Bankenaufsicht: Demokratie-Crash abgewendet, Parlament erkämpft Mindeststandards
Das Europäische Parlament hat heute mit großer Mehrheit die Aufsicht über international agierende Banken in der Euro-Zone an die Europäische Zentralbank übertragen. Die Kontrolle der Aufsicht liegt beim Europäischen Parlament.
Jürgen Klute, Koordinator der LINKEN im Wirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments kritisiert die beiden Gesetzgebungsverfahren: „Dass wir eine starke europäische Bankenaufsicht für international agierende Banken benötigen, steht völlig außer Frage. Ich bezweifle aber, dass die Aufsicht bei der Europäischen Zentralbank am richtigen Ort angesiedelt ist: Dabei ist die notwendige Trennung zwischen Geldpolitik und Bankenaufsicht nur ein Problem. Sehr viel grundlegender ist die Frage, ob die Bankenaufsicht bei der EZB sich tatsächlich der Kontrolle durch das Europäische Parlament unterwirft.
So erklärte sich die EZB erst nach harten Auseinandersetzungen mit dem Parlament bereit, dem zuständigen Ausschuss die für die Kontrolle notwendigen Informationen auch tatsächlich zur Verfügung zu stehen. Klar gesagt: Die Europäische Zentralbank hat in den Verhandlungen mit dem Parlament selbst mit darüber bestimmt, wie und mit welchen Informationen ihre Bankenaufsicht künftig kontrolliert werden soll. Die Banker wollten sogar darüber entscheiden, wie das Parlament mit den erhaltenen Informationen künftig umgehen soll. Demokratische Kontrolle sieht entschieden anders aus.“
Während der Verhandlungen über die Bankenaufsicht hat der Rat als Mitgesetzgeber auf europäischer Ebene der EZB den Auftrag erteilt, sich mit dem Parlament zu einigen. Klute: „Der Rat hätte dieses Mandat niemals der Europäischen Zentralbank erteilen dürfen – das wäre etwa das Gleiche, als wenn ein Autohersteller mit dem Kraftfahrtbundesamt die Bedingungen für einen Crashtest aushandeln würde.“
Bei den Verhandlungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Zentralbank über die Kontrolle der Bankenaufsicht war erst am Dienstag nach langwierigen Verhandlungen eine Einigung darüber erzielt worden, mit welchen Informationen die EZB das Parlament versorgt. Unter Berufung auf Vertraulichkeit und darauf, dass es bei der Bankenaufsicht um sensible Informationen gehe, wollten die künftigen Bankenaufseher den Abgeordneten den Zugriff auf wesentliche Informationen verweigern.
„Nicht nur diese schwierigen Verhandlungen lassen Zweifel aufkommen, ob die Bankenaufsicht nicht sinnvoller bei der Europäischen Bankenaufsicht EBA angesiedelt wäre.“ Die seit Anfang 2011 arbeitende EBA war ursprünglich gegründet worden, um eine EU-weite Bankenaufsicht ins Leben zu rufen. Das war damals jedoch am Widerstand der Mitgliedsländer gescheitert.
„Zudem kranken die angenommenen Vorschriften daran, dass sie bei weitem nicht die gesamte EU umfassen: bislang gilt die zentrale Aufsicht nur für Großbanken aus der Euro-Zone. International agierende Institute aus Nicht-Euro-Ländern wie Großbritannien unterliegen der zentralen Aufsicht nicht, haben aber im Binnenmarkt vollen Zugang zu den Märkten in allen EU-Mitgliedsländern. Der Flickenteppich bleibt uns erhalten, nur haben wir ein paar kleine Flicken gegen einen großen ausgetauscht.“
Strasbourg, 12.9.2013