtap Erol, und mit Martina Michels begann eine intensive Auswertung der Wahlen in der Türkei. Dabei wurde deutlich, welche Bedeutung das Wahlergebnis für einen wieder belebten Demokratieprozess in der Türkei haben könnte, aber auch wie weitreichend das Wahlergebnis für den Nahen Osten, für das Zusammenleben in Europa letztendlich werden könnte. Das große Interesse und die Diskussion bis gegen 21 Uhr zeigte, dass hier viele Anknüpfungspunkte für weitere Gespräche und für eine konkrete Europäische Nachbarschaftspolitik in Berlin sind.