Herr Juncker, Sie haben sich zu rechtfertigen!
„Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Juncker, Sie machen es uns und auch mir persönlich sehr schwer, weil ich nicht die geringste Lust habe, beispielsweise in die Auseinandersetzung zwischen der deutschen Bundesregierung und Ihnen in irgendeiner Weise mit einzugreifen.
Ich mag die Häme nicht, die in einigen Medien – nicht in allen – der Bundesrepublik Deutschland spürbar war. Ich finde es nicht gut. Ich finde aber, der Weg, den Sie jetzt vorgeschlagen haben, der im Prinzip auf zwei Achsen oder auf zwei Säulen beruht – nämlich zu sagen, ich rede hier als Präsident der Kommission und nicht als ehemaliger Premier von Luxemburg und auch nicht als ehemaliger Finanzminister – der ist sehr schwierig nachzuvollziehen. Denn Sie sind hier als Person, Sie sind keine gespaltene Person, Sie sind hier für uns der Kommissionspräsident.
Sie sind angetreten mit einer Biografie, und so wie ich mich, zum Beispiel auch heute hier im Saal, für meine Biografie ständig – egal unter welchen Optionen – zu rechtfertigen habe, müssen auch Sie sich dafür rechtfertigen und erklären, nachvollziehbar machen, warum Sie – sicherlich unter legalem Aspekt – alle Möglichkeiten genutzt haben, um letztendlich Steuervorteile für Ihr eigenes Land zu nutzen. Wenn das nichts anderes ist, als dass letztendlich nationale Interessen innerhalb des Binnenmarktes der Europäischen Union in den Vordergrund gestellt werden, um Unternehmen nach Luxemburg zu bringen, um letztendlich dringend benötigte Steuergelder für die öffentlichen Haushalte abzuzweigen, wenn das keine Position ist, die da sagt, letztendlich ist es mir egal – oder nicht nur Ihnen, sondern vielen anderen, es ist ja toleriert worden von vielen Regierungen, es ist ja nicht nur Ihr Problem – dass wir weniger Geld haben, um letztendlich Kampf gegen Armut und soziale Ausgrenzung zu führen, Jobs zu schaffen, vieles anderes zu tun, was dringend notwendig ist und was die Bürger und Bürgerinnen erwarten, sondern in erster Linie darauf guckt, dass möglichst viele in das eigene Land kommen, dann weiß ich nicht mehr, wovon wir eigentlich reden!
Ich erwarte von Ihnen, dass Sie genau dazu Stellung nehmen! Zweitens möchte ich noch kurz wissen, ob es stimmt, ob Sie bestätigen können, dass sich die Zusammenarbeit der Kommission mit Luxemburg von dem Moment an, als Sie nicht mehr Premier waren, verbessert hat. Das war gestern die Antwort, die wir gehört haben.“