Ein Rückblick auf die Plenarwoche in Straßburg

Beziehungen der EU zur Türkei und die Flüchtlingspolitik

Diese Plenarwoche wurde schon im Auftakt von schwerwiegenden Fehlentscheidungen der EU-Institutionen flankiert. Erdogan wurde von Tusk, Juncker und Schulz empfangen und es wurde ein ungewöhnliches Kapitel einer strategischen Partnerschaft der EU mit der Türkei aufgeschlagen.

Am 1. November sind erneut Wahlen in der Türkei. Der Besuch und die geplanten Verhandlungen mit der Hohen Vertreterin der EU für Außen und Sicherheitspolitik und Vizepräsident der Junckerkommission, Federica Mogherini, sowie die Stoßrichtung des Deals über die Unterstützung der Türkei bei der Registrierung und Integration von Flüchtlingen ist die Fortsetzung einer mutlosen und menschenverachtenden Flüchtlingspolitik, die auf Abschottung setzt und nichts zur Bekämpfung von Fluchtursachen in Angriff nimmt. Zugleich wird mit diesem Deal Erdogans innenpolitischer Kurs der Verfolgung von Minderheiten, Journalisten, Andersdenkenden geadelt, denn darüber wurde tunlichst geschwiegen. Martina Michels hat sich zu den bisherigen Ergebnissen dieses Treffens geäußert und auch in der Plenardebatte am Mittwoch zur Lage in der Türkei dazu Stellung genommen, gemeinsam mit Kollegen der GUENGL-Fraktion.

 

Merkel und Hollande in Straßburg

Am Nachmittag der Plenarsitzung am Mittwoch sprachen der Spanische König und nach der Mittagspause dann Françoise Hollande und Angela Merkel, die das Schengener Abkommen für eine schöne Idee, die leider an der Wirklichkeit zerbrochen ist, skizzierte. So viel die Garantie der Menschenrechte zur Lösung der Aufgaben der EU herangezogen wurden, so schweigsam blieb die Kanzlerin bei der Türkei, die in ihren Augen einzig Großes leistet bei der Aufnahme von Flüchtlingen und in dieser Frage plötzlich zur innigen strategischen Partnerin der EU wird, damit sie weiterhin über zwei Millionen Flüchtling beherbergt, sie in ihre Gesellschaft integriert. Gemeinsam geht es dann mit dem neuen „Schlüsselpartner“ Türkei gegen Schlepper und mit Hotspots in bekannter Frontexabschottung.

Das ist mehr als enttäuschend angesichts des ohnehin nur zaghaften Problemaufrisses der Kanzlerin. Gabi Zimmer hatte entsprechend die Kürzungspolitik angegriffen, die nicht nur soziale Spaltungen vertieft hat, sondern auch den Rückzug von Wählerinnen und Wählerinnen in Politikabstinenz oder gar in nationale Egoismen nach sich zieht.

Am kommenden Sonntag wird Martina Michels erneut nach Diyarbakir aufbrechen, sich vor Ort ein Bild machen, mit Vertreterinnen und Vertretern von NGOs, mit Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker, Parlamentsabgeordneten und Menschen, die in Flüchtlingslagern leben müssen, ins Gespräch kommen.

 

Leyla Zana zu Gast in unserer Fraktion

Am Dienstag und Mittwoch hatte Martina Michels dann Gelegenheit, die kommenden Reisen nach Diyarbakir intensiv vorzubereiten. Die Menschenrechtsaktivistin, Sachrarowpreisträgerin 1995, die Kurdin Leyla Zana, war in Straßburg zu Gast und beschrieb nicht nur die aktuelle Situation, sondern auch Stationen ihrer politischen Erfahrungen, die immer von Repression und dann auch wieder von neuer Hoffnung geprägt waren.

 

Regionalpolitik geht in Griechenland neue Wege

Wir hatten schon mehrfach vom beschleunigten Verfahren, das die Kommission inhaltlich untersetzt hatte und der Regionalausschuss des Parlaments auf den Weg gebracht hatte, berichtet. Regional- und Strukturfonds werden für Griechenland kostenneutral umstrukturiert und Anschubfinanzierungen aus den folgenden Jahren werden vorgezogen. Dazu hat das Parlament nun nochmals Montag debattiert und Dienstag mit beinahe 600 Stimmen sich positiv entschieden. Die Rede von Martina Michels, eine Pressemeldung zu Abstimmung und eine gemeinsame Pressemeldungen der GUENGL zur Debatte, sind hier zu finden. 

Entscheidend an diesem jetzt entschiedenen Procedere ist und bleibt allerdings, dass es eine erste Korrektur der  EU-Förderpolitik darstellt, die auch andere strukturschwache Länder nutzen könnten.  

 

Das Beste zum Schluss – Safe Harbor wurde gekippt        

Am Dienstag früh war es soweit: Durch die Ticker lief der Urteilsspruch des EUGH, dass das Safe Harbor-Abkommen ungültig ist und die Datensammelei der großen Plattformen und der Sozialen Netzwerke, wie Facebook,  unter die Kontrolle der nationalen Datenschutzbehörden zu stellen ist.  Das klingt erst einmal hoffnungsvoll. „Der Europaabgeordnete Scholz unterstreicht die Bedeutung des EuGH-Urteils für die noch laufenden Verhandlungen um TTIP und TiSA: ‚Schon 2014 forderte das Europäische Parlament die Aussetzung des Safe Harbor Abkommens. Der EuGH hat der Kommission nun attestiert, die Datenschutzlage in den USA nie ausreichend geprüft zu haben. Kritisch sei insbesondere der Zugriff von Behörden auf von Privatunternehmen im Internet gesammelte Daten.'“ und meine Kollegin Cornelia Ernst, spricht von einem guten Tag für die Grundrecht ein der EU.

Zu einigen Hintergründen der Entscheidung, hatte der WDR am Dienstag mit der Netzaktivistin und Bloggerin Anne Roth gesprochen.

 

Und ein Aufruf: Samstag in Berlin ist die STOPP-TTIP-Demonstration

Mehr als 3 Millionen Unterschriften hat die STOPP TTIP-Kampagne und selbstorganisierte Europäische Bürgerinitiative, die Mehr Demokrazie e. V. und andere seit Monaten auf den Weg brachten. Unsere Delegation wird übermorgen dabei sein. Informationen findet ihr hier.