„Lockdown light“ heißt in der Kulturbranche oft nur noch „Licht aus!“
Gemeinsame Erklärung der kulturpolitischen Sprecher:innen der Fraktionen DIE LINKE.
Gestern verständigten sich ad hoc die kulturpolitischen Sprecher*innen aus den Landtagen, dem Bundestag und aus der Delegation DIE LINKE. im Europäischen Parlament, die zur GUENGL-Fraktion in Brüssel gehört. Die Sprecher*innen trugen die aktuelle Lage in ihren Regionen zusammen, berichteten über die Kommunikation mit den Kultureinrichtungen und Fachverbänden, informierten sich zu weiteren politischen Schritten. Auch wenn wir in der Europäischen Politik nicht unmittelbar vor Ort sind, so kämpfen wir derzeit mit Resolutionen im Europaparlament, auch gemeinsam mit anderen Fraktionen und im Rahmen der Haushaltsverhandlungen und Triloge dafür, das die Kulturbranche nicht unter die Räder der Krisenbewältigung kommt und waren als Büro auch bei den Berliner Demonstrationen der „Alarmstufe Rot“, sowie durch Özlem auch in NRW vertreten. Die Kultur- und Veranstaltungsbranche hat all ihre Kommunikationsangebote mit viel Engagement und klaren Forderungen organisiert und dann auch neue Regulationen des EU-Beihilferahmen eingebunden.
Wenn es nicht plötzlich still werden soll, dann müssen wir weiter Druck machen, denn bisher sind alle Lösungen vor allem beim Unternehmer(ersatz)lohn unbefriedigend. Die Branche hat sich engagiert und zugleich nicht gegen notwenige Maßnahmen des Gesundheitsschutzes gestellt, sondern gehandelt, Hygienekonzepte erarbeitet und neue Veranstaltungsformate entwickelt. Doch viele ihrer Vorschläge bleiben bis heute ungehört.
Die kulturpolitischen Sprecher*innen verabschiedeten deshalb über ihr digitales Treffen darüber hinaus eine gemeinsame Erklärung, die ihr hier im Wortlaut findet:
Gemeinsame Erklärung der kulturpolitischen Sprecher:innen der Fraktionen DIE LINKE.
Für die Kultur- und Veranstaltungsbranche ist der „Lockdown light“ keinesfalls light, sondern bedeutet für die Beschäftigten eine zunehmende Verschärfung und Gefährdung ihrer beruflichen Existenz. Viele sind in einer existentiellen Notlage.
Nachdem die Theater, Konzerthäuser, Museen, Galerien & fast alle Kulturbetriebe alles dafür getan haben, um den Menschen ein sicheres Kulturerlebnis zu ermöglichen und damit ein konstruktiver Teil der Lösung und nicht des Problems sind, wird nun wieder alles dicht gemacht. Das, obwohl geeignete Ticketing-Systeme zur Anwendung kamen, Lüftungssysteme installiert wurden und die Bestuhlung umgebaut wurde, um die gebotenen Abstands- und Hygieneregelungen zu gewährleisten.
Doch trotz intensiver und vielseitiger Anstrengungen seitens der Kultureinrichtungen und einer nachweislich guten Einhaltung der Hygiene- und Schutzmaßnahmen heißt es wieder: The Show is over!
Der Veranstaltungsbranche gehen die Lichter aus, sodass die berufliche Existenz von über einer Millionen Beschäftigte gefährdet ist. In den 11 Teilbereichen der Kultur- und Kreativwirtschaft sind ca. 1,8 Mio. Beschäftigte tätig. Deutschland ist reich genug, um die Infrastruktur der Kultur- und Veranstaltungsbranche mitsamt ihrer Beschäftigten über die Corona-Krise zu retten. Einmal zerstörte kulturelle Infrastruktur kann nicht einfach so ersetzt werden. Kultur ist gesellschaftsrelevant und die Folgeschäden eines Kahlschlags, wie er billigend in Kauf genommen wird, werden verheerend sein: Denn ohne Kultur wird es still und düster!
Die kulturpolitischen Sprecher*innen der Fraktionen DIE LINKE. der Landtage, des Bundestages und unserer Delegation im Europaparlament unterstützen deshalb nachdrücklich die Forderungen von Kultur- und Kreativschaffenden des Aktionsbündnisses Alarmstufe Rot!: https://vt-stage.com/wp-content/uploads/2020/10/Offener-Brief-der-freischaffenden-HumoristInnen-und-MusikerInnen.pdf
Das Konjunkturprogramm des Bundes wie auch der erleichterte Zugang zur Grundsicherung gehen an der Lebens- und Arbeitsrealität der Kultur- und Kreativschaffenden vorbei!
Die meisten von Ihnen bekommen weder Kurzarbeitergeld noch Arbeitslosengeld I und selbst die Grundsicherung bleibt vielen, trotz vereinfachtem Zugang, verwehrt. Die Soforthilfe des Bundes berechtigt sie auch nicht, bei bestehenden Liquiditätsengpässen auch Lebensunterhaltskosten anzurechnen.
Wir fordern deshalb die Bundesregierung und den Bundestag dringlich auf, entsprechend der am 05. Juni 2020 auf Initiative der Länder Berlin und Bremen beschlossenen Entschließung des Bundesrates, die Kriterien der sogenannten „Überbrückungshilfen“ des Bundes an die spezifischen Bedarfe der Kultur- und Kreativbranche anzupassen und einen Pauschbetrag als Einkommen zu ermöglichen.
Gemeinsame Erklärung, 3. 11. 2020PDF-Datei