Anerkennung des Holocaust an den Roma im Zweiten Weltkrieg
Plenarrede
Herr Präsident, meine Damen und Herren!
Es ist eine wirklich wichtige Stunde, weil wir heute erstmalig im Europäischen Parlament der Opfer des Holocaust der Roma und Sinti gedenken.
Lassen Sie mich mit dem Abschiedsbrief beginnen, den ein vierzehnjähriger Junge, Robert Reinhard, 1943 vor seiner Deportation aus einem deutschen Kinderheim nach Auschwitz schrieb. Er schrieb: „Ich habe meine Eltern wiedergefunden. Wir sind auf dem Transport in das Konzentrationslager. Ich habe mich innerlich soweit durchgerungen, dass ich den Tod ertragen kann. Ich danke noch einmal für alles, das Sie mir erwiesen. Grüße an alle, auf Wiedersehen im Himmel. Euer Robert.“
Dieser Junge kam, wie 500 000 andere Roma und Sinti, nicht zurück, und obwohl Roma und Sinti gemeinsam mit Juden zu den ersten Opfern fabrikmäßiger Massentötungen wurden, ist heute – 66 Jahre danach – die volle Wahrheit darüber unausgesprochen. Auch die Mittäterschaft der Mehrheitsgesellschaft wird oftmals vertuscht. Wir brauchen die ganze Wahrheit über dieses Kapitel der Geschichte.
Der Holocaust an Roma und Sinti muss als Menschheitsverbrechen geahndet und anerkannt werden, damit sich diese Geschichte nicht wiederholt. Die Vorurteile gegenüber diesen Menschen müssen wir mit Leidenschaft bekämpfen. Rassistischen Anfeindungen und auch Gewalttaten, wie sie beispielsweise vorletztes Jahr in Ungarn stattfanden, müssen wir Einhalt gebieten, und zwar mit Zivilcourage. Freiheit und Gleichheit und Solidarität sind kein Privileg Einzelner, sondern das Recht Aller, denn die Menschen- und Bürgerrechte sind unteilbar.