Martina Michels in der Kulturausschussdebatte, 26.10.2020
Martina Michels in der Kulturausschussdebatte, 26.10.2020

Kulturausschuss setzt den Flickenteppich der digitalen Bildung zusammen

Infrastruktur – Lernsoftware – Digitale Kompetenzen – Diskriminierungsfreie Kommunikation im Netz

Heute debattierte der Kulturausschuss einen Bericht zur Gestaltung Digitaler Bildung vom Berichterstatter Viktor Negrescu (S&D), veröffentlicht am 7. Oktober 2020. Negrescu hatte sich die Mühe gemacht, schon vor den Mitteilungen der Kommission im September 2020 ein umfangreiches Arbeitspapier zu veröffentlichen, welches die Bemühungen der EU Kommission und des Europaparlaments seit 2018 zusammenfasst und jetzt noch die Situation in den Mitgliedstaaten durch die Corona-Pandemie mit aufgreift. Dazu wurden Statistiken ausgewertet und grobe Linien des Berichtsentwurfs skizziert.

Dass 43% der EU-Bürgerinnen und Bürger ziemlich mangelhafte digitale Kompetenzen haben, ist nur ein Befund, der nicht nur ernüchtert, sondern hinter dem diverse digitale Gaps zwischen Stadt und Land, zwischen und innerhalb der Mitgliedstaaten aufzudecken sind. Die sozial-ökonomische Barriere ist nicht zu übersehen, ebenso nicht die Besonderheiten, dass in Rumänien während der Pandemie monatelang 100% aller Schülerinnen und Schüler von der Bildung ausgeschlossen waren, dies aber auch noch immer 10 % aller Lernenden in den reichen Ländern betraft, die eigentlich eine gute digitale Infrastruktur haben.

Martina Michels danke dem Berichterstatter im heutigen Austausch zum Bericht, dass er den Flickenteppich rund um den Aktionsplan Digitale Bildung sehr gut zusammengefasst ist und eher ein konzentriertes Herangehen fordert. Im ist der Zugang aller zu Bildung oberstes Gebot und dabe geht er soweit, dass die digitale Infrastruktur als öffentliches Gut behandelt werden müsste. Er knüpfte an die allseits festgehaltene Problematik an, dass das mangelnde digitale Kompetenzniveau natürlich auch ein Problem von Lehrerinnen und Lehrern, neben den Lernenden ist, genau wie für die Bevölkerung insgesamt. Nur diejenigen nehmen das lebenslang währende Recht auf Bildung wahr und streben Weiterbildung an, die digitale Grundkompetenzen erworben haben. Berufsumstiege, Strukturwandel sind heute ohne derartige Kompetenzen nicht zu bewältigen.

Zu den – gerade durch Covid-19 nochmals deutlich gewordenen – Problemen, wie fehlende Lernsoftware und Vernetzung, denn es kann nicht nur darum gehen, sich die vormals kopierten Arbeitsblätter während eines Lockdowns per Mail zu schicken, machte Martina in der Debatte jedoch auf ein bisher überhaupt nicht diskutiertes Problem aufmerksam:

„Lehrerinnen und Lehrer werden auch in Zukunft keine Informatiker*innen. Sie sollten bei der Entwicklung von Lernsoftware und Lernnetzwerken mit ihren pädagogischen Erfahrungen von Beginn an in den Entwicklerteams sein.

Und an einer Stelle müssen wir umdenken: An Universitäten ist eine Netzwerkbetreuung für alle normal. Wir brauchen Informatiker*innen an jeder Bildungseinrichtung, auch in der Grundschule und zwar intern, nicht extern. Dabei geht es auch um die ersten Kenntnisse des Programmieren bis zur datensicheren Anwendungen, vom Aufbau von Intranet-Strukturen an Bildungseinrichtungen. Es geht um diskriminierungsfreie Kommunikation und sichere Wissensquellen im Netz usw.“

Der Bericht wird in den kommenden Wochen erarbeitet, mit Stellungnahmen zum Beispiel auch des Beschäftigungsausschusses (EMPL) und wir werden über den Fortgang berichten.

In der vergangenen Woche wurde schon ein Bericht zur Zukunft der Bildung angesichts der Pandemie im Plenum abgestimmt. Martina hatte die Abstimmung kommentiert und daraus können wir – neben den hier schon angeschnittenen Problemen – mitnehmen, dass wir für die besten politischen Vorschläge andererseits auch eine angemessene Finanzierung brauchen. Dies gilt für die EU und die Mitgliedsstaaten gleichermaßen.